Erhöhung der Umsatzsteuer bei Fotobüchern = Umsatzeinbußen für den Onlinedruck?

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Einer EU-Verordnung zufolge soll der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19% zukünftig auch für Fotobücher gelten. Dazu gibt es seit Dezember 2014 in Deutschland ein Gesetz zur Regelung der Abgabenordnung, das den Zollkodex der EU zur Grundlage hat. Eine üble Angelegenheit – allen Fotobuchproduzenten drohen hohe Erlöseinbußen.

Greifen sollte die geplante Erhöhung bereits zum Dezember 2015. Immerhin, ein aktuelles Schreiben zur Verordnung aus dem Bundesfinanzministerium formuliert indirekt ein Zeitfenster, das den Fotobuch-Produzenten den Einbezug des regulären Mehrwertsteuersatzes bis Ende Dezember 2016 möglich macht. Bis dahin schaut das Finanzamt „nicht so genau“ hin – umsetzen sollten die Drucker es für neue Aufträge zwar bereits jetzt, geahndet wird es aber erst nach dem 01.01.2017! Wohlgemerkt gilt in Österreich schon seit April 2016 der reguläre Umsatzsteuersatz von 20% auf Fotobücher, da sich unser Nachbarland steuerrechtlich ebenso am neuen EU-Zollkodex orientiert.

Was einmal als Ermäßigung gedacht war, mit Hilfe derer man besser seinen Grundbedarf decken können sollte, hat sich auch auf manche Produktarten ausgeweitet, die man nicht unbedingt zur Grundbedarfsdeckung zählen würde. Viele Printprodukte des täglichen Bedarfs zählen jedoch dazu. So sind auch Zeitungen, Bücher und gebundene Periodika in die Umsatzsteuer-ermäßigten Erzeugnisse einzuordnen. Vielleicht kann man es ja als Privileg betrachten, dass auf Fotobücher bisher „nur“ der verminderte Satz von 7% galt. Wieso also nicht auch weiterhin so? Naja, dazu muss man sich der Begründung des Finanzministeriums widmen.

Abb: fotobuch-online.com

Nun zitiere ich mal aus dem Schreiben vom Bundesfinanzministerium zur Causa „Umsatzsteuer bei Fotobüchern“:  „Nach der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2254 der Kommission vom 2. Dezember 2015 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur ist eine fest gebundene Ware (sog. „Fotobuch“) aus Papier mit Abmessungen von etwa 21 cm × 31 cm, mit gedruckten vollfarbigen, personalisierten Fotos und kurzem Text zu den Aktivitäten, Veranstaltungen, Personen usw. auf den jeweiligen Fotos in die Position 4911 91 00 einzureihen. Eine Einreihung in Position 4901 als Buch ist ausgeschlossen, da die Ware nicht zum Lesen bestimmt ist.“

So wird das Fotobuch nicht länger der gleichen Steuerbelastung wie die meisten Lebensmittel und Kunstgegenstände unterworfen, sondern zum Leidwesen des stetig wachsenden Marktes der sogenannten allgemeinen Umsatzsteuer. Das Fotobuch gilt damit nicht als Buch im eigentlichen Sinne, obwohl sein Inhalt wie alle anderen urheberrechtlich geschützten Gegenstände dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Denn: Fotobücher sind ja auch keine Bücher für den Verkauf, sondern rein zum Eigenbedarf mit Bildern und persönlichen Statements erstellte Artikel. Kinderbücher, auch Malbücher, hingegen, die oft nicht gerade textlastig sind, bleiben vom Regelsatz weiterhin verschont. Kalender bspw. unterliegen auch dem regulären Satz, auch hier haben wir zumeist viel Bild und wenig Text, was sich mit der Argumentation in der Verordnung natürlich deckt. Fraglich ist nun ob es nicht „Löcher“ in der Verordnung ist. So könnte, rein theoretisch, ein Fotobuch – mit Text angereichert wieder aus dieser Verordnung herausfallen. Mal sehen was sich die Fotobuch-Produzenten hier einfallen lassen.

Abb: cewe.de – Der Anteil CEWE´s verkaufter Fotobücher in Deutschland liegt bei ca. 70% in 2015.
Abb: cewe.de – Der Anteil CEWE´s verkaufter Fotobücher in Deutschland liegt bei ca. 70% in 2015.

CEWE hat alleine an den in 2015 in Deutschland verkauften Fotobüchern einen Anteil von nahezu 70%. Von den insgesamt 8,8 Millionen personalisierten Drucken gehen 6 Millionen Exemplare auf das Konto des Marktführers. (Quelle: statista.com)

Bekanntermaßen wird ein Großteil der Fotobücher im Onlinedruck gefinisht – umsatztechnisch also ein großer Posten, um den es sich zu kämpfen lohnt. CEWE hat dies auch bei der Formulierung seines Unternehmensergebnisses von 2015 formuliert. Und das klingt in Bezug auf die Erhöhung der Umsatzsteuer folgendermaßen: „Wir setzen uns im Interesse aller Kunden für eine Korrektur ein.“ Selbstredend, das eigene Interesse von CEWE ist dabei auch nicht unerheblich. Anzunehmen ist, dass die zusätzliche steuerliche Einnahme – in Anbetracht der überzeugenden Verkaufszahlen – dem Fiskus nicht unlieb ist. Nehmen wir an, dass ein durchschnittliches Fotobuch mindestens 25€ brutto ohne Versand kostet, dann würde die zusätzliche, neue Steuerlast bzw. damit der Umsatzverlust, bei 8,8 Millionen Exemplaren jährlich über 17 Millionen Euro betragen! Vorausgesetzt, das Marktvolumen bleibt gleich; wächst es weiter, steigt der Betrag entsprechend.

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„Die Auswirkungen der Umsatzsteuererhöhung bei Fotobüchern bleibt abzuwarten. Spätestens ab Januar 2017 gilt es dann, die Erhöhung zu berücksichtigen und die Preise anzupassen.“ – Bernd Zipper

Bitter also auch für den Onlineprint-Markt, denn Produzenten und Anbieter haben nichts von dem Mehr an Mehrwertsteuer, dieses wird an das Finanzamt abgeführt. Sollte sich an der Verordnung nichts ändern, dann wird es für den Endkunden teurer und folglich für die Printer schwerer, einen weiterhin adäquaten Preis für ihre Fotobücher zu finden. Denn dieser sollte den „alten“ Preis nicht großartig übersteigen und gleichzeitig mindestens die gleiche Marge wie zuvor liefern.

Nehmen denn Endverbraucher zukünftig Abstand vom Bestellen eigener Fotobücher? Wohl kaum, das Marktpotenzial für Fotobücher scheint noch nicht ausgeschöpft zu sein. Auch der Erinnerungswert und die Freude am eigenen Bild werden sicherlich nicht durch einen Mehrpreis von wenigen Euro getrübt. Und bei Fälligwerden des neuen Satzes sind die Drucker gefragt, weiterhin attraktive Konditionen bei zufriedenstellender Qualität zu liefern.

My Take: Jetzt heißt es abwarten und drucken lassen. Zumindest kann noch das Urlaubs- und ein Teil des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts mit der verringerten Umsatzsteuer auf Fotobücher gefahren werden. Und dann ist die Frage: Preis hoch – oder Erlös runter. Beides nicht gut fürs Geschäft.

Gründer und CEO von zipcon consulting GmbH, einem der führenden Beratungsunternehmen für die Druck- und Medienindustrie in Mitteleuropa. In den unterschiedlichsten Kundenprojekten begleiten der Technologie- und Strategieberater und sein Team aktiv die praktische Umsetzung. Er entwickelt Visionen, Konzepte und Strategien für die im Printerstellungsprozess beteiligten Akteure der unterschiedlichsten Branchen. Seine Fachgebiete sind u.a. Online-Print, Mass Customization, Strategie- und Technologie Assessment für Print, sowie die Entwicklung neuer Strategien im Print- und Mediaumfeld. Bernd Zipper ist Initiator und Vorsitzender der Initiative Online Print e.V. und neben seiner Beratertätigkeit Autor, Dozent sowie gefragter Referent, Redner und Moderator. Seine visionären Vorträge gelten weltweit als richtungsweisende Managementempfehlungen für die Druck- und Medienindustrie. (Profile auch bei Xing, LinkedIn).

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