Bernd Zipper hatte einen alten Wegbegleiter am Tisch sitzen, der gar nicht so alt aussieht. Ralf Schlözer ist in der Druckindustrie groß geworden. Er hat in Stuttgart, Berlin und den USA studiert, steckte tief drin in der Forschung bei MAN Roland und kennt den spannenden Weg durch den Zahlendickicht von Infotrends (heute Keypoint Intelligence). Ein Mann, der Märkte und Technologien erforscht und die Schlüsse daraus zieht. Er publiziert auf englischsprachigen Blogs und hat ein schier unerschöpfliches Wissen. Dieses Wissen kam Bernd Zipper gerade recht, scheint doch der Inkjet-Druck die Technologie der Zukunft zu sein. Ralf Schlözer stand Rede und Antwort und gab einige Insights zu Break Even, Technik und Geschäftsmodellen preis.
Lesen Sie hier eine gekürzte Fassung des Podcast-Interviews oder hören Sie sich das Gespräch in voller Länge auf ZIPPERS INSIGHTS oder auf Spotify an.
Bernd Zipper: Es ist immer so schön, wenn man einen „alten“ Wegbegleiter am Tisch sitzen hat. Ralf Schlözer ist heute hier zum Interview.
Ralf Schlözer: Hallo. Schön, dass ich hier sein darf.
Bernd Zipper: Mein Eindruck ist, dass Du eher so der Forschertyp auf verschiedenen Gebieten bist.
Ralf Schlözer: Forscher, das trifft es ganz gut. Ich habe in der Forschung angefangen. Aktuell mehr Marktforschung, also Positionierung und solche Sachen. Ich bin in verschiedenen Märkten tätig. Ich arbeite global mit Firmen in Europa, in den USA, in Japan oder in spezialisierten Märkten.
Bernd Zipper: Aber schon rund um das Thema Print, insbesondere Inkjet. Dein Weg führte über das Studium in Deutschland und den USA in die Industrie zu MAN.
Ralf Schlözer: Genauer in die Forschungsabteilung von MAN Roland. Ich hatte meine Diplomarbeit in Deutschland beim damaligen Forschungschef im Bereich der neuesten Drucksysteme gemacht. Das ist seitdem mein Thema.
Bernd Zipper: Dafür kennt man dich. Du warst von 2002 bis 2019 bei Infotrends, dort zuletzt sogar Director. Ein bekanntes Unternehmen, dass Branchen-Zahlen und -Trends ermittelt, aber sich auch um Technologien kümmert und vor allem, wie sich diese Technologien entwickeln.
Ralf Schlözer: 17 Jahre bei so einer Firma ist eine ziemlich lange Zeit für die Art von Branche. Die Tätigkeit war spannend und hat mich durch die verschiedenen Technologien und Stufen geführt.
Bernd Zipper: Du bist jetzt schon fast vier, fünf Jahre selbstständig und bist praktisch so der Independent Print Analyst für Druck-Technologien?
Ralf Schlözer: Ja, ich schreibe sehr aktiv für US-Publikationen im Web, also whattheythink.com und Inkjet Inside.
Bernd Zipper: Ich finde es großartig, dass man sich mit dem Forschen dementsprechend positionieren kann. Deine Expertise ist gefragt. Wir haben ja jüngst von dir auf Beyond Print einen zweiteiligen Artikel (Teil 1; Teil 2) über das ganze Thema Online-Druck und Inkjet veröffentlicht. Ich fand deine Ideen dazu sehr interessant. Du hast in dem Artikel geschrieben, Online-Printer neigen dazu, auf Nummer sicher zu gehen. Mir stellt sich die Frage, warum sind jetzt immer noch so viele Unternehmen so vorsichtig, was Inkjet angeht? Verstehst du das?
Ralf Schlözer: Nicht so ganz. Ich glaube, das ist eine Heirat im Himmel, Inkjet und Online-Printing. Weil minimale Makulatur. Man kann sofort auf die Maschine gehen, drucken in kleinsten Auflagen und das müsste eigentlich perfekt passen. Klar, Inkjet hat noch seine Einschränkung. Man kann nicht alles so vorherbestimmt wie im Offset machen. Offsetdruck ist eine über Jahre eingespielte Technologie. Im Inkjet ist man da eben noch am Anfang in diesen Entwicklungen. Es mag sich in 95 Prozent der Fälle lohnen, aber nicht für alle. Das muss man individuell herausfinden.
Bernd Zipper: Ich war gerade in den Niederlanden bei einem relativ großen Onlinedrucker. Da steht eine Komori und daneben eine Landa-Maschine. Ich fand das interessant, dass die alles über Landa machen wollen. Das ist jetzt kein Landa-Werbeblock, aber ich finde es spannend zu sehen, wie sich die Technologien und Qualität weiterentwickeln.
Ralf Schlözer: Das ist aktuell das Top End, was man im Inkjet-Bogendruck haben kann. Die werden wahrscheinlich sagen, dass nicht alle Jobs hundertprozentig so aussehen wie im Offset. Am Ende ist es aber ein viel einfacherer Workflow, wenn ich keine Platten mehr machen muss. Ich kann Signaturen hintereinander wegdrucken und es ist einfach eine unglaubliche Erleichterung. Man darf nicht nur auf die Maschine schauen, sondern auf das Gesamtsystem.
Bernd Zipper: Was zeichnet den Inkjet-Druck gegenüber dem elektrofotografischen Druck, also dem Digitaldruck mit Toner, aus?
Ralf Schlözer: Toner ist ein etabliertes Verfahren. Die Limitationen im Tonerbereich sind einfach das Format, die Geschwindigkeit und die Kosten des Toners.
Bernd Zipper: Aber sind Inkjet-Farben nicht teuer?
Ralf Schlözer: Es gibt die Aussage, dass Tinte teurer als der teuerste Champagner sei. Das gilt nicht, wenn du das 100 Liter Fass kaufst. Da ist man noch nicht am Ende der Entwicklung. Die neuen Tinten sind schon echtes Hightech und da steckt einiges an Potenzial drin, mehr als in den Druckköpfen, würde ich sagen.
Bernd Zipper: Welche Maschine begeistert dich im Moment am meisten?
Ralf Schlözer: Das richtige Gerät für den richtigen Einsatzzweck. Nehmen wir mal eine eher unbekannte Maschine. Die Valezus von Riso schafft 320 Seiten pro Minute. Die Qualität ist halt nicht so gut.
Bernd Zipper: Aber für Transaktion ist es okay.
Ralf Schlözer: Dafür ist es okay, oder für einen Newsletter und Formulare oder ähnliches. Also, es gibt dafür einige Anwendungsfälle. Am anderen Ende haben wir Highend, beispielsweise die neuen Colorstreams von Canon, die neue HP, die Ricoh oder Screen, die produzieren alle super Qualität. Da kann man inzwischen nicht mehr sagen, dass eine Maschine besonders herausragt. Es ist eine ordentliche Auswahl da. Was noch ein bisschen fehlt ist im Bogenbereich, da wird sich noch was tun.
Bernd Zipper: Ich bin ja so ein bisschen ein Durst-Fan. Wenn du mal da warst und dir ansiehst, was diese „kleine“ Truppe alles macht. Ich war jüngst wieder bei Probo in den Niederlanden und habe mir angeschaut, was die alles mit Durst-Maschinen im Large Format Bereich machen. Dann habe ich anderswo gesehen, was da in dem Bereich mit Labels bewegt wird. Also, ich finde das schon faszinierend.
Ralf Schlözer: Definitiv. Nicht im Commercial Bereich, aber im Packaging Bereich. Die haben eine Maschine für Wellpappen-Direktdruck rausgebracht. Jetzt im Joint Venture mit Koenig und Bauer wurde eine gemeinsame Maschine für den Faltschachtel-Bereich entwickelt. Ich habe die Probedrucke gesehen. Das ist eine fantastische Maschine.
Bernd Zipper: Wie siehst du denn das ganze Thema Primer?
Ralf Schlözer: In der Vergangenheit war ich da eher skeptisch. Aber inzwischen habe ich meine Meinung ein bisschen geändert, weil in bestimmten Bereichen wird es für lange Zeit notwendig sein zu primern, um auf Folien oder auf beschichteten Kartons die Farbe richtig haften zu lassen. Man kann es jetten, man kann es mit einer Walze auftragen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich bin mittlerweile neutral oder sage sogar, warum nicht primern?
Bernd Zipper: Glaubst du, dass wir irgendwann an den Punkt kommen, wo wir Offset durch Inkjet komplett ablösen?
Ralf Schlözer: Da bin ich jetzt mal ein bisschen vorsichtig. In meiner Infotrends-Zeit habe ich immer vorhergesagt, da kommen dann die großen, ganz dicken Maschinen in Inkjet und die können dann Kataloge und Zeitschriften und alles drucken. Ist aber nicht passiert. Eigentlich ist der Markt mehr auf so Mittelgeschwindigkeitssysteme eingeschwenkt. Ich sehe im Moment nicht, dass es sich drastisch ändert. Wird es Offset ersetzen? Nein, es ist einfach ein Nebeneinander. Und wo genau der Break Even ist, das entscheidet sich dann bei der aktuellen Technologie und beim Workflow der Firma. Aber es gibt Platz für beide. Du hast vorhin das Beispiel in den Niederlanden erwähnt, die jetzt alles auf die Landa legen. Es gibt die Möglichkeit, wirklich in einem Bereich sich zu optimieren und dann hat man hier die Vorteile dabei.
Bernd Zipper: Wenn man die Entwicklungen im Bereich Offset betrachtet, jüngst der Plattenwechsler von Heidelberger, der bei Saxoprint aufgestellt wurde, die Push-to-Stop-Technologie, die da mit dabei ist. Wenn man dann digital dagegenstellt, da fragt man sich schon wo ist der Break Even? Wie kann ich dann den genau berechnen?
Ralf Schlözer: Oh, das ist eine der spannendsten Aufgaben und ich werde immer danach gefragt. Ich war mal bei einer Konferenz in Russland, da wollte einer unbedingt den Break Even zwischen Digital und Offset haben. Eine genaue Zahl konnte ich ihm leider nicht nennen.
Ich war bei MAN Roland mit Break Even Kalkulationen beschäftigt. Wo sind die Digitaldruck-Systeme geeignet und wo geht es dann mit Offset weiter? Man kann es theoretisch berechnen, aber es kommt auf jede Firma und auf jeden Einzelfall an. Da sind viele Variablen in der Berechnung. Ich würde mal sagen, ein gutes Management Informationssystem (MIS) sollte das können. Aber jeder, der ein MIS wirklich ausgebaut betreibt, der weiß, wie viele Daten da rein fließen. Man muss ausmitteln, verschiedene Faktoren, die Leute sowie die Qualifikationen berücksichtigen und dann wird es wahnsinnig komplex. Deswegen: leider keine Zahl. Selbst heute nicht.
Bernd Zipper: Vielen Dank für die Einschätzung. Es gibt viele Kriterien und man muss sicher mehr berücksichtigen als nur Papier, Maschine und Zeit.
Ralf Schlözer: Ich habe mit Online-Druckern gesprochen, die Offset und Digital haben. Es geht hier immer um die Entscheidung für ein Verfahren. Die haben entsprechende MIS und können das ziemlich genau sagen. Es kommt auf den Auftrag und auf die Auftragslänge an. Unabhängig vom Break Even bleiben manche dennoch auf der Inkjet-Maschine, weil schlicht der Workflow einfacher ist. Es kann weniger schiefgehen!
Bernd Zipper: Wenn wir hier in Deutschland mal betrachten, habe ich so ein bisschen das Gefühl, die Marktdurchdringung mit Inkjet ist hier noch nicht so hoch. In den Benelux-Staaten und England ist die Verbreitung stärker. Wie siehst du das?
Ralf Schlözer: Deutschland ist wahrscheinlich nicht die führende Nation im Inkjet-Druck. Es gibt aber mehr Maschinen als man denkt. Und man hört ja nicht unbedingt von allen Maschinen, die installiert werden. Nehmen wir mal die Drucker in Rechenzentren, wo schon Inkjet den Toner massiv ersetzt hat. Da sind hunderte von Maschinen draußen, von denen man nichts weiß. Die andere Sache ist der Bücherdruck. Da gibt es große Player, die geben nicht bekannt, welche Maschinen zum Einsatz kommen.
Bernd Zipper: Habe ich nur das Gefühl oder sind Unternehmer in anderen Ländern manchmal offener gegenüber neuen Technologien?
Ralf Schlözer: Ein bisschen schon. In den USA sagen die Unternehmer, das ist die neue Technik, da müssen wir hin. Gibt es in anderen Ländern auch, aber das ist halt in Nordamerika verbreiteter. Deutschland ist aber nicht das konservativste Land. Es gibt hier sehr visionäre Firmen, die sagen, da sehe ich die Zukunft drin, das wollen wir machen.
Bernd Zipper: Es gibt verschiedene Inkjet-Verfahren, sowohl für Rolle als auch für Bogen. Glaubst du, dass Inkjet in eine bestimmte technologische Richtung geht?
Ralf Schlözer: Schon bei MAN Roland in Augsburg haben die Leute gesagt, warum macht man eigentlich nicht nur Rollen-Offset-Maschinen? Ist doch viel einfacher zu bauen. Und dann war ich mal mit einem Kollegen in Offenbach. Die haben gesagt, warum macht man nicht nur Bogen-Offset, die sind doch viel variabler und viel flexibler. Da waren schon in einer Firma die beiden Lager. Klar ist: es gibt Märkte für beide. Bei Inkjet ist es im Moment mehr Rolle, weil es mehr Anwendungen gibt, die nicht die höchste Qualität benötigen. Bogen-Maschinen müssen meistens die top Akzidenz-Qualität bringen, was schwieriger ist. Da hinkt der Inkjet-Bogendruck noch nach. Ich sehe da große Potenziale, dass da mehr gemacht wird.
Bernd Zipper: Ich bin mal gespannt, was da noch kommt. Soll bald wieder eine Drupa geben.
Ralf Schlözer: Erstmal sind Anfang nächsten Jahres die Hunkeler Innovation Days. Das hat sich so ein bisschen zum Klassentreffen der Inkjet-Branche entwickelt. Hier mehr Commercial und nicht so sehr Verpackung, aber da werden wir definitiv einige Neuheiten sehen. Das ist eine zielgerichtete Show für den Inkjet-Hochgeschwindigkeitsdruck, zu der man hingehen kann und die verschiedenen Systeme nebeneinander sieht.
Bernd Zipper: Es gibt für mich ein paar heiße Themen im Bereich Verpackung. Wir haben hin und wieder bei einem Kunden von uns mit Direktdruck auf Papp-Zylinder zu tun. Wie siehst du denn die Weiterentwicklung in solchen Bereichen? Speziell da, wo das Objekt bewegt wird?
Ralf Schlözer: Das ist ein spannender Bereich. Letztlich fasert sich das dann in tausende von Märkten auf. Ich sehe den Decor oder Textil-Druck. Es gibt drucken auf Kachel, auf Glas, auf Metall, auf alles Mögliche und dann natürlich auf 3D-Körper. Das hat alles seine Daseinsberechtigung. Überall finden wir die gleichen Trends, just in time Produktion, Industrie 4.0, keine Lagerhaltung, neue Designs, keine Restriktion mit Repeat. Inkjet ist so flexibel, dass man das in allen Bereichen einsetzen kann. Natürlich nicht die gleichen Köpfe, die gleichen Maschinen, aber es gibt wahnsinnig viele Spezialisten, die jetzt in irgendwelchen Bereichen dann sowas machen. Beispielsweise auf Hohlkörper drucken. Da gibt es sieben, acht Hersteller, die schon Maschinen dazu anbieten und da haben wir nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Bernd Zipper: Wie betrachtest du denn das Thema bei Heidelberg, Stichwort Omnifire?
Ralf Schlözer: Ich hatte mal Rainer Hundsdörfer (ehem. CEO Heidelberger Druckmaschinen AG) darauf angesprochen, was denn jetzt mit diesen Omnifire-Maschinen passiert. Vor zwei Jahren war die Aussage, dass das keine Standardmaschine wird. Seitdem hat sich nicht viel getan. Spannendes Thema mit diesem Roboter-Kopf. Ich habe da Vorführungen von anderen Firmen gesehen. Kann man alles machen, braucht aber seine Zeit.
Bernd Zipper: Da bin ich gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Ich glaube, der Einsatz von Robotern kann, vor allem für niedrige Auflagen, sehr interessant sein.
Ralf Schlözer: Da macht der allgemeine Fortschritt die Sache einfacher. Beispielsweise war früher die Anforderung an Speicherplatz ein Killer-Kriterium für eine digitale Maschine. Manche Dinge erledigen sich automatisch. Die Robotik wird nicht von der Druckindustrie getrieben, aber sie wird von diesen Fortschritten profitieren.
Bernd Zipper: Jetzt lass uns mal in die Glaskugel gucken. Wo sind wir denn in 30 Jahren mit dem Inkjet?
Ralf Schlözer: Es wird immer noch ein Zusammenspiel Inkjet/Offset und ich würde mal sagen Flexo in bestimmten Bereichen sein. Deutlich mehr Inkjet als heute und eben Inkjet in ganz unterschiedlichen Bereichen.
Bernd Zipper: Glaubst du denn, dass der Digitaldruck durch Metaverse, Internet und neue Arten des Internets zusätzliche Impulse bekommt? Vielleicht durch lokale kleinere Maschinen? Ich sage mal, vor Ort eine Tasse mit Inkjet direkt im 3D AR-Umfeld drucken.
Ralf Schlözer: Das wird es geben, weil die Inkjet-Technologie flexibel genug ist, dass man die kleinsten Systeme realisieren kann. Es geht mehr in Richtung lokales Drucken. Wir sehen es innerhalb der gesamten Supply Chain Problematik, dass „lokal“ ein echter Vorteilsfaktor ist. Lokal drucken und lokal weiterverarbeiten. Es wird zukünftig mehr lokal gemacht werden, als zentralisiert, globalisiert und verschifft. Im Zusammenhang mit neuen Medien und mit Social-Media-Kanälen wird es weitere Möglichkeiten geben. Ich sehe hier nicht eine wahnsinnige Schnittmenge mit Print, sondern zwei Welten, die nebeneinander existieren. Beispiel: Buch. Obwohl die jungen Leute Social Media nutzen, ist das gedruckte Buch immer noch wahnsinnig populär. Die nutzen das nicht gleichzeitig, aber man kann auf Social Media werben. Man kann aus Social Media ein Buch exportieren, also gedruckte Blogs. Da gibt es eine gewisse Schnittmenge, aber die wird nicht wahnsinnig groß sein.
Bernd Zipper: Ich habe bei Zahlenermittlung durch Zipcon festgestellt, dass durch die Pandemie Print on Demand ein richtiges Revival feiert. Man könnte meinen, der Markt hat es so langsam verstanden. Wie siehst du das?
Ralf Schlözer: Es braucht einfach manchmal ein bisschen Zeit, bis dann die großen Akteure dahinterkommen. Es muss die Infrastruktur und die Technik da sein. Print on Demand ist seit ein paar Jahren Standard in der Industrie und das wird noch weiter zunehmen. Niemand will sich unbedingt Sachen aufs Lager legen, die dann ewig da liegen. Ich denke an die Geschichte von dem Brand in einem Buchgroßlager in Leipzig. Da wurden Millionen von Werten vernichtet und viele kleine Verlage haben geklagt. Die Restauflage war vernichtet, doch Nachdrucken lohnt sich nicht. Die hatten echte Probleme gehabt. Sowas passiert mit etabliertem Print on Demand Konzept nicht mehr.
Bernd Zipper: Ich glaube, die Bücher AG ist da ganz groß für den DTV. Es gibt einige Bücher, die Amazon praktisch overnight bei Dienstleistern drucken lässt.
Ralf Schlözer: Amazon hat ziemlich viele Druckereien. Man findet offiziell jedoch nicht viel dazu.
Bernd Zipper: Ich finde es logisch, näher an Kunden zu gehen, näher ins Lager zu gehen. Mit großen Versendern hatten wir schon das Thema, dass man Kataloge praktisch on demand auf den Kunden abgestimmt druckt und die dem Paket beilegt. Inkjet ist in meinen Augen der Schlüssel in den Projekten.
Ralf Schlözer: Das sehe ich genauso, allein wegen der Geschwindigkeit, der Qualität und den Kosten. Am Ende ist Inkjet einfach dafür das am besten geeignete Verfahren.
Bernd Zipper: Ich finde es sehr gut, dass es Unternehmen gibt, die unterschiedliche Maschinen herstellen. Das Feld der Inkjet-Maschinen ist dadurch sehr spannend. Das zeigt sich auch in den verschiedenen Ideen, wie man die Maschinen finanzieren kann, wie Pay per Click. Was hältst du von so einem Verfahren?
Ralf Schlözer: Es gibt schon lange verschiedenste Modelle, wie man die Druckmaschine, Verbrauchsmaterial und anderes bezahlen kann. Heidelberger ist sehr weit mit diesen verschiedenen Betreibermodellen und Verfahren. Die Maschinen werden nicht mehr gekauft, sondern geleast und über Druckvolumina abbezahlt. Das gibt es im Digitalbereich schon lange, es gibt da halt den „Click“. Im Inkjet-Bereich ist es oft so, dass man die Tinte allein bezahlt. Dann gibt es bestimmte Pauschalen für den Service, je nach gedruckten Metern und so weiter. Ich denke mal, die Kunden sind da ein bisschen flexibler geworden. Am Anfang waren Click-Kosten nicht beliebt. Inzwischen haben manche festgestellt, ist eigentlich ganz gut, gibt mir Planungssicherheit. Man kann nicht für jede kleinste Auflage immer die Deckung kalkulieren. Ich denke, Maschinenanbieter, die clever sind, machen da verschiedenste Modelle möglich.
Bernd Zipper: Druckereien, die vor der Pandemie eine Maschine gekauft und dann in der Zeit nichts zu drucken hatten, mussten den Kapitaldienst leisten, obwohl keine Einnahmen da waren. Umgekehrt hat es Hersteller mit Pay per Click Modellen hart getroffen. Einen frisst es immer, glaube ich.
Ralf Schlözer: Ja, definitiv.
Bernd Zipper: Wenn wir mal davon ausgehen, dass wir Offset, Inkjet und meinetwegen noch Digital Flexo am Horizont der Zukunft sehen, wo siehst du da Zeitungen und ähnliches?
Ralf Schlözer: Vor ein paar Jahren war ich auf der IFRA und habe eine Präsentation über Inkjet, also sprich Digitaldruck im Zeitungsdruck, gehalten. Zu der Zeit war die Branche positiv für solche Sachen eingestellt. Inkjet-Zeitungsdruck, drucken auf den verschiedenen Inseln. Dann muss man nicht mehr hinfliegen, sondern druckt das lokal. Es lässt sich die Bild, die Times und was weiß ich auf einer Maschine drucken. Selbst in den kleinsten Auflagen und personalisiert. Hotelketten können dann eine individuelle Zeitung herstellen. Das ist ein bisschen eingeschlafen. Ist schade, aber hängt an der Gesamtsituation der Zeitungen.
Bernd Zipper: Ich bin mal gespannt, wie sich das mit den individualisierten Zeitungen unter den neuen Betreibermodellen entwickelt. Ich persönlich fände das sehr spannend. Lieber mehrere kleine Verlagshäuser und Produktionsstätten, dann dementsprechend tagesaktuell. Das größte Manko bei einer Zeitung, die ich am Frühstückstisch liegen habe, ist, dass oft schon das drinsteht, was ich am Tag vorher im Internet gelesen habe.
Ralf Schlözer: Aber du kannst es, dann in der gedruckten Zeitung, nochmal schöner nachlesen.
Bernd Zipper: Ja, wobei für mich ist ja der Wert der Zeitung gar nicht die News, die habe ich vorher, sondern die Kuratierung der News, die Meinung.
Ralf Schlözer: Genau.
Bernd Zipper: Das ist für mich das Wichtige und leider vergessen das viele Zeitungsherausgeber. Ich denke an Gespräche mit Redakteuren aus dem Hause Funke. Da hieß es, wir haben jetzt die Zentralredaktion, da laufen die News zusammen und dann wird das aufbereitet und veröffentlicht. Ich denke, das ist das Erfolgsgeheimnis von der Süddeutschen oder von der FAZ, dass da noch Meinung mit drin ist. Das ist das, was Zeitung stark macht und denen eine Existenzberechtigung gibt. Kuratierte Information.
Ralf Schlözer: Definitiv. Bezahlter Journalismus, der sich nicht nach Sponsoren richten muss.
Bernd Zipper: Oh, das ist ein großartiges Thema. Da sprechen wir ein andermal drüber. Ralf, ich danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast.
