In der Druckbranche ist HP eine Größe. Und damit meine ich jetzt sowohl die Druckindustrie – Stichwort Indigo – als auch die Welt der Bürodrucker. So eine Größe kann es sich leisten, in neue Druckanwendungen zu investieren, ohne sein Kerngeschäft zu gefährden. So nun auch beim Thema 3D-Druck. Dass dieses additive Fertigungsverfahren längst auf der Agenda großer (Büro)Druckerhersteller steht, ist kein Geheimnis. HP wählt nun aber den Weg, den 3D-Druck nicht bei den Heimanwendern, sondern bei Geschäftskunden einführen zu wollen. Dies hat Meg Whitman, CEO von Hewlett-Packard, kürzlich gegenüber Analysten geäußert. Im Juni 2014 sollte dann eine „große Technologie-Ankündigung“ zum Thema 3D-Druck folgen, die [update]jetzt auf Oktober 2014 verschoben wurde.
Mich verwundert das nicht. Während viele auf die Entwicklungen im Consumer-Bereich schielen – diese in den Medien omnipräsenten Replicator-Teile sehen ja auch aus wie aus dem Experimentierbaukasten – erwarten die, die sich genauer mit dem Markt für 3D-Druck auseinandersetzen, eine andere Art der 3D-Druck-Evolution. Sicher kommt irgendwann einmal eine höhere Durchdringung der Haushalte mit kleinen 3D-Druckern, auf denen ich dann mal schnell zwei Teelöffel nachdrucken kann, weil der Besuch noch seinen Besuch mitgebracht hat. Aber das muss einfach gehen und darf nicht viel kosten. Bis Consumer-Geräte so weit sind, dauert es noch eine Weile. Das hat HP mittlerweile – und nach dem ersten Versuch in den Jahren 2010 bis 2012, 3D-Drucker von Stratasys unter eigenem Label zu verkaufen – wohl auch so gesehen.

Nein, vielmehr wird sich der 3D-Druck zuerst in Business-Anwendungen etablieren. Und Konsumenten werden bis dahin eher einen Druckdienstleister (klingeling) in Anspruch nehmen als selber ein Gerät anzuschaffen, das heutzutage noch eine hohe Frustrationstoleranz und nerdigen Enthusiasmus voraussetzt. Bereits der Hype-Cycle-Report 2013 von Gartner sah den Hype um Consumer-3D-Druck „auf dem Gipfel seiner inflationären Erwartungen“. Die Rechnung für die börsennotierten 3D-Druckerhersteller kam dann vor einigen Wochen – die Aktienkurse wurden kräftig durchgeschüttelt. Und Martin Fink, Chief Technical Officer und Leiter der HP Labs, sieht 3D-Druckanwendungen für Konsumenten bevorzugt in den Händen von „print service provider“, deutsch: Druckdienstleistern, wie er in einem Interview auf dem HP-Next-Blog äußerte.
Druckdienstleister, und erst recht jene, die sich im E-Business Print engagieren, sollten sich mit dem Thema auseinandersetzen. Erste Unternehmen, die sonst vornehmlich Farbe auf Papier bringen, haben bereits 3D-Druckdienstleistungen integriert. Bei manchen habe ich allerdings den Verdacht, dass sie nur bei den Google-Suchergebnissen weiter vorne landen wollen. Wie auch immer, der Markt für 3D-Druck ist extrem segmentiert. Von Ersatzteilen für Oldtimer und Modelleisenbahnen über Zahnersatz und Kontaktlinsen bis hin zu Flugzeugflügel und essbare 3D-Druckerzeugnisse ist praktisch alles dabei, wofür man sich eine 3D-Druckanwendung ausdenken will.
Nur weil es im Trend liegt, sollte sich niemand in 3D-Gefilde wagen. Aber die starke Segmentierung in den Anwendungen bezieht auch klassische Druckdienstleister ein.
– Bernd Zipper
Nur weil es im Trend liegt, sollte sich daher niemand in 3D-Gefilde wagen. Es muss schon zum Geschäftsmodell passen oder bestehende Geschäftsmodelle sinnvoll erweitern. Da hier Druckdienstleister höchst unterschiedlich aufgestellt sind, gibt es eben auch keinen vernünftigen General-Ratschlag, in welche Segmente man sich bewegen sollte. Die starke Segmentierung zeigt aber auch, dass auch eine Vielzahl von Branchen involviert sein können. Wieso also nicht auch die Druckbranche?
Die rein technologische Entwicklung ist jedenfalls spannend zu verfolgen. 3D-Druck wurde nicht erst vor kurzem erfunden, sondern ist bereits seit über 20 Jahren im industriellen Einsatz. Jetzt gibt es enormen Druck auf die Hersteller, ihre Entwicklungszyklen anzuziehen, da sich der Markt neu formiert: von der Spezialanwendung zum Massen(fertigungs)markt. Hersteller wie Stratasys oder MakerBot sehe ich allerdings weniger auf der Beobachtungsliste. Für die Druckbranche spannender sind eher industrietaugliche Entwicklungen bei Herstellern wie Voxeljet oder SLM Solutions, beides übrigens deutsche Unternehmen. Und bald eben auch Hewlett-Packard.