Anfang Juli verkündete der Traditionsverlag Reclam, Mitarbeiter entlassen zu müssen. Das Unternehmen war 2009 in die roten Zahlen gerutscht. Für den Geschäftsführer des Hamburger Verlagsdienstleisters tredition, Sönke Schulz, stehen die Schwierigkeiten von Reclam für eine negative Entwicklung im gesamten deutschen Buchmarkt.

Er sieht die Branche in der Krise und rät zur Konzentration auf die Kernkompetenz der Verlage – ansonsten drohe das Aus. „Wir haben es mit zwei Entwicklungen zu tun, die der Verlagsbranche zu schaffen machen: Zum einen schrumpfen die Einnahmen, zum anderen erleben wir eine regelrechte Titelschwemme. Beides zusammen ist für Verlage tödlich“, so Sönke Schulz.
Als Teil der Geschäftsführung der tredition GmbH beobachtet Sönke Schulz den Markt sehr genau. Das Unternehmen bietet seit 2006 Verlags- und Publikationsdienstleistungen für Autoren, Verlage, Un-ternehmen und Self-Publishing-Dienstleister an.
Schrumpfende Einnahmen: Laut Schulz stagniere der deutsche Buchmarkt seit 2008 auf einem Gesamtumsatz von knapp 10 Mrd. Euro. Der durchschnittliche Buchpreis liege schon seit 2002 unverändert bei circa 15 Euro. In der Branche finde kein Wachstum und keine Wertschöpfung statt. Unter Berücksichtigung der Inflation sei der Buchpreis seit 2002 sogar um 15 Prozent gesunken. „Mit einem 15 Prozent geringeren Ladenpreis müssen aber nach wie vor 100 Prozent aller Kosten gedeckt werden“, so Sönke Schulz. Er weist darauf hin, dass sich allein die Papierpreise in den vergangenen drei Jahren um 30 Prozent erhöht hätten. „Die Folge ist, dass Verlage an allen Ecken und Enden versuchen zu sparen, auch bei den Gehältern ihrer Mitarbeiter“, ergänzt der 37-Jährige. Mit Einstiegsgehältern von 24.000 Euro Bruttolohn im Jahr sei die Verlagsbranche für qualifizierte Mitarbeiter nicht attraktiv. „Aber die Branche braucht innovative Köpfe, die auch etwas von Kostenrechnung verstehen, wenn Verlage weiter leben sollen“, so Sönke Schulz.
Zur Titelschwemme sagt Sönke Schulz: „Die Zahl der Neuerscheinungen bzw. neu verlegten Werke pro Jahr hat sich von 2008 bis 2011 mehr als verdoppelt. Die Folge: Die circa 2.000 regelmäßig publizierenden Buchverlage in Deutschland haben bei stagnierendem oder sinkendem Umsatz im Jahr 2011 weniger als die Hälfte des Ertrages pro Titel erwirtschaftet.“ Um das abzufedern müssten Verlage von jedem Titel mindestens 4.000 Exemplare verkaufen. „Aber wer sich im Verlagswesen auskennt weiß, dass solche Absatzzahlen für jeden einzelnen Titel eines gesamten Verlagsprogramms völlig utopisch sind“, so der tredition-Geschäftsführer.
Diese Entwicklung führe dazu, dass Verlage sich unmöglich aus der Abwärtsspirale befreien könnten. „Es sei denn, sie konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen: Das Akquirieren von Autoren und deren Vermarktung.“ Schulz rät Verlagen, Bereiche des Verlagswesens wie Druck oder Distribution an spezialisierte Dienstleister auszulagern. Nur diese Experten hätten das Know-How, um Kosten signifikant zu senken. „Wenn Verlage das nicht begreifen und weiterhin alles selber machen, sehe ich schwarz.“
(Quelle: Pressemitteilung Tredition GmbH