Hans-Georg Wenke, Dzenefa Kulenovic und Daniel Schürmann kommentieren eine Studie der Universität in Palma de Mallorca, die festgestellt hat, dass Männer und Frauen Design anders wahrnehmen.
Dass sich über Geschmack bekanntlich streiten lässt, ist landläufig bekannt. Auch, dass Männer und Frauen vieles anders empfinden, wissen die meisten aus erster Hand – alle die mit dem jeweils anderen Geschlecht schon einkaufen (Kleidung, Möbel, Dekoration etc.) waren. Aber ist das alles nur schrullig, ein Dauerthema für kalauernde Komiker oder ist sozusagen biologisch „was dran“ am Unterschied der Geschlechter bei Geschmack, Design, Emotionen und kühler Logik?
Die mallorcinische Universität herausgefunden, dass es sehr wohl eine biologisch-funktionale Erklärung für die oftmals massive Unterschiedlichkeit gibt: Wenn Frauen und Männern im kontrollierten Experiment Fotos oder Gemälde betrachteten, begannen nach einigen Millisekunden die Neuronen in den Scheitellappen zu arbeiten, als Reaktion auf das Gesehene. Und zwar grundsätzlich verschieden: Bei Frauen auf beiden Seiten – beim Mann arbeitet nur die rechte Gehirnhälfte.
Nur das Lebewesen Mensch hat – gewissermaßen über die Basisfunktionen des Stammhirn hinaus – zwei in ihren Funktionen getrennte Gehirnareale, Hemnisphären genannt. Die rechte Gehirnhälfte arbeitet nach dem „Simultanprinzip“ und sorgt für den gesamten Überblick. Die linke Hemnisphäre arbeitet sequenziell, hier werden Details analysiert und geordnet. In aller Regel sind sowohl unbewusst ablaufende Kognitionsvorgänge (Kognition = Aufnehmen, Verstehen, „verinnerlichen“) ein Wechselspiel unterschiedlicher Funktionenen beider Hemnisphären. Und genau diese Unterschiedlichkeit, man könnte auch sagen: das Setzen anderer Schwerpunkt macht in der Tat biologisch gesehen den Unterschied zwischen Mann und Frau, der im Alltagsleben zu grotesken Witzen wie zu ernsthaftem Streit gleichermaßen führt.
Welche Rückschlüsse kann man nun ziehen – in der Welt der grafisch-visuellen Kommunikation? Naheliegend ist, Anleihen in der Markenwelt zu machen. Denn schließlich gibt es schon so lange „männliche“ und „weibliche“ Produkte, wie es Marken-Marketing gibt. Verpackungen und Design sind immer schon eher auf die eine wie die andere Käuferschicht abgestimmt. Durch das gesamte Zeitschriftenwesen zieht sich die Geschlechtertrennung als konzeptionelles zentrales Element. Und der Erfolg scheint diesem Frau-Mann-Denken vollkommen recht zu geben.
Warum also nicht dieses funktionierende Prinzip auch auf „Normaldrucksachen“ und „Alltagskommunikation“ erweitern? Nichts spricht logisch dagegen (im Gegenteil, alle Forschungen belegen und bestärken), „weibliche Mailings“ oder „männliches Prospekte“, „Texte für Frauen“ und „Bilder für Männer“ zu machen und zu verwenden. Zumal sowohl die Print- wie erst recht die Online-Technologie mit ihrem Made-on-demand datenbankgestützt auf eben diese Merkmale zurückgreifen kann. Der Flyer für jünge Mädchen muss – da muss man nicht forschen, das sagt die Vernunft – anders aussehen wie einer für alte Männer. Warum also geschieht es in der Praxis noch so selten? Vielleicht, weil noch niemand so recht gefordert hat: „Tod dem Unisex-Design“ (unabhängig, wieviel Sex an einer Uni stattfindet …. 🙂
Nur weil es neu ist oder seltsam klingt, sollte man den Gedanken nach „mehr alters- und geschlechterspezifisches Design“ nicht zur Seite schieben. Sicher war es bis vor kurzem wirtschaftlich einfach nicht machbar – oder rein funktional gar nicht machbar –, solche Trennungen und Differenzierungen vorzunehmen. Doch eben, jetzt ist die Technik so weit. Printing on demand ist nicht für Kleinauflagen per se erfunden worden, sondern um genau solche Individualisierungen vorzunehmen. Leider muss man feststellen, dass die Printdesigner (im wesentlichen also die Webeagenturen) diesen Aspekt bislang kaum berücksichtigt haben – ein schweres Manko! Internetseiten reaktiv auf Eingaben, Anforderungen, Klicks der User zu generieren ist heute bereits vollkommener Standard und wird meist nur auf den Inhalt angewandt, sehr selten auf das Design.
Und ganz nebenbei: vielleicht sind mit der mallorcinischen Studie auch gleichzeitig alle anderen Fragen geklärt, die die Menschheit bisher wahrlich zutiefst bewegt hat: Warum sprechen und verstehen Frauen Gedanken, Sätze, Worte anders als Männer – und mit Bezug auf die differente Funktion der Gehirnhemnisphären ließe sich auch leicht erklären, ob Frauen tatsächlich anders einparken als Männer. Ja, sie tun es! Sie können gar nicht anders als anders.
Hans-Georg Wenke
Der weibliche Standpunkt
Von Dzenefa Kulenovic
Frauen und Männer nehmen die Welt unterschiedlich wahr – das ist bereits seit längerem bekannt. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Betrachtet eine Frau ein Bild, so werden bei ihr beide Gehirnhälften aktiviert. Objekte werden dabei kategorial angeordnet, das heißt die Frau geht eher auf die Beziehungen der dargestellten Objekte untereinander ein. Währenddessen wird beim Mann nur die rechte Gehirnhälfte aktiviert. Sie sehen die Objekte also eher koordinatenbezogen und können die Abstände der Objekte exakt bestimmen.
Somit konzentrieren sich Männer auf Fakten während Frauen selbstverständlich ein viel umfangreicheres Gesamtbild wahrnehmen. Das war doch schon immer klar! Man kennt es doch aus dem Beziehungsalltag: Männern entgehen oft wichtige Details, die Frauen sofort wahrnehmen, da sie in der Lage sind, zwischen den Zeilen zu lesen. Auf diese Weise sind Männer fast dazu verdammt immer wieder in Fettnäpfchen zu treten. Man („frau“) hat das Gefühl, Männer gehen wie ein Elefant im Porzellanladen durch die Gefühlswelt!
Aber davon abgesehen, natürlich kann es sein, dass Männer und Frauen tendenziell ein unterschiedliches Schönheitsempfinden haben. Frauen interessieren sich für Klamotten und Schmuck, während Männer sich für Sport und Bier (am besten in Kombination) entscheiden. Ich glaube nicht, dass diese erheblichen Unterschiede allein durch unsere Erziehung zustande kommen, obwohl diese wohl auch eine große Rolle spielt.
Die Ursprünge für unterschiedliches Verhalten und Vorlieben von Männern und Frauen sind also im Gehirn zu suchen. Wer erfolgreich verkaufen und werben will, sollte also beachten, dass das Design von Produkten und Medien unterschiedlich auf die Geschlechter wirkt! Dieser Tatsache gebührt auf jeden Fall große Aufmerksamkeit, denn eins gilt trotz himmelweiter Unterschiede dennoch für beide Geschlechter: Je mehr wir uns für eine Sache begeistern können (wobei die Begeisterung durch ein „schönes“ Design unterstützt wird), desto eher kaufen wir es oder beschäftigen wir uns damit. Und seien wir mal ehrlich: Hat man die Wahl zwischen einem Produkt, das alles hat was man benötigt und einem Produkt, das alles hat was man benötigt UND auch noch „schön“ dabei ist, für welches entscheidet man sich dann?!
Der männliche Standpunkt
Von Daniel Schürmann
Natürlich arbeitet beim Mann nur die rechte Hälfte. Das ist energiesparend. Wir denken grün. Uns ist Kunst und das Aussehen von Gegenständen bei weitem nicht so wichtig wie Frauen. Wir halten uns die linke Gehirnhälfte lieber für andere Gedanken offen, die möglicherweise wichtiger sind – zum Beispiel wie man für den morgigen Bundesliga-Spieltag tippen soll.
Und welcher Mann kennt das Gefühl nicht? Geht es um neue Möbel für die gemeinsame Wohnung mit der Liebsten oder will man(n) sich neu einkleiden, gehen Männlein und Fräulein am besten getrennte Wege und jeder guckt für sich allein. Es sind also nicht nur verschiedene Geschmäcker, sondern ganz einfach die Neuronen in unseren Gehirnlappen, die anders arbeiten.
Frauen versuchen Objekte kategorisch einzuordnen. Wir Männer hingegen denken da praktischer. Uns geht es um die Koordinaten – die Abstände zwischen den Objekten werden bei uns exakt ermittelt. Wir machen es also einfach, die Frauen kompliziert. Wir sparen Energie bei den unwichtigeren Dingen des Lebens. Natürlich geht es auch um Form, aber es geht doch uns Männern vor allem um Funktionalität. Wir Männer wurden nie auf die Idee kommen ein Potpourri in die Wohnung nur des Aussehens wegen zu stellen. Uns kommt der Gedanke erst wenn man merkt, dass die Gerüche vom Essen noch tagelang in der Wohnung bleiben.
Auch beim Autofahren fällt es auf. Mit einem Mann als Beifahrer hört man „in 500 Meter rechts in die Straße“. Frauen als Beifahrer sagen „gleich rechts steht ein grüner Stromkasten, in die zweite Straße dahinter – die fast so wie meine Oma heißt – bieg‘ rechts ab“. Da sind Missverständnisse natürlich vorprogrammiert.
Nun zum Ernst der Lage: Bei Kunst und Design ist dies also auch so. Das wird bisher in der Druck- und Medienbranche aber noch weitläufig nicht beachtet. Ein Design, eine Gestaltung, soll sowohl Männer wie Frauen ansprechen. Das gelingt leider nur selten. Es ist also wichtig, die Zielgruppe für Produkte zu finden und das Design entsprechend anzupassen. In der Branche gibt es sicherlich Möglichkeiten dafür. So könnte man für bestimmte Produkte eine Version für den Mann und eine für die Frau herausbringen. Man hätte zwar Anfangs mehr Aufwand zu bewerkstelligen, zum Beispiel zwei Designs für eine Publikation erzeugen, doch die Verkaufszahlen dürften diesen Mehraufwand mehr als ausgleichen. Denn, wenn Frauen und Männern auch äußerlich etwas gefällt, dann kaufen Sie es natürlich eher als wenn es ihnen äußerlich nicht zusagt.
Auch im Internet bietet sich durch den geschickten Einsatz von CSS-Stylesheets diese Möglichkeit. Man könnte eine Webseite durch CSS sowohl für Männer wie auch für Frauen gestalten – umschaltbar mit einem Klick. Eine kleine Leiste am oberen Rand der Webseite könnte diese Umschaltung ermöglichen – und erhöhte Besucherzahlen mit sich bringen.
Bedenkt man also, dass Männer und Frauen anders auf Design reagieren und arbeitet dies in seine Produkte ein, so kann man neues Marktpotential erschließen und mehr Menschen von seinem Produkt überzeugen.