Amazon druckt weiter. Die nächste Ausbaustufe, die den Printbereich des E-Commerce Marktführers weiter ausdehnt, ist erreicht – Amazon und Shutterstock arbeiten zusammen. Was steckt dahinter?
Nicht nur bei dem Anteil an allen Suchanfragen wird der Online-Gigant aus Seattle immer dominanter – und jagt damit Google immer mehr ab –, sondern auch beim E-Commerce an sich. Die Entwicklung des Konzerns ist mächtig, zumal der Aktienkurs von März 2015 (etwa 370 USD) bis März 2016 (etwa 570 USD) und wiederum bis März 2017 (etwa 850 USD) um jeweils mehr als die Hälfte des Vorjahreswertes gestiegen ist. Und erst im Herbst 2016 war es soweit, dass Amazon aktiv bzw. mit „eigener“ Produktion und Abwicklung ins Business rund um den digitalen Fotodruck eingestiegen ist, was für viele Onlinedrucker mit dem gleichen Schwerpunkt einer Schreckensnachricht glich. Jetzt folgt ein weiterer Schritt in Richtung Ausbau der Printproduktion: Amazon tritt nun als Plattform und Drucker für eine mehr als 2.000 verschiedene Poster umfassende, von Shutterstock kuratierte Auswahl an Kunstwerken auf. Der Amazon-Shop dazu heißt The Shutterstock Collection.
Da die Poster aus der Shutterstock Collection nun seit wenigen Tagen über Amazon Prime bestellbar sind, widme ich mich hier auf beyond-print.de der Bedeutung einer derartigen Zusammenarbeit für die Foto- und Onlinedruckbranche. Dass Amazon in vielerlei Hinsicht immer mächtiger wird, wissen nicht nur E-Commerce Spezialisten. Mit Shutterstock – nicht zu verwechseln mit Shutterfly, einem der größten amerikanischen Foto-Onlinedrucker – kooperiert der Onlineriese nun mit einer großen Nummer aus der Stockfotografie. Der damalige Launch von Amazon Prints hatte die Aktie von Shutterfly kurzzeitig abstürzen lassen und den Vorreiter in den USA im Foto-Onlinedruck zu mächtigen Rabattaktionen bewogen – Wirkung hat es also schon, wenn sich der größte Player im Internethandel einem weiteren Feld zuwendet.

Nun aber nochmal zurück zu der Kollaboration: Zwar beschränkt sich das gemeinsame Geschäft zunächst auf rund 2.000 Poster in den Größen 11 x 17″ für 19,99 USD und 18 x 24″ für 21,99 USD, das Potenzial ist aber enorm, da Amazon den gesamten Ablauf mit seinen Vorteilen für Prime-Kunden ausgestattet hat. Bedeutet: Schnelle Lieferung und keine zusätzlichen Versandkosten in den USA bei gleichzeitig großer Menge an Nutzern der Servicevorzüge. Da Shutterstock neben Fotolia und istockphoto eine der größten Bild- und Videodatenbanken weltweit ist, mangelt es bei der Menge an guten Bildern mit Potential für den Shop nicht.
Wie funktioniert Shutterstock solo? Gegen Gebühr können Kunden des Unternehmens mit Hauptsitz in New York City aus mehr als 100 Millionen Bildern und 6 Millionen Videoclips auswählen, um ihren Bedarf an Stock-Medien zu decken. Mehr als 167 Millionen Bilder-Downloads konnte Shutterstock im Jahr 2016 verzeichnen, während der Gesamtumsatz im Vergleich zum Vorjahr um 16 % auf 494 Millionen USD angestiegen ist. Für das Jahr 2017 erwartet der Stockfoto-Anbieter einen Umsatz von mehr als 540 Millionen USD – ich bin gespannt, wie viel die Collection auf Amazon dazu beisteuern wird.
„Coopetition ist diese Zusammenarbeit der beiden Online-Größen nicht. Hingegen potenzieren beide ihr Verkaufspotenzial und gewinnen damit weitere Käufergruppen hinzu – das Nachsehen könnten die Künstler haben, deren lizensierte Bilder nun über Amazon erhältlich sind.“ – Bernd Zipper
Die Poster werden im Digitaldruck von einer (nicht genannten) ISO-zertifizierten Druckerei in den USA auf mehr als 2mm dickem Papier gedruckt. Damit reicht die Qualität des Produkts z. B. auch für das Aufziehen auf Keilrahmen aus. Für Shutterstock bedeutet das Angebot über Amazon neben dem digitalen einen zusätzlichen Absatzkanal; der E-Commerce Marktführer hingegen kann damit seinen Printbereich in eigener Verantwortung ausbauen und ihn mit dem renommierten Namen der Bilddatenbank verbinden. Wahrscheinlich wollen die mit den gut 2.000 ausgewählten Bildern erstmal starten und die Resonanz abwarten. Wie gesagt – bei täglich etwa 100.000 neuen Bildern ist der Fundus groß genug, um die Kollektion, die zunächst Bilder aus den Bereichen Tierwelt, Reisen und Landschaften umfasst, weiter auszubauen. Aktuell scheint es aber noch nicht ganz rund zu laufen mit dem Druck, denn die Auslieferung der Poster kann Amazon noch nicht konkret terminieren. Bestellen können die Kunden aber schon. Dass die Erweiterung des Angebots über den Amazon-Shop nicht abwegig ist, lässt auch eine Managerin des Unternehmens auf Shutterstocks eigenem Blog verlautbaren: “In the future, the offering may be expanded to include more of the diverse image collections from Shutterstock.”

Professionelle Fotografen und andere Künstler, die ihr Bildmaterial über Shutterstock anbieten, müssen jedoch darauf hoffen, dass sie auch ihren Teil davon abbekommen – das hängt im Wesentlichen davon ab, wie viel Amazon von den Erlösen freigibt und davon, ob die Urheber bei solchen Kollaborationen in ihren Lizenzverträgen bedacht werden. Dicke Konkurrenz bedeutet das Angebot von Posters and Prints auf jeden Fall für viele Drucker und Anbieter von Großbildern für Wohn- und Arbeitsräume. Denn mit der großen Zahl an hochwertigen Bildern des Stockfoto-Anbieters und der für mittlerweile sehr (!) viele Besteller gewohnt einfachen und zügigen Kaufabwicklung über Prime kann so mancher andere Drucker und Webshop in Vergessenheit geraten.
My Take: Der aktuelle Streich des Online-Giganten ist zwar für den (Online-) Druck nicht ganz so bedeutend wie das Amazon Prints-Programm, aber er zeigt, dass er es mit dem Anbieten von Gedrucktem durchaus ernst meint und darin auch weiterwachsen will. Shutterstock muss zwar einen Teil des Geldes an Amazon abgeben, erfährt aber durch die große Zahl an Prime-Kunden eine noch breitere und zudem „zuverlässige“ Käuferschicht – es profitieren also beide von der Kollektion. Amazon macht mit seiner Reise in den Druckbereich also weiter – Fortsetzung folgt sicherlich…
Discussion3 Kommentare
2014 kaufte Adobe für 800 Mio. Dollar den Stockfotografie-Primus Fotolia und integrierte das gesamte Fotolia-Archiv in seine Creative-Cloud-Lösung. So wurden die 34 Millionen Bilder und Videos zum Hebel, mit dem Adobe seine Cloud rund um Photoshop, Freehand, Indesign & Co. noch attraktiver machte. Inzwischen können Art Direktoren bei Fotorecherche und Fotobearbeitung in ein- und derselben Umgebung arbeiten. Bequemlichkeit siegt. Koste es, was es wolle.
Und was für Profi-Anwender gilt, kommt bei Laien-Anwendern erst recht an. Amazon setzt mit Shutterstock den richtigen Hebel an, um sich Print-Kunden zu angeln, denen das fehlt, was andere erst mühselig erstellen müssen: eigene Contents.
Merke: Billig und schnell zu drucken, reicht heute nicht mehr, um im Online-Print zu überleben. Man muss bequem und einfach hochwertige Mehrwerte bieten, die es anderswo nicht gibt.
Hallo Bernd,
wie sieht’s denn aus – wann sind diese Services in Deutschland zu erwarten? Es gibt in USA auch den Bereich amazon custom, den es hier (noch) nicht gibt. Amazon selbst kann oder will keine Antwort darauf geben.
Viele Grüße
Hi Ralph, sorry – hatte den Kommentar nicht gesehen. Wenn man sich anschaut wie Amazon das regelt, dann testen die erst und rollen dann aus. Daher kann das niemand sagen ob und wie Amazon an dieses Thema rangeht. Gruß – Bernd