QR-Codes verbunden mit Haiku – einer japanischen Gedichtsform – in einem Buch. Klingt auf den ersten Blick bzw. beim ersten Hören durchaus komisch. Aber es funktioniert. Das zeigt Oliver Bendel in seinem Buch „handyhaiku“ aus dem Hamburger Haiku Verlag. Wir stellen Ihnen das Taschenbuch vor.

Zuerst sollte man an dieser Stelle den Begriff „Haiku“ genauer beleuchten: „Haiku (aus dem Japanischen in etwa übersetzbar mit ‚lustiger Vers‘) ist eine traditionelle japanische Gedichtform, die heute weltweit verbreitet ist. Sie gilt als die kürzeste Gedichtform der Welt. Japanische Haiku bestehen meistens aus drei Wortgruppen von 5 – 7 – 5 Lauteinheiten (Moren, Singular: Mora), wobei die Wörter einfach in einer Spalte aneinander gereiht werden. Unverzichtbarer Bestandteil von Haiku sind Konkretheit und der Bezug auf die Gegenwart. Vor allem traditionelle Haiku deuten mit dem Kigo eine Jahreszeit an. Als Wesensmerkmal gelten auch die nicht abgeschlossenen, offenen Texte, die sich erst im Erleben des Lesers vervollständigen. Im Text wird nicht alles gesagt, Gefühle werden nur selten benannt. Sie sollen sich erst durch die aufgeführten konkreten Dinge und den Zusammenhang erschließen.“
„Im Deutschen werden Haiku in der Regel dreizeilig geschrieben. Bis um die Jahrtausendwende galt zudem die Vorgabe von 5-7-5 Silben. Davon haben sich allerdings die meisten deutschsprachigen Haijin (Haiku-Poeten) entfernt. Sie weisen darauf hin, dass japanische Lauteinheiten alle gleich lang sind und weniger Information tragen als Silben in europäischen Sprachen. 17 japanische Lauteinheiten entsprechen etwa dem Informationsgehalt von 10 – 14 deutschen Silben. Deshalb hat es sich mittlerweile unter vielen Haiku-Schreibern europäischer Sprachen eingebürgert, ohne Verlust des inhaltlichen Gedankengangs oder des gezeigten Bildes mit weniger als 17 Silben auszukommen.“ (Auszug aus Wikipedia)

Neben „Haiku“ sollte man an dieser Stelle auch noch den Begriff des QR-Codes erklären. Dabei handelt es sich um eine Art 2D-Barcode. „QR“ steht für „Quick Response“ und bedeutet übersetzt „schnelle Antwort“ bzw. „schnelle Reaktion“. Entwickelt wurde der QR-Code 1994 – ebenfalls in Japan. Online werden QR-Codes beispielsweise bei App-Angeboten genutzt. Im Browser erscheint im Rahmen einer App-Vorstellung ein QR-Code als Bilddatei. Scannt man diese mit der Smartphone-Kamera und entsprechender App ein (Quickmark, Barcoo, Barcode Reader um nur einige zu nennen), enthält der QR-Code meist einen Link zur entsprechenden App im App Store oder dem Android Market. QR Codes können aber auch offline zur Produktidentifizierung, der Lagerhaltung oder auf Veranstaltungstickets eingesetzt werden.
Bei Oliver Bendels „handyhaiku“ handelt es sich, wie der Name schon andeutet nicht nur um klassische Haiku, sondern um Haiku für das Handy bzw. Smartphone. Denn: die Gedichte sind nicht nur in Textform abgedruckt, sondern auch in Form von QR-Codes auf jeder Seite zu sehen. Handyhaiku sind also Haiku über das Handy, für das Handy, von Handy zu Handy. Sie können auf dem Handy gespeichert und gelesen werden. Die Leserinnen und Leser können ihre Lieblingshaikus mit sich herumtragen und per SMS an Freunde und Kollegen verschicken. Das funktioniert, indem man den abgebildeten QR-Code über dem Haiku mit dem Smartphone einscannt. Anschließend erscheint das Haiku auf dem Display und kann dort gespeichert oder weiter verteilt werden.
Oliver Bendels Handyhaikus erzählen von unserer technifizierten Zeit, fangen unsere mobile Welt ein, lassen künstliche Kreaturen und Maschinenmenschen auftauchen, spiegeln die Handyroman-Figur „Handygirl“, Handyavatar und Superheldin zugleich. Dabei will der Autor zudem durch die Verbindung von neuer Technik mit Haiku auf alte Traditionen setzen und selbst eine neue begründen – was ihm durchaus gelingt. Das Buch „handyhaiku“ macht Spaß und zeigt die Möglichkeiten, Print mit der digitalen Welt auf eindrucksvolle und nützliche Weise zu verbinden.
Oliver Bendel schrieb uns: „Im Kontext der Digitalisierung interessieren mich vor allem die literarischen Aspekte und Experimente. Seit dem Jahr 2007 habe ich – zusammen mit aufgeschlossenen Medien – das Genre der Handyromane im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht. Etwa 100 Beiträge sind in Zeitungen, Zeitschriften, Radio und Fernsehen über meine Serien mit Lucy Luder und Handygirl sowie meinen Einzelroman ‚lonelyboy18‘ erschienen.“ Eine Übersicht über alle Beiträge finden Sie auf der Webseite des Autors.

„Für mich war es ein sehr interessantes Experiment. Und künstlerisch kann man noch einiges ausprobieren. Im Herbst hatte ich eine Lesung in Friedberg, zu der ein junger Designer eingeladen war. Er hat, einer Idee von mir folgend, live einen QR-Code aus ‚handyhaiku‘ auf eine Leinwand gesprüht. Am Ende konnten die Besucher das darin enthaltene Gedicht auf dem Handy mitnehmen. Bayern 2 und andere Medien haben berichtet.“
Ein zweiter Haikuband von Oliver Bendel ist unterdessen schon erschienen – und zwar als Handybuch. „stöckelnde dinger“ gibt es vom Handyroman-Verlag „Blackbetty Mobilmedia“. Der Haikuband wird für rund 3 Euro über einen Premium-SMS-Dienst auf das Handy geschickt. Das hier besprochene „handyhaiku“ gibt es im Taschenbuchformat für aktuell 12,80 Euro zzgl. 3 Euro Versand bei Amazon.
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(Daniel Schürmann)