Bildungsnotstand im Online-Print – Wo sind nur die E-Business Profis für die Druckindustrie?

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Fast jeder Online-Printer kennt das Dilemma: Es gibt kaum Fachkräfte für den Bereich Online-Print in Deutschland. Mehr noch: Abgesehen von den Top-5 Arbeitgebern – hemmt die Suche nach Fachkräften oft das Wachstum und die Entwicklung der Branche. Zeit was zu tun.

„Ach wie schön ist Panama“ – so lässt Janosch einen seiner Protagonisten sehnen – und den einen oder anderen Online-Printer mag die Sehnsucht nach Fachpersonal ebenso packen, wenn er sich auf die Suche nach einem neuen Online-Print Manager oder gar einem speziell für Online-Print einsetzbaren Marketingmanager macht. Klar, es gibt im E-Commerce-Bereich eine ganze Menge Onliner die auf der Suche nach einer neuen Anstellung sind, aber als E-Business Mensch in den „Print-Bereich“ zu gehen ist wohl für viele kaum vorstellbar. Oft führe ich Gespräche mit Managern aus dem E-Commerce und muss feststellen, dass die Anstellung bei einem „Drucker“ für viele unvorstellbar ist. Zu groß sind die Verlockungen der vielversprechenden Brands a la Zalando und Co. Und allzu oft geht es den Mitarbeitern im E-Commerce gar nicht um Geld oder Karriere, sondern um eine spannende Aufgabe – Print scheint da kaum lohnenswert …

Diese Situation herrscht nun schon seit ein paar Jahren. Leider gibt es nur wenige Ansätze diesen Umstand zu beheben. An der Uni Wuppertal ist Ira Melaschuk unterwegs und lehrt im Bereich E-Business. Ab und an gebe ich Seminare mit dem VDMB (Verband Druck und Medien Bayern) zu dem Thema – ein eigener Lehrbereich an einer der Fachhochschulen oder Universitäten ist nicht in Aussicht. Alternativen gibt es kaum, wenn man mal von Gastvorlesungen absieht. Peinlich, denn im Online-Print ist Deutschland weltweit führend. Für kommende Fachkräfte gibt es keine Ausbildungsangebote und selbst die Weiterbildungsangebote sind rar. Klar dürfte auch sein, dass Angebote von Melaschuk Medien und zipcon consulting im Boom des Online Print nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.

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„Bildungsnotstand im Online-Print – jetzt heißt es handeln und neue Quellen zur Ausbildung von dringend benötigtem Fachpersonal erschließen.“ – Bernd Zipper

Der Initiative von Holger Busch, Geschäftsführer des VDMB, und Jens Meyer, Chef der Print-X Media Bayern, ist es nun zu verdanken, dass wir gemeinsam einen neuen Ansatz entwickeln konnten. Gemeinsam mit manymize (www.manymize.com) und zipcon consulting bietet der Verband nun die Ausbildung zum zertifizierten E-Business Print Manager an. Details sind unter www.vdmb.de/e-business-manager zu finden.

Das Problem ist jedoch größer als viele annehmen – denn der Fachkräftemangel zeigt auch wie unattraktiv „Print“ gerade jüngeren Leuten erscheinen mag. Klar, es gibt sie noch die Fachbereiche Druck an den Unis und FHs – aber die Zeiten in denen man sich vor Studenten kaum retten konnte, sind wohl vorbei. Leider, denn wie der gewogene Leser vermuten mag, ich liebe Print und sehe Print weiterhin als fixen Punkt in fast jeder Kommunikationskette. Zum Glück bin ich da nicht allein.

Wie schon erwähnt, sind die Top-Online-Printer dennoch bei jungen Menschen beliebt. Und ich stelle mir die Frage, warum dem so ist und habe mal ein wenig nachrecherchiert. Für mich zeigen sich fünf Aspekte:

  1. Brand und Marke spielen in Punkto Attraktivität eine große Rolle. Viele Berufsanfänger möchten eher vom Arbeitgeber lernen, als dass sie ihm erklären müssen, warum z.B. Social Media auch für Drucker wichtig ist.
  2. Kultur und Arbeitskultur des Unternehmens sind für die meisten Einsteiger enorm wichtig. In das verstaubte Hinterzimmerbüro einer Druckerei will keiner und es macht auch nur bedingt Sinn, kreative Onliner in einem 3-Schicht-System zu führen.
  3. Die Aufgabe zählt! Wenn Aufgaben klar definiert sind, dürfen sie auch gerne eine Herausforderung sein. Das bedeutet nichts anderes, als dass es nichts hilft wenn man der Online-Hoffnungsträger in schier endlosen Kontrollketten und Zeiterfassungsreportings verstrickt wird. Newcomer wollen ihre Chance und zeigen was sie können.
  4. Onliner wollen auch was verdienen. Für ne kleine Mark mit einem Praktikanten anfangen, ist sicherlich unternehmerisch optimal gedacht. Aber: Wer klein anfängt, bleibt auch meistens klein – daher gilt: Personal kostet Geld und will auch gepflegt werden!
  5. Onliner müssen lernen. Täglich. Nichts ist im Internet so alt wie das Know-How von gestern. Daher müssen erfolgreiche Onliner lernen, trainieren und vor allem Zeit für Fortbildung haben. Bleibt das aus, geht entweder der Onliner oder der Erfolg…

Zusammengefasst ergibt sich mir ein klares Bild in Bezug auf den Fachkräftemangel: Wir sind selbst schuld dran. Die Druckindustrie verpennt auch hier die Nachwuchsförderung und die Ausbildung bzw. Umschulung von Mitarbeitern und überlässt den großen Anbietern und dem weiten Feld des E-Commerce nahezu kampflos fast jedes neue Online-Talent. Sollte man ändern – oder?

Gründer und CEO von zipcon consulting GmbH, einem der führenden Beratungsunternehmen für die Druck- und Medienindustrie in Mitteleuropa. In den unterschiedlichsten Kundenprojekten begleiten der Technologie- und Strategieberater und sein Team aktiv die praktische Umsetzung. Er entwickelt Visionen, Konzepte und Strategien für die im Printerstellungsprozess beteiligten Akteure der unterschiedlichsten Branchen. Seine Fachgebiete sind u.a. Online-Print, Mass Customization, Strategie- und Technologie Assessment für Print, sowie die Entwicklung neuer Strategien im Print- und Mediaumfeld. Bernd Zipper ist Initiator und Vorsitzender der Initiative Online Print e.V. und neben seiner Beratertätigkeit Autor, Dozent sowie gefragter Referent, Redner und Moderator. Seine visionären Vorträge gelten weltweit als richtungsweisende Managementempfehlungen für die Druck- und Medienindustrie. (Profile auch bei Xing, LinkedIn).

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