Wissen Sie, wie viel Ihr Unternehmen wert ist? Und worauf Sie achten sollten, wenn es um den Kauf oder Verkauf eines Betriebes geht? Nein? Dann sollten Sie sich unbedingt in die neueste Folge des Beyond-Print-Podcasts klicken! Denn genau darüber diskutiert Bernd Zipper mit Jens Freyler, dem Geschäftsführer der Hamburger Unternehmensberatung Knox und Initiator von print-eXchange.de, der neuen Unternehmensbörse für die Druckindustrie.
Lesen Sie hier eine leicht gekürzte Fassung des Interviews oder hören Sie sich das Gespräch in voller Länge im Podcast auf zippers insights oder auf Spotify an.
Bernd Zipper: Die Unternehmensnachfolge, der Unternehmensverkauf bzw. -kauf gestalten sich oft nicht so, wie man sich das vorstellt. „Umsatz gleich Verkaufssumme“, das kann man abhaken, oder?
Jens Freyler: Das kommt immer drauf an. Umsatz gleich Verkaufssumme kann durchaus sein. Es kann mehr geben; oftmals gibt es weniger. Für mich ist der Umsatz gar nicht so entscheidend, sondern: Was verdient das Unternehmen? Wie ist die Marktstellung? Was sind die Kunden, mit denen man arbeitet? Wie ist man positioniert? Das sind die Faktoren, die ausschlaggebend sind, um zu sehen, wie viel man am Ende für das Unternehmen kriegt.
Bernd Zipper: Nehmen wir ein mittelständisches Druckunternehmen. Das macht acht bis zehn Millionen Umsatz, hat einen guten Maschinenpark und ein schönes Grundstück, ein eingespieltes Team und so weiter. Da könnte man ja meinen, das ist ein Wert, der nach außen etwas darstellt, und dass das, was in der Bilanz steht, dem Unternehmenswert entspricht, oder nicht?
Jens Freyler: Der Unternehmenswert leitet sich immer aus der Ergebnissituation ab. Verdient man gutes Geld, dann ist das Unternehmen viel wert. Natürlich sind die Maschinen ein Wert, aber wir alle wissen: Wenn jemand eine gebrauchte Druckmaschine kaufen möchte, dann findet er eine gebrauchte Druckmaschine. Keiner möchte genau diesen Maschinenpark-Mix gebraucht haben, der in irgendeiner Druckerei steht. Am liebsten möchte man ja nur die Aufträge. Insofern leitet sich der Unternehmenswert aus den Aufträgen, aus den Mitarbeitern, aus dem Know-how und aus den Kunden ab. Um zu produzieren, braucht man die Maschinen. Eine Immobilie ist vielleicht noch etwas anderes, die kann ein separater Wert sein. Das muss man sich anschauen. Aber erst einmal gut aufgestellt ist ein Unternehmen, das Geld verdient.
Bernd Zipper: Jetzt stecken aber viele in der Situation, dass sie eben kein Geld verdienen und sich dazu entscheiden, ihre Bude zu verkaufen. Was wäre dein Rat? Dichtmachen?
Jens Freyler: Dichtmachen ist die allerschlechteste Lösung und es sollte immer die allerletzte Option sein. Natürlich hat jedes Unternehmen einen Wert; im schlimmsten Fall nur die Maschinen. Aber eigentlich sehe ich immer einen Wert, der darüber hinausgeht. Da muss man im Zweifel schauen, wo der ist. Wie stellt man ihn dar? Und für wen hat das Ganze den größten Wert? Denjenigen muss man im Zweifel ansprechen. Und man muss auf die Corona-Situation schauen. Haben wir ein Unternehmen, das 2019 noch ganz gut dastand und jetzt – wie viele in der Branche – zwei schwierige Jahre hat, dann sollte man in jedem Fall fair beurteilen, wie die Situation ohne Corona war.
Bernd Zipper: Corona ist natürlich ein großes Thema, aber ich würde das bewusst ausklammern, denn ich glaube, jeder Investor weiß, dass es da eine Sondersituation gibt, die man gesondert bewerten muss. Was würdest du jemandem raten, der nicht mehr investieren kann? Kooperationen suchen? Oder aktiv verkaufen, damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben?
Jens Freyler: Also, wenn jemand nicht weiß, wie es weitergeht, dann ist es eine Möglichkeit, sich einen Sparringspartner zu suchen, um das mal zu diskutieren. Um sich einen Spiegel vorhalten zu lassen, um mal eine andere Meinung einzuholen und zu hören, wie die Situation bei anderen Unternehmen ist. Gibt es Dinge, bei denen man nicht ganz so gut aufgestellt ist wie andere? Sollte man so etwas aktiv angehen? Ja, immer zu 100 Prozent! Wenn man etwas verändern möchte, muss man die Initiative ergreifen. Das kann in Richtung einer Kooperation gehen und dass man sich fragt, welcher Partner passt zu mir? Wovon profitieren beide Unternehmen, was hilft beiden weiter? Oder man sucht einen Käufer, der das Unternehmen übernimmt und fortführt, vielleicht sogar in Zukunft ausbaut, und damit, wie du schon sagst, die Arbeitsplätze sichert. Aber dafür muss man aktiv werden.
Bernd Zipper: Einige Druckunternehmer haben Angst, dass sie in ihrem eigenen Unternehmen nichts mehr zu sagen haben, wenn sie sich einen Investor mit reinholen, dass sie nicht mehr ihr eigener Herr sind. Ich sage da immer: „Ja, so ist das.“ Wenn man mit Partnern zusammenarbeitet, dann will der Partner natürlich mitreden, dann muss man ihm Rede und Antwort stehen. Wie sind deine Eindrücke, gerade wenn es darum geht, dass ein anderes Unternehmen ein Druckunternehmen übernimmt? Welche Konsequenzen hat das für den ehemaligen Eigentümer?
Jens Freyler: Es gibt natürlich Konsequenzen. Die sind abhängig von der jeweiligen Konstellation. Wenn jemand in ein Unternehmen investiert, dann muss damit ein Mitspracherecht einhergehen. Wie groß das ist, hängt von der Höhe der Beteiligung oder der Anteile ab, die derjenige erwirbt. Es hängt von der persönlichen Konstellation ab. In der Regel ist es so, dass der Unternehmer, der das Unternehmen oder Teile davon abgibt, sehr geschätzt wird, weil er die Kunden und Mitarbeiter kennt und er insofern derjenige bleibt, der maßgeblich Einfluss auf die weitere Entwicklung hat. Aber trotzdem: Wenn sich ein Wettbewerber – oder Stratege, wie wir es M&A-seitig nennen – bei einem Druckunternehmen engagiert, dann tut er das, um Mehrwerte zu heben. Das kann bedeuten, dass man darüber nachdenkt, welche Aufträge funktionieren auf welcher Maschine am besten? Und dann kann es dazu führen, dass der eine oder andere Auftrag vielleicht im Werk des Investors abgewickelt wird, dafür aber andere Aufträge zu einem kommen. Die Aufträge laufen also immer dort, wo sie am rentabelsten auf der Maschine sind, auf dem jeweiligen Equipment oder wo die Auslastung das entsprechend zulässt oder erfordert. Daher wird es da immer Veränderungen geben. Und wenn man Teil einer Gruppe ist, dann muss man an die Bedürfnisse und an die Belange der Gruppe denken, die trotzdem im Interesse des jeweiligen Unternehmens sein können und sollten.
Bernd Zipper: Jetzt sagst du, es gibt unterschiedliche Investoren. Du hast von Strategen geredet. Was gibt es denn da noch?
Jens Freyler: Wir schauen immer auf mehrere Gruppen. Es gibt Strategen. Strategen können direkte Wettbewerber sein. Es können Kunden oder Lieferanten sein oder es ist ein Quereinsteiger, beispielsweise ein Akzidenzdrucker, der in Richtung Verpackungsdruck blickt, weil er da einen Markt sieht, in dem vielleicht noch ein bisschen mehr Wachstum steckt und in dem ein bisschen mehr Margen zulässig sind. Es gibt Finanzinvestoren, die erst einmal völlig branchenunabhängig aufgestellt sind, die aber in gewissen Segmenten der Druckbranche ein interessantes Feld sehen. Es können Manager sein, also Unternehmer oder angehende Unternehmer, die in einer Führungsposition sind, vielleicht ein bisschen Geld verdient haben und zusammen mit einer Bank, mit einem Förderinstitut oder zusammen mit einem Finanzinvestor daran interessiert sind, ein Unternehmen zu übernehmen, in das sie Unternehmergeist stecken und das sie neu erfinden können.
Bernd Zipper: Wenn mein Unternehmen nicht so gut dasteht, wie wahrscheinlich ist es, dass ich außerhalb einer Bank noch einen Investor dazu holen kann? Gibt es da Möglichkeiten?
Jens Freyler: Es gibt im Grunde immer Möglichkeiten. Man sagt ja so schön: Auf jeden Topf passt ein Deckel. Wenn es einem Unternehmen nicht gut geht, dann sind natürlich die Verhandlungsparameter, die man hat, nicht optimal. Aber es gibt Investoren, die sich bewusst um schwierigere Situationen kümmern, weil sie einerseits wissen, sie kommen eventuell günstiger an ein gutes Unternehmen, und weil es vielleicht ihre Kompetenz ist, zu Restrukturieren und Ordnung in ein Unternehmen zu bringen. Die sagen, „wir sind gut im Thema Vertriebsaktivitäten aufbauen“ oder ähnliches. Es muss nicht immer so sein, dass man einen Finanzinvestor mit einer Heuschrecke gleichsetzen kann. Dieser Begriff hat vor ein paar Jahren um sich gegriffen. Aber das trifft meines Erachtens nur auf ein, zwei, drei Prozent der Finanzinvestoren zu. Die meisten begeistern und engagieren sich in den Unternehmen, in denen sie Potenzial sehen und die sie gemeinsam mit dem Unternehmer wieder entwickeln oder ausbauen wollen.
Bernd Zipper: Das kann ich bestätigen. In der Zusammenarbeit mit dir habe ich ja schon die Gelegenheit gehabt, mit dem einen oder anderen zu sprechen. Und Heuschrecken sind mir da am wenigsten untergekommen. Was mir in der Zusammenarbeit Zipcon/Knox sehr gut gefällt, ist, dass wir eben nicht mit dem „Megafon“ übers Land ziehen, sondern dass wir ganz gezielt in die Branche reingehen, wer denn da wie zusammenpasst. Wir suchen lieber den persönlichen Kontakt, als dass wir mit dem Zeppelin über der Stadt ankündigen: „Druckerei Müller sucht neuen Inhaber“.
Jens Freyler: Wenn man mit dem Zeppelin über die Stadt fliegt, dann sehen es eben ganz viele, und im Zweifel auch die, die es gar nichts angeht. Es ist ein Prozess, in dem für mich Vertraulichkeit wichtig ist und bei dem wir – da zähle ich dich und zipcon und natürlich Knox dazu – eben ganz gut die Branche kennen. Wir reden immer wieder mit Leuten. Wir können ein bisschen tiefer in Unternehmen reinblicken, als das vielleicht ein anderer kann. Und wir haben ein relativ gutes Gefühl, was passen könnte. Das ist das Entscheidende. Nicht zu sagen, hier ist eine Druckerei – es gibt hunderte von Druckereien in Deutschland –, und die muss ich alle ansprechen, weil sie ja Käufer sein könnten. Könnten sie theoretisch auch, aber bei 90 Prozent ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie der geeignete Käufer wären, gering. Wenn man aber vorher schaut, wer passt dazu? Wer hat vielleicht schon andere Käufe getätigt? Und was könnte für ihn der Auslöser bei diesem Unternehmen sein? Dann versuche ich, sie persönlich anzusprechen. Das gelingt uns recht gut, weil unser Netzwerk breit ist. Wenn wir an den richtigen Adressaten herankommen und mit diesem dann – sobald wir den vertraulichen Rahmen geklärt haben – nicht nur über das Unternehmen sprechen, sondern über die Punkte, die für den jeweiligen Interessenten spannend sind an dem Unternehmen. Das heißt, es kann sein, dass ich heute über das gleiche Thema anders spreche, als ich es morgen tue. Es ist immer wichtig zu schauen, wo die meisten Mehrwerte sind. Und zwar für alle Seiten, auch für den Unternehmer, der sein Unternehmen verkauft.
Bernd Zipper: Es gibt ja einige, die sich persönlich engagieren möchten, relativ schnell Unternehmen übernehmen und das nach außen entsprechend darstellen. Wie ist da deine Erfahrung? Ist es besser, so einen Verkauf direkt zu machen, also Geschäftsleute untereinander? Oder ist es besser, das über einen M&A Berater zu machen?
Jens Freyler: Einen Teil davon können Geschäftsleute untereinander machen. Es hat aber meines Erachtens einige Nachteile. Ein Nachteil, oder umgekehrt gesagt, ein Vorteil, wenn wir als M&A-Berater involviert sind, ist, dass wir erst einmal anonym arbeiten können. Wir können einen potenziellen Käufer ansprechen und bis zu einem gewissen Grad erst mal das Unternehmen, für das wir arbeiten, anonym halten. Das kann der Unternehmer selbst nicht. Ein weiterer Aspekt ist, es frisst irre viel Zeit. Und eigentlich ist die Hauptaufgabe des Unternehmers, sein Unternehmen weiterhin operativ auf Kurs zu halten, während so eines Verkaufsprozesses, der gerne auch mal neun bis zwölf Monate gehen kann. Wenn der Unternehmer in dieser Phase zu viel Zeit auf das Thema M&A oder den Verkaufsprozess verwendet, schadet das möglicherweise seinem operativen Erfolg. Das darf unter keinen Umständen passieren.
Es sind viele Aufgaben, die im Rahmen eines Verkaufsprozesses auf einen zukommen und für die es gut ist, wenn man jemanden einbindet, der relativ viel Erfahrung damit hat. Das hat der Unternehmer normalerweise nicht, denn in der Regel verkauft er sein Unternehmen nur einmal. Wir machen das mehrmals im Jahr und wir machen das mehrmals im Jahr in der Druckbranche. Insofern ist da unser Erfahrungsschatz einfach deutlich größer. Trotzdem kann es Einzelfälle geben, wo aus Kooperationspartnerschaften Beteiligungen werden, weil man sowieso so viel gemeinsam macht. Dann geht das seinen Weg. Aber auch dann braucht man irgendwann einen M&A-Berater oder einen guten Anwalt, aber dann hat man vielleicht zwei Drittel des Weges schon gemacht.
Bernd Zipper: Ich glaube, dass es im Markt mittlerweile eine andere Dynamik gibt, als noch vor ein paar Jahren. Heute ist es fast schon „en vogue“, Unternehmen zusammenzuführen, kleine Unternehmensgruppen aufzubauen und entsprechend schlagkräftiger an den Markt zu gehen. Wie siehst du das im Moment? Hast du Erfahrungen mit kleineren Gruppen?
Jens Freyler: Ja, das Bild verändert sich im Moment. Man hat ja vor Corona gesehen, dass es ein paar „übliche Verdächtige“ gab. Das heißt, die großen Onlinedrucker, die gewachsen sind und die immer mal links und rechts des Weges ein Unternehmen dazukaufen konnten. Da ist es ruhiger geworden in der Corona-Zeit, weil natürlich allgemein in der Druckbranche die Auslastung zurückgegangen ist und man andere Themen hat, um die man sich kümmern muss. Aber es kommen andere auf den Markt. Es kommen andere, die, wie du sagst, Gruppen bilden. Es wird wahrgenommen, dass es einen gewissen Konsolidierungsbedarf in der Branche gibt. Und das ist ein Feld, das für Investoren interessant ist. Insofern gibt es da Aktivitäten. Es gibt immer mehr sogenannte Cross-Border-Transaktionen, wie wir sie nennen, in denen ein Unternehmen über die Landesgrenzen blickt. Da haben wir in Deutschland die gute Situation, dass wir mitten in Europa liegen und ein bevölkerungsreiches Land sind. Das heißt, wenn jemand – ich erfinde jetzt mal was – aus Benelux in ein Nachbarland guckt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich in Deutschland umsieht, relativ hoch. Insofern ist die Position für deutsche Unternehmen gar nicht so schlecht. Das bedeutet, man muss gesehen und wahrgenommen werden von denen in Resteuropa – oder man muss sich denen zeigen oder auf sie zugehen.
Bernd Zipper: Jetzt sind wir beide als Unternehmen da ja schon richtig gut aktiv. Und vor einem halben Jahr kamst du auf die Idee, Print-Exchange.de, zu gründen, also „Exchange“ von „Stock Exchange Market“ abgeleitet. Wir waren Feuer und Flamme und haben auch mitgemischt. Vielleicht kannst du noch mal kurz deine Idee skizzieren, warum ihr das initiiert habt?
Jens Freyler: Wir haben erkannt, dass es im Druckmarkt viele Veränderungsprozesse und viele Themen gibt. Und es gibt kleinere Unternehmen, die wirtschaftlich schwieriger aufgestellt sind und die sich schwertun, in einen professionellen Beratungsprozess einzutreten. Gerade für sie ist es wichtig, dass es einen Marktplatz gibt. Das war die eine Intention. Die andere Intention war, dass wir gesehen haben, dass es immer internationaler wird. Das heißt, man muss einen Raum schaffen, in dem ein Unternehmen aus Deutschland ein Unternehmen aus Polen entdecken kann oder ein Unternehmen in Spanien, in Portugal oder in Italien, wo auch immer. Und umgekehrt, in beide Richtungen. Da kamen wir auf die Idee, eine Plattform – Print-eXchange – ins Leben zu rufen. Es ist nicht die erste Plattform dieser Art. Es gibt einige, die allerdings branchenübergreifend sind. Da gab es einige Punkte, die mich immer wieder gestört haben. Zum einen, dass manche eine irre Zahl an möglichen Unternehmen gelistet haben, dass aber meine Druckerei zwischen Handwerksbetrieben, Teeläden und Gastronomie untergeht. Und wenn ich als Interessent sehe, da sind – übertrieben ausgedrückt –tausende von Annoncen, die mich alle nicht interessieren, verliere ich schnell die Lust, mich da durchzuwühlen. Wir haben nun eine Plattform, die sich komplett in der Druckindustrie bewegt. Das kann Themen am Randbereich betreffen. Ich sage mal Druckmaschinen, Verlagswesen, Verbrauchsmaterialien – all das sind Themen, die dazu passen. Aber eigentlich sollte jeder Druckunternehmer, der auf print-eXchange geht, sagen können, damit kann ich etwas anfangen.
Das ist das eine Thema. Das andere Thema ist, dass wir gesagt haben, wir wollen einem Unternehmer, für den ein Firmenverkauf eben eine besondere Herausforderung ist, dabei helfen, eine qualitativ hochwertige Anzeige zu gestalten, die trotzdem vertraulich ist und seine Anonymität wahrt. Wir achten darauf, dass das Unternehmen nicht auf Anhieb identifizierbar ist, und sich trotzdem so darstellt, um die richtigen Adressaten anzusprechen.
Bernd Zipper: Das heißt, man schaltet auf Print-eXchange, dieser Unternehmensbörse der Druckindustrie, eine Anzeige, um präsent zu sein und kann dann angeben, ob man ein Unternehmen sucht oder eines verkaufen will.
Jens Freyler: Ja.
Bernd Zipper: Und ich werde nicht gleich am nächsten Tag angerufen von euch?
Jens Freyler: Möglicherweise schon, weil wir helfen wollen, die Annonce richtig zu formulieren, aber danach wird der Unternehmer in Ruhe gelassen. Wir schauen, welche Reaktionen kommen, wir sorgen dafür, dass eine Vertraulichkeitserklärung eingehalten wird und dann erhält der Unternehmer per E-Mail die Interessensbekundungen. Es liegt in seiner Hand, bei wem er wie reagiert. Dafür kann er sich mit uns abstimmen. Er kann in Ruhe sichten, wer sich gemeldet hat, und entscheiden, ob er denjenigen für einen seriösen Interessenten hält, was wir natürlich hoffen. Er kann sich fragen: „Passt der zu mir, will ich ihn ansprechen?“ Vielleicht gibt es da zwei, drei, bei denen er im ersten Moment kein so gutes Gefühl hat und erst einmal nicht darauf reagiert? Das hat der Unternehmer selbst in der Hand. Wie früher bei einer klassischen Chiffreanzeige.
Bernd Zipper: Das heißt also, ihr helft da als Plattform – aber ihr seid nicht diejenigen, die hinterher noch die heiße Akquise am Telefon machen, um neue M&A-Kunden zu bekommen?
Jens Freyler: Nein, absolut nicht. Das ist nicht unser Interesse. Auf der Plattform steht, dass es auch andere Themen gibt, die wir abdecken können. So kann Print-eXchange für einen Unternehmer die ideale Lösung sein, trotzdem beantwortet sie nicht die Frage, was das Unternehmen wert ist. Wenn der Unternehmer ergänzend Unterstützung haben will, um beispielsweise eine Hausnummer zu finden, damit er überhaupt weiß, ob seine Vorstellung fair oder gut ist, dann sind das zusätzliche Themen, über die er natürlich gerne mit uns sprechen kann. Das ist aber nicht der Kern der Plattform und es ist nicht unser Interesse, da ein Upselling zu betreiben. Die Plattform steht für sich allein. Sie wird in wenigen Tagen in englischer Sprache verfügbar sein, um eben mehr oder weniger europaweit potenzielle Interessenten anzusprechen.
Bernd Zipper: Noch einmal zum Verfahren: Ich gehe auf Print-Exchange.de und klicke auf Inserieren und stelle mein Inserat ein. Korrekt?
Jens Freyler: Genau.
Bernd Zipper: Das ist wie eine ganz normale Chiffreanzeige, beziehungsweise eine normale Anzeige. Was kostet mich der Spaß?
Jens Freyler: Der Spaß ist so gestaltet, dass wir das unterteilen in die Art der Unterstützung, die der Unternehmer will. Das Basis-Angebot kostet 95 Euro. Das Ausbaupaket ist ein bisschen umfangreicher. Dann ist es aber so, dass persönliche Beratungsleistung von uns integriert ist, wenn der Unternehmer das wünscht. Hinzu kommt eine Erfolgsprovision, wenn über die Plattform ein Verkauf oder ein Kauf zustande kommt; und nur dann. Im M&A ist es üblich, und so arbeiten wir normalerweise, dass man exklusiv mit einem Berater zusammenarbeitet. Das wollen wir hier gar nicht. Wir sagen: Nur, wenn über die Plattform etwas zustande kommt, dann muss sie natürlich, davon lebt sie, eine Erfolgsprovision abrechnen.
Bernd Zipper: Du hast neben zipcon noch andere Partner mit an Bord. Der Verband Nordost ist ebenfalls mit dabei.
Jens Freyler: Der Verband Druck und Medien Nordost ist von Anfang an als Partner dabei gewesen. Mit anderen Verbänden reden wir, da folgen möglicherweise bald noch mehr. Denn der Verband Druck und Medien sieht das gleiche Thema, nämlich, dass es Branchenunternehmen gibt, die Schwierigkeiten haben damit, einen Nachfolger zu finden und dass da eine Lösung her muss. Mit dem Verband Druck und Medien Nordost, und da sind wir offen für andere Partner, haben wir das Angebot so gestaltet, dass Verbandsmitglieder das umfangreichere Paket, also das mit der Beratung, kostenlos erhalten, abgesehen von der Erfolgsprovision. Die käme, wenn wir dann wirklich erfolgreich sind. Uns ist wichtig, dass auf dieser Plattform die Qualität sichergestellt ist, dass die Anonymität sichergestellt ist und dass eine Treffsicherheit gegeben ist. Und dafür investieren wir gerne zwei, drei Stunden für ein Telefonat oder für einen Video-Call, um uns aneinander heranzutasten und eine Lösung zu finden, mit der wir uns alle wohlfühlen.
Bernd Zipper: Ich kann jedem nur empfehlen, sich das mal anzuschauen, selbst wenn er kein Interesse daran hat, sein Unternehmen abzutreten oder andere Unternehmen zu übernehmen. Warum? Dort gibt es ein hervorragendes M&A-Glossar, das die komplexen und teilweise schrägen Begriffe, die es im M&A-Business gibt, erklärt. Es ist doch gut zu wissen, was es bedeutet, wenn jemand sagt, „Hey, wir zwei machen jetzt mal einen coolen Asset Deal!“.
Jens Freyler: Ja.
Bernd Zipper: Was passiert denn üblicherweise, wenn ein Unternehmer bei dir anruft? Wie ist der Ablauf, vom Erstgespräch bis zum möglichen Verkauf?
Jens Freyler: Wenn ein Unternehmer bei uns anruft, dann versuchen wir natürlich erst einmal, uns abzutasten und zu erkennen, was das Unternehmen auszeichnet. Was macht es besonders und wie ist die konkrete Situation? Und wenn sich der Unternehmer entschließt, dass wir dieses Thema zusammen angehen, dann ist es unsere Aufgabenstellung, zu verstehen, was für ihn wichtig ist. Was vielleicht auch aus der persönlichen Situation heraus für ihn wichtig ist und für das Unternehmen. Das ist zentral für mich und eine wichtige Aufgabe, auf die wir viel Zeit verwenden. Wir nennen das, ein „Fact Book“ zu entwickeln; so etwas wie ein Verkaufsprospekt des Unternehmens. Ein Unternehmer tendiert oft dazu, sein Unternehmen bzw. den Verkauf nicht an die große Glocke zu hängen und das ist ja vertraulich. Das ist richtig. Aber trotzdem geht es um einen Verkaufsprozess. Und das heißt: Wenn wir etwas verkaufen, dann müssen wir es darstellen. Wir müssen es erläutern, wir müssen es vielleicht auch plakativ dokumentieren. Und das ist das, was wir in dem „Fact Book“ machen.
Das heißt, dieses „Fact Book“ sammelt Fakten über das Unternehmen, es stellt die Historie dar, das Management, das Team, die Produktstruktur, die Auftraggeber – nicht alles in Reinschrift, durchaus ein bisschen anonymisiert. Aber es stellt die wirtschaftliche Situation, die Marktsituation, die Planungsszenarien und die Potenziale, die man sieht, dar. All das stellen wir in einem Paper zusammen und sammeln parallel – und das brauchen wir dafür auch – ganz viele Unterlagen. Also wirtschaftliche, juristische, steuerliche Unterlagen des Unternehmens, die man später im Verkaufsprozess braucht. Wenn wir das haben, dann gehen wir in die Ansprache möglicher Interessenten. Das machen wir je nachdem, wie unser Auftraggeber es will, entweder völlig frei oder wir stimmen es einzeln mit ihm ab. Auch eine Ausschlussliste kann man machen und dann gehen wir in die Ansprache. Das heißt, wir sprechen die potenziellen Interessenten an. Fühlen persönlich vor, ob das interessant sein kann, verraten zu diesem Moment aber noch nicht den Namen des Unternehmens. Wenn wir merken, da ist ernsthaftes Interesse, beschließen wir eine Vertraulichkeitserklärung, sodass alle Informationen, die der Interessent erhält – und das sind viele Informationen, wenn er das Unternehmen wirklich kaufen will –, dass er diese vertraulich behandeln muss. Wenn dem so ist, dann schicken wir ihm das „Fact Book“. Dann geht es meistens in erste Rückfragen und dann in ein persönliches Gespräch.
Der Unternehmer muss sich darüber bewusst sein, dass, wenn wir mehrere Interessenten gleichzeitig ansprechen, mehrere Interessenten in sein Unternehmen kommen möchten und es idealerweise im laufenden Betrieb sehen wollen. Das muss man prüfen, ob es passt. Kommt das in seinem Unternehmen ab und zu vor oder wundern sich die Mitarbeiter, wenn der Unternehmer plötzlich innerhalb von 14 Tagen drei oder vier Mal mit Jens Freyler und irgendwelchen anderen Leuten da durchläuft? Wenn man dann so weit ist, kommt die Phase, in der Unterlagen bereitgestellt werden müssen, in der der Interessent vielleicht auch seinen eigenen M&A-Berater oder Wirtschaftsprüfer oder Juristen einbindet und die Details durchleuchtet werden. Unser Auftraggeber muss sich außerdem darüber bewusst sein, dass man irgendwann über echte Kunden spricht, vielleicht ein paar Musterkalkulationen für Produkte macht und wir dann gemeinsam entscheiden, welche dieser Interessenten die spannendsten sind. Mit denen gehen wir dann in die Detailverhandlung. Danach geht es in Vertragsverhandlungen, in eine Vertragsgestaltung und dann irgendwann zum Notartermin.
Bernd Zipper: Gibt es denn eine Faustformel, wie lang so etwas dauert?
Jens Freyler: Meine Faustformel ist immer neun bis zwölf Monate. Es gibt den einen oder anderen, der sagt, man muss sich fünf Jahre damit beschäftigen, das ist meines Erachtens Unsinn. Man kann sich fünf Jahre vorher erst einmal grundsätzlich informieren und dafür mit euch oder mit uns ein Gespräch führen. Man kann sich vorher damit auseinandersetzen, wie so eine Bewertung funktioniert. Und ob es das eine oder andere gibt, das man tun kann, um die Bewertung seines Unternehmens zu verbessern. Das kann man zwei oder drei Jahre vorher anfangen. Aber der echte M&A-Prozess darf nicht drei oder vier Jahre dauern. Neun bis zwölf Monate sind ein realistischer Zeitraum. Wir haben in der Corona-Zeit bemerkt, dass alles ein bisschen langsamer ging, gefühlt etwa zwei bis drei Monate länger dauerte. Und vielleicht ist das im Moment auch noch so. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass es in vier Wochen geschafft ist. Der schnellste Fall, den wir jemals hatten, war, dass wir in fünf Monaten vom Erstgespräch bis zum Notartermin gekommen sind. Und das ist wirklich sehr schnell. Da hat vieles gepasst.
Bernd Zipper: Thema Unternehmensbewertung. Wie kann ich als Otto-Normal-Unternehmer den Wert meines Unternehmens beziffern? Gibt es eine Faustformel, mit der ich eine Hausnummer für mich bestimmen kann, was mein Unternehmen wert ist?
Jens Freyler: Ja, die gibt es, das ist aber nicht ganz so leicht. Es klingt leicht, weil das Multiplikator-Verfahren eigentlich das Ergebnis als Basis nimmt. In der Druckbranche spricht man in der Regel über das EBITDA, also das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen. Man nimmt das Ergebnis und multipliziert das mit einem Multiplikator. Meine Faustformel, wenn ich es ganz einfach und schnell haben will, ist, ich nehme das EBITDA und nehme das mal sechs. Das klingt super simpel, denn es sind nur zwei Zahlen, die man multiplizieren muss und das Ergebnis ist sofort da. Es ist aber leider nicht ganz so simpel, denn es gibt immer Ausnahmen. Es gibt welche, die konzentrieren sich mehr auf den EBIT. Es gibt welche, die schauen auf den EBITDAL, die beziehen also das Leasing noch mit ein, was in der einen oder anderen Bilanz eines Druckunternehmens durchaus einen massiven Unterschied macht. Es ist immer die Frage, welche Jahre man betrachtet. Schaut man auf die letzten Jahre, oder auf die zukünftigen? Und: Gibt es außerordentliche Effekte oder gibt es eigentümerrelevante Faktoren, die man nicht fortschreiben kann? Also, fährt jemand immer nur Bus und Bahn und man sagt, der könnte sich aber auch einen Audi A4 hinstellen als Geschäftsführer. Oder das umgekehrte Beispiel, da hat jemand zwei Ferraris in der Firma drin und man sagt, das ist aber eher ein Privatvergnügen, das man korrigieren kann. Am Ende geht es eben um einen nachhaltigen, adjustierten EBITDA. Und dieses nachhaltig Adjustierte ist manchmal eben nicht in zwei Minuten zu errechnen.
Bernd Zipper: Das ist ja ein Punkt, an dem wir zusammenarbeiten. Denn wir als zipcon bereiten Unternehmen ja auch darauf vor, dass sie irgendwann verkaufsfähig sind. Und wir haben ja den einen oder anderen Fall gehabt, wo wir weit vor einem Verkauf gemeinsam in Unternehmen aufgeschlagen sind, uns die Strukturen angeguckt haben, dann erst mal zwei Jahre daran gearbeitet haben, dass wir die Unternehmen dazu befähigt haben, dass sie verkauft werden können. Eben durch diese Justierung von kleinen „Luxusgütern“, oder, indem man Abläufe, Prozesse neu denkt und vielleicht die Art und Weise, wie Maschinen genutzt und eingesetzt werden. Das sind Themen, bei denen wir zusammenarbeiten.
Jens Freyler: Ja, absolut. Es gibt die Bezeichnung „Window Dressing“, also ein Unternehmen schön machen für den Verkauf. Davon halte ich nichts, denn wenn man eine Braut nur hübsch macht und man ein erfahrenes Gegenüber hat, erkennt der das hübsch Gemachte und rechnet es wieder raus. Was man machen kann, zwei bis drei Jahre vorher, ist, sich echt operativ mit dem Unternehmen auseinandersetzen und sich fragen: „Was können wir ändern, das wirklich etwas für die Struktur des Unternehmens, für unsere Ertragskraft und damit für unseren Unternehmenswert tut?“ Und das ist in der Regel die Mühe wert, denn es zahlt sich aus, wenn man den Kaufpreis später überwiesen bekommt.
Bernd Zipper: Wie siehst du im Moment die Chancen, im Bereich Druck den passenden Partner für ein Unternehmen zu finden?
Jens Freyler: Die Chancen sehe ich weiterhin als sehr gut an. Um ein bisschen auszuholen: Ich bin viele Jahre bei einer deutschen Großbank in der Firmenkundenbetreuung gewesen. Und ich erinnere mich, dass um das Jahr 2000 herum das Thema „papierloses Büro“ aufkam und es hieß, die Unternehmen der Druckbranche würden bald keine Aufträge mehr haben. Nun sind wir in 2021 angekommen, mein Büro ist immer noch nicht papierlos und es gibt immer noch Druckereien. Ja, Zeitungsdruck wird weiter sinkende Auflagen haben, Zeitschriften, Magazine, Beilagen; es gibt viele Themen, die nicht leicht sind in der Druckbranche. Aber es gibt kein Ende der Druckbranche, sondern es wird weitergehen und es wird immer wieder Innovation und interessante und spannende Entwicklungen geben. Wenn man generell auf den M&A-Markt blickt, dann – das habe ich vor kurzem in einer Statistik oder einer Auswertung gelesen – haben wir im ersten Halbjahr diesen Jahres 2,3-mal so viele Transaktionen gehabt wie im ersten Halbjahr 2020. Wenn wir uns erinnern: Das erste Halbjahr letztes Jahr war drei Monate Corona, drei Monate normal. Also in diesem Jahr – und wir haben immer noch Corona – da haben wir 2,3-mal so viel wie in einem Halbjahr, das teilweise noch völlig unbelastet war von diesem Thema. Das heißt, es ist extrem viel Geld im Markt, die Liquidität ist hoch und Investoren, Strategen, gut aufgestellte Strategen, suchen Investitionsmöglichkeiten. Das ist erst mal gut und das wird so bleiben. Dazu kommt die Situation, dass es eigentlich immer ideal ist, in einen Unternehmensverkauf zu gehen, wenn man Monat für Monat bessere Zahlen schreiben kann. Wenn man heute den Startschuss gibt, würde das heißen, dass man im Februar, März, April Gespräche mit Interessenten führen würde. Und ich habe im Moment die Hoffnung, dass wir im Februar, März, April nächsten Jahres Monat für Monat positive Tendenzen sehen. Rückgängige Corona-Zahlen, steigende Auflagen, Veranstaltungen finden wieder statt und das ist eigentlich eine gute Phase.
Der einzige Wermutstropfen, den ich habe, ist, dass bei so einer Unternehmensbewertung die Verschuldung eine Rolle spielt. Und sicherlich hat der ein oder andere Unternehmer einen Corona-Kredit in Anspruch genommen oder eine schwächere Liquiditätssituation im Moment und das drückt natürlich auf den Unternehmenswert. Aber das sollte sich im nächsten halben oder Dreivierteljahr verbessern. Also, wenn wir noch einmal dran denken, dass so ein Prozess neun bis zwölf Monate dauert, dann spricht nichts dagegen, ihn heute anzufangen.
Bernd Zipper: Ich danke dir. Das waren wichtige Informationen, wenn man einen Einblick in das Thema M&A in Print haben möchte. Ich empfehle den Blick auf Print-Exchange.de. Ich würde gerne das Thema Unternehmensbewertung ein anderes Mal mit dir besprechen, damit man weiß, was die Faktoren in der Unternehmensbewertung in Print sind. Aber für heute danke ich dir, Jens.
