Krise: Arbeiten am Vermummungsgebot

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Leute mit Mundschutz? Das waren doch immer die Touristen aus Asien mit ihrer Angst vor … ja, wovor eigentlich? Ach ja, beim Lackieren oder irgendwelchen staubigen Arbeiten werden ja auch Masken getragen und vor allem von den Menschen in Krankenhäusern und Arztpraxen. Aber ein Mundschutz im Supermarkt oder Bus? Das war bis vor einigen Tagen in Deutschland eher die Ausnahme.

Das hat sich geändert, nachdem Experten und auch die Bundesregierung dringend den Gebrauch von Mund- und Nasen-Masken im öffentlichen Raum empfehlen, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus durch ungewollte Tröpfcheninfektion aufzuhalten. Mit der Einführung der Maskenpflicht in einigen Bundesländern und der dringenden Empfehlung des Bundes, sich selbst und andere zu schützen, entsteht ein enorm hoher Bedarf an Mund-Nasen-Bedeckungen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier bezifferte den Bedarf auf bis zu zwölf Milliarden Schutzmasken pro Jahr. Ein riesiger Markt für Alltagsmasken also, der da entsteht.

Medizinische Atemschutzmasken (da ist immer die Rede von FFP2- oder FFP3-Masken) sind aufgrund der weltweiten Pandemie nach wie vor kaum erhältlich. Krankenhäuser und Arztpraxen kämpfen mit Engpässen. Für den Alltagsgebrauch eignen sich aber auch einfache Gesichtsmasken. Die bieten zwar keinen Selbstschutz, verhindern aber, dass man andere ansteckt. Und lassen sich sogar selbst herstellen.

Onlineprinters hat einen Teil seiner Fertigung in Neustadt an der Aisch auf die Herstellung von Gesichtsmasken umgestellt. Die können auch individuell bedruckt werden. (Source: onlineprinters.de)

Wie? Das wollten wir auch mal wissen und fanden bei Google über 1,5 Millionen Einträge beim Stichwort „Gesichtsmaske selbst nähen“ und 4,7 Millionen Einträge, gibt man nur „Gesichtsmaske“ ein. Anleitungen zum Selbstnähen, Kaufempfehlungen und vieles mehr ist hier schon auf den ersten Seiten zu finden. Selbstnähen ist aber nicht jedermanns Sache. Deshalb hat uns eine Presseinformation von Onlineprinters neugierig gemacht und uns dazu inspiriert einmal nachzuschauen, was die Onlinedruck-Gemeinde so alles treibt in Sachen Coronavirus.

Statt Fahnen, Flaggen oder Bespannungen für Messesysteme nähen die Mitarbeiterinnen von diedruckerei.de im Bereich Großformatdruck nun Gesichtsmasken im Minutentakt. (© Photo by Thomas Paulus / onlineprinters.de)

Einen Beitrag leisten

Onlineprinters jedenfalls hat einen Teil seiner Fertigung in Neustadt an der Aisch auf die Herstellung von Gesichtsmasken umgestellt. Im Bereich Großformatdruck, wo ansonsten Fahnen, Flaggen oder Bespannungen für Messesysteme hergestellt werden, nähen die Mitarbeiterinnen nun Gesichtsmasken im Minutentakt. Auch Flyeralarm hat seine Schneidemaschinen in den Produktionsanlagen umgerüstet und die eigene Nähabteilung vollumfänglich für die Maskenproduktion eingespannt.

„Nach allem, was wir von Experten hören, hilft das Tragen von Gesichtsmasken, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Wir haben uns daher entschieden, einen Beitrag dazu zu leisten und damit begonnen, Stoffmasken zu produzieren“, erläutert Roland Keppler, CEO der Onlineprinters-Gruppe. Nach einer zehntägigen Entwicklungszeit sind die Gesichtsmasken nun im Onlineshop verfügbar.

Pro Woche können bis zu 10.000 Stück hergestellt werden, doch die Onlinedruckerei wird die Kapazitäten bei Bedarf ausweiten. „Die Materialien hierfür liegen bereits auf Lager“, bestätigt Keppler. „Die ersten Gesichtsmasken gingen an unsere Mitarbeiter und ihre Familien. Auch für soziale oder karitative Einrichtungen an unseren Unternehmensstandorten Neustadt an der Aisch und Fürth stellen wir 10.000 Stück zur Verfügung.“

Die Stoffmasken von Onlineprinters bestehen aus 240 g/m² Polyester-Textil, sind bei 60° C waschbar und danach wiederverwendbar, werden in verschiedenen Ausführungen angeboten und können auch individuell bedruckt werden. Bestellt werden können Klein- und Kleinstmengen ab 10 Stück und zu einem Preis ab knapp 80 Euro bis 166,00 Euro (inklusive Mehrwertsteuer) für individuell bedruckte Masken.

Neben Gesichtsmasken sind bereits andere Produkte verfügbar wie etwa Aufkleber, Aufsteller oder Roll-up-Systeme. Es sollen aber noch weitere Produkte in das Sortiment aufgenommen werden, darunter zertifizierte Sicherheitsaufkleber, Aufsteller für Handdesinfektionsmittel sowie Plexiglaswände. Ähnlich bei Flyeralarm, wo das Angebot neben Mund-Nasen-Bedeckungen, die auch individualisiert werden können, Abstandswände, Raumtrenner, Spuckschutz, Desinfektions- und Reinigungstücher, Hinweisschilder etc. umfasst.

„Not macht erfinderisch – oder ermöglicht den Horizont zu erweitern. So ist es nur logisch, dass Onlineprinters, Flyeralarm, Picanova, Cimpress und Co. nun auf Schutzmasken setzen. Dies kann zwar den allgemeinen Umsatzrückgang in Print nicht kompensieren, der Bereich Schutzmasken boomt aber und generiert damit wichtigen und wertvollen Umsatz. Problematisch sind noch die Lieferzeiten, aber wenn das Vermummungsgebot gegen die Ausbreitung des Virus hilft und zeitgleich noch Arbeitsplätze rettet – ist allen geholfen.“ – Bernd Zipper.

Masken und Visiere

Inzwischen haben etliche Onlinedrucker Masken oder Gesichtsvisiere, die auch Stirn und Kinn bedecken, im Angebot. Auch bei Vistaprint, Picanova, Saxoprint, primusprint, Wir machen Druck oder print4reseller sind wir fündig geworden. Sie alle bieten Alltags- oder Einwegmasken unterschiedlicher Art und Güte an. Dabei reicht das Angebot von hochwertigen Stoffmasken in verschiedenen Ausführungen bis zu einfachen Masken aus Karton und Papier.

All diese Schutzmasken sind, um es noch einmal zu betonen, weder Medizinprodukte, noch eine Schutzausrüstung. Bei den Gesichtsmasken handelt es sich um sogenannte „Community-Masken“, die im Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus eingesetzt werden. Die Wirkung der Behelfsmasken ist abhängig von der Dichte des Materials und der Dicke der Masken. Zusätzlich können weitere Filter wie Papiertaschentücher in dafür vorgesehenen Taschen die Wirkung verstärken. Die Masken aus 100% Polyester können das Risiko einer Übertragung von Erregern auf andere vermindern, bieten aber keinen Infektionsschutz für sich selbst.

Johnen Druck bietet gleich eine Hygienestation, digital gedruckt auf Alu Dibond, mit Spenderhalter für die Händedesinfektion und einem Spender für die Einwegmasken an. (Source: Johnen Druck)

Während Stoffmasken bei einigen Onlinedruckereien angeboten werden, gehen Saxoprint und andere Druckereien den eher naheliegenden Weg und drucken auf Karton oder Papier. So produziert Print4Reseller Einwegmasken aus Papier und Johnen Druck aus Bernkastel-Kues hat gleich ein eigenes Portal meinspuckschutz.de aufgesetzt, auf dem individualisierbare Einwegmasken aus Karton, Spuckschutzwände und Hygienestationen für Desinfektion und Mundschutz angeboten werden. Die Hygienestation besteht aus 4 mm starkem Alu Dibond im Format 600 x 1.350 mm, auf dem ein Spenderhalter für die Händedesinfektion samt leerer 500 ml Flasche mit Dosierpumpe und ein Ausgabespender für die genannten Einwegmasken montiert sind.

Der Ansatz von Johnen ist vor allem für den „sofortigen“ und unmittelbaren Einsatz in Supermärkten etc. gedacht und eine gute Idee – so kann ein Unternehmer seine Kunden unterstützen sich und andere zu schützen. Bemerkenswert ist der Unternehmergeist den Johnen an den Tag legt – von der Produktentwicklung, über die Erstellung der Website bis zur ersten Auslieferung vergingen kaum zehn Tage.

Neben Gesichtsvisieren (ab 100 Stück zum Preis von 0,90 €) stellen die Dresdner aus 300 g/m² GC-Karton bestehende Gesichtsmasken her, die bereits ab 0,08 € pro Stück erhältlich sind – wenn man mindestens 5.000 Stück abnimmt. Oder 0,09 € bei der Abnahme von 500 Stück. Auf Wunsch auch mit Aufdruck, dann aber wiederum mindestens 5.000 Stück für je 0,29 €. Diese Masken werden plano inklusive einem Gummiband geliefert. Benötigt wird noch ein Papiertaschentuch als Filter (nicht im Preis enthalten).

Eine eher abenteuerlich anmutende Variante – und auch alles andere als hübsch, wenn man bei Masken davon überhaupt reden kann. Aber es sieht so aus, dass Gesichtsmasken – wie in Asien – auch hierzulande künftig fest zum Straßenbild gehören werden. Und es gibt Stimmen, die davon ausgehen, dass Masken mehr und mehr von einem Produkt mit semi-medizinischem Charakter zu einem Mode-Accessoire werden könnten. Die Menschen wollen, so hört man, mit einer Maske nicht nur andere schützen, sondern dabei auch gut aussehen.

Tapfer wie ich bin, habe ich natürlich einen Selbstversuch gestartet und sowohl den „Spuckschutz“ von Johnen, die Maske von Onlineprinters und die Maske von Flyeralarm selbst ausprobiert. Gut, von einem „modischen“ Accessoire sind wir weit entfernt – aber wenn’s hilft, ist man sich ja zu nichts zu fein. Für zipcon consulting haben wir uns ebenfalls für mehrfach nutzbare Textilmasken entschieden, die wir unseren Kollegen (ja, die im Homeoffice) zur Verfügung stellen. Denn die Gesundheit geht vor und wir sind glücklich, dass wir bisher alle verschont wurden. Das soll gerne so bleiben.

My Take: Aus einer Umfrage unter österreichischen Druckern wissen wir, dass seit Ausbruch der Coronakrise bereits 23% der Druckereien neue Produkte und Services anbieten, 8% an Produktentwicklungen arbeiten und dass 25% demnächst neue Services lancieren wollen. Manche produzieren jetzt Schutzwände für Handel und Arztpraxen, andere wiederum Mundschutz und wieder andere drucken mit anti-mikrobiellem Lack, der Oberflächen desinfiziert. Man muss ja nicht gleich von ungebrochener Innovationskraft der Branche sprechen, kann aber dennoch feststellen, dass etliche Druckereien ideenreicher und agiler sind, als bisher angenommen. Offenbar sehen sie auch die Chance, Strukturen zu überdenken, Prozesse zu optimieren, Vertrieb und Marketing neu aufzustellen – für die Zeit während und nach Corona. Selbst wenn dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, es ist ein Ansatz das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und nicht darauf zu vertrauen, dass schon irgendwie alles gut wird. Weiter so!
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Leute mit Mundschutz? Das waren doch immer die Touristen aus Asien mit ihrer Angst vor … ja, wovor eigentlich? Ach ja, beim Lackieren oder irgendwelchen staubigen Arbeiten werden ja auch Masken getragen und vor allem von den Menschen in Krankenhäusern und Arztpraxen. Aber ein Mundschutz im Supermarkt oder Bus? Das war bis vor einigen Tagen in Deutschland eher die Ausnahme.
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beyond-print.de

Gründer und CEO von zipcon consulting GmbH, einem der führenden Beratungsunternehmen für die Druck- und Medienindustrie in Mitteleuropa. In den unterschiedlichsten Kundenprojekten begleiten der Technologie- und Strategieberater und sein Team aktiv die praktische Umsetzung. Er entwickelt Visionen, Konzepte und Strategien für die im Printerstellungsprozess beteiligten Akteure der unterschiedlichsten Branchen. Seine Fachgebiete sind u.a. Online-Print, Mass Customization, Strategie- und Technologie Assessment für Print, sowie die Entwicklung neuer Strategien im Print- und Mediaumfeld. Bernd Zipper ist Initiator und Vorsitzender der Initiative Online Print e.V. und neben seiner Beratertätigkeit Autor, Dozent sowie gefragter Referent, Redner und Moderator. Seine visionären Vorträge gelten weltweit als richtungsweisende Managementempfehlungen für die Druck- und Medienindustrie. (Profile auch bei Xing, LinkedIn).

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