Die klassische, gedruckte Stellenanzeige im Wirtschaftsteil überregionaler Tageszeitungen ist – zumindest in manchen Berufszweigen schon lange tot. Während ihr zuerst Online-Jobbörsen wie Monster und Indeed das Leben schwer machten, kommen im Personalmarketing inzwischen auch Karrierenetzwerke wie Xing und LinkedIn zum Einsatz – und immer öfter auch klassische Social-Media-Kanäle wie Twitter, Facebook oder Instagram. Können auch Druckereien vom Trend „Social Media Recruiting“ profitieren?
Es ist nicht leicht, die richtigen Menschen als Mitarbeiter zu finden. Erfahrung sollen sie haben, natürlich jede Menge Fachwissen mitbringen – und noch dazu gut ins Team passen. Jemand, der seinen Job nur so versteht, dass er Zeit gegen Geld tauscht, ist da meist fehl am Platz. Denn heute sind Mitarbeiter gefragt, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, für die Sache begeistern und engagiert sind. Die Personalsuche wird immer komplexer, und das nicht nur durch die Anforderungen der Unternehmen, sondern auch und vor allem durch das Mediennutzungsverhalten der potenziellen Kandidaten. Je multimedialer eine Generation aufwächst, je selbstverständlicher sie sich in der digitalen Welt bewegt, umso eher ist sie über Karrierenetzwerke und Social Media zu erreichen.
Kein Wunder, dass in der Studie „Recruiting Trends 2020“ des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universität Bamberg und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg beide Kanäle in der Gunst der Jobsuchenden recht weit oben liegen: Mit 32,3 % schaffen es Karrierenetzwerke wie Xing oder LinkedIn auf Platz zwei hinter den Internet-Stellenbörsen. Und mit 13,5 % sind Social-Media-Plattformen bereits in denTop-Ten der meistgenutzten Kanäle zu finden.
Das haben auch die Unternehmen erkannt, die sich zunehmend in diesem Bereich aufstellen. So beschäftigen fast zwei Drittel spezielle Mitarbeiter für die Pflege ihrer Social-Media-Kanäle, mehr als 61 % stimmen ihre Personalbeschaffungsmaßnahmen mit Social Media ab und über 40 % gaben sogar an, eine explizite Strategie für den Einsatz von Social Media in der Personalbeschaffung zu haben. Je nachdem, welche Generation mit einer offenen Stelle angesprochen werden soll, fällt zudem der Mix der Kanäle ganz unterschiedlich aus. Während für die Generation X meist Xing und LinkedIn genutzt werden, kommen bei der Generation Z vor allem Facebook und Instagram zum Einsatz, um Jobangebote auszuspielen.
Wer jetzt aber glaubt, dass der Einsatz von Xing, LinkedIn, Facebook, Twitter oder Instagram nur etwas für die richtig großen Unternehmen ist oder für die aus bestimmten Branchen, der irrt. Auch in der Druckindustrie gibt es bereits zahlreiche Beispiele für die erfolgreiche Mitarbeitergewinnung per Social Media. So hat beispielsweise die BaurOffset Print GmbH & Co. KG in Villingen-Schwenningen gute Erfahrungen gemacht. „Wir haben den kurzen und schnellen Weg über die Social-Media-Kanäle gewählt, um möglichst schnell und unbürokratisch ein Ergebnis erzielen zu können. Durch die Teilen-Funktion haben es auch sehr viele gesehen“, erklärt Dirk Wöbcke, Geschäftsführer des Unternehmens. Dabei setzt das Unternehmen, das sowohl im Offset- wie auch im Digitaldruck tätig ist, vor allem auf Facebook und Instagram. „Man kann relativ schnell ohne großen Aufwand einen Post, sogar vom Handy aus, erstellen – und das zu jeder Tages- und Nachtzeit“, beschreibt er die Vorteile.
Und die Nachteile? Es gibt immer wieder auch mal unschöne Kommentare unter den Posts, „die nicht gerade zur Werbung beitragen“, so Dirk Wöbcke. Aber damit müsse man in der heutigen Zeit und bei der Wahl des Mediums rechnen. Empfehlen würde er den Einsatz von Social Media zur Personalgewinnung anderen Unternehmen der Druckindustrie trotzdem auf jeden Fall.
Auch die Texsib GmbH, eine Digital- und Großformatdruckerei in Beiersdorf im südwestlichsten Zipfel von Sachsen, hat seine neuen „Texperten“, wie das Unternehmen seine Mitarbeiter nennt, in diesem Jahr ausschließlich über Instagram gefunden. „Wir kommunizieren online sehr klar, wer wir sind und was wir bieten. Dadurch können sich Interessentinnen und Interessenten einen tiefen Einblick verschaffen und für sich prüfen, ob sie wirklich zu uns passen“, erklärt Marketingleiterin Judith Riecker. Sie ist seit knapp zwei Jahren bei Texsib an Bord und hat – unter anderem – den Aufbau der Social-Media-Kanäle vorangetrieben. Heute gibt sie mit Posts, Reels, Stories und kurzen Videoclips auf Instagram, Youtube und Co. regelmäßig Einblicke in den Alltag des Unternehmens.
Denn das gehört auch dazu: Transparenz, Offenheit und Authentizität. Schließlich geht es bei Social Media nicht nur darum, die Stellenanzeige einfach nur auf einer neuen Plattform zu posten, sondern sich als Unternehmen zu zeigen, persönlich. Immerhin bewegt man sich hier auf einem Kanal, der von den Menschen in erster Linie privat genutzt wird. Für Texsib jedenfalls hat das Recruiting per Social Media zwei positive Aspekte: Zum einen überwinden die Plattformen regionale, ländliche Grenzen. Außerdem „bekommen wir nur noch coole, hochwertige Bewerbungen“, sagt Eric Bradatsch, Geschäftsführer in zweiter Generation. Das mache zwar die Auswahl am Ende schwerer; auf der anderen Seite aber werde keine Stelle nur aus dem Mangel heraus besetzt. Und ein anderer schöner Nebeneffekt, den Texsib eigenen Angaben zufolge bereits spürt: Der Aufwand in der HR-Abteilung beim Bearbeiten der Bewerbungen wird überschaubarer, das Wachstum durch einen reduzierten Führungsaufwand hingegen schneller.
Und ganz nebenbei holen Unternehmen wie BaurOffset und Texsib mit ihrem Engagement auf den Social-Media-Kanälen die Druckindustrie an den Puls der Zeit.
