Schlägt man im Duden den Begriff „agil“ nach, erhält man die Erklärung „von großer Beweglichkeit zeugend, regsam und wendig“. Und in der Softwareentwicklung bezeichnet der Begriff die schnellere und schlankere Herangehensweise als mit bisherigen Prozessen. Mittlerweile wird die deutliche Mehrzahl an Softwareentwicklung mit agilen Prozessen bewältigt. Diesen Ansatz haben nun die Autoren Detlev Hagemann, Georg Obermayr und Matthias Günther auf Publishing-Projekte übertragen.
„Vergessen Sie gleich die Einschränkung, die wir jetzt hier erwähnen: Dieses Buch ist nichts für Druckereien.“
In ihrem Buch „Agiles Publishing“ vermitteln sie die agilen Herangehensweisen und Methoden für Publikationsprozesse in (dynamischen) Teams. Als Umfeld werden Verlage und Agenturen genannt – nicht Druckereien, denn die sind für die Autoren Paradebeispiele für den „Wasserfall“, bei dem Schritt für Schritt nacheinander ein Prozess abgearbeitet wird: „Print-Produktion ist Wasserfall at it´s best.“
Agiles Publishing hingegen ist – wir verlassen die Komfortzone – anders: mit neuen Rollen, postuliert schnell, parallel, auch mal unterbrechend und neu tarierend. Teilaufgaben werden in Sprints erledigt und ohnehin drängelt sich alles (Scrum). Statt I-Shapes (das sind Mitarbeiter, von denen nur ihre ausgeprägten Fachkenntnisse im Prozess eingesetzt werden; das Wort „Fachidiot“ fällt nicht) braucht man im agilen Publishing die T-Shapes. Das sind die mit vertieften Expertenkenntnissen und Fähigkeiten zum Generalisten auf hohem Niveau. Designer arbeiten mit Programmierern (pairing) und alle synchronisieren sich in neuen Meeting-Formen (stand-up).
Im weiteren Verlauf wird das Buch zu Publishing-Aspekten konkreter und geht auf Themen wie Storytelling und Content- und Medienstrategien ein. Manches wird dabei leider etwas ungefähr oder bleibt nur angerissen, etwa wenn auch noch Daten agil werden (gemeint ist Medienneutralität). Jedoch vertieft es dabei das Verständnis der anderen T-Shapes beim Interdisziplinären – und darum geht es bei agilem Publishing schließlich auch. Soweit ein auch sprachlicher Eindruck des Contents (Inhalts), der doch ganz anders ausfällt als etwa eine Ausbildungsbeschreibung zum klassichen Projektmanager – den es so nicht mehr gibt im agilen Publishing.
Wer sich (auch als Print-Affiner) mit diesem Buch einlässt, wird sehen, wie gut diese agilen Prozesse zu den Inhalten unserer Medienherstellung passen. Schließlich haben wir die stringente Druckproduktion zwar nicht verlassen, aber um neuere Medien ergänzt. Nicht umsonst nennen sich viele Unternehmen aus der Druckbranche heute Medienhaus. Agile Teamarbeit dürfte für jedes etwas größere Druckunternehmen alleine aufgrund der IT-nahen Prozesse und Projekte in Frage kommen. Und wer sich als Print-Unternehmen auch noch – neben der Medienerweiterung – auf eine E-Business-Erweiterung einlässt, hat noch mehr Grund, sich mit agilen Methoden auseinander zu setzen. Für Schweizerdegen von heute.
Hagemann, Obermayr, Günther
Agiles Publishing
Fokus auf Nutzer, das Silo-Denken beenden: Neue Wege des Publizierens für Print, Web und Apps.
Crowdfunding-finanziert, Projektpartner: Fogra, PDFX-ready, PublishingNETWORK
400 Seiten mit Umschlag, erschienen im Kastner-Verlag
ISBN 978-3-941951-86-0
erhältlich im beyond-print.de-shop, € 39,90 (D) und Publisher-shop, CHF 49,00 (CH)
Website zum Buch: www.agile-publishing.de
Dies ist eine Buchbesprechung aus der Sicht der Redaktion der EPOS Studie, nicht der beyond print Redaktion…