Es ist nur ein Test und dennoch für die Online-Print Industrie spektakulär: Vistaprint testet offenbar den Vertrieb von gestaltbaren Visitenkarten auf Amazon.com
Warum ist ein Test spektakulär? Warum probiert Vistaprint mit Amazon.com, ausschließlich in den USA, das Angebot der „Do-it-yourself“-Visitenkarten aus? Und das still und heimlich? Das waren die Fragen, die mir durch den Kopf gegangen sind, als ich vor ein paar Wochen die ersten Tests bemerkt habe. Regelmäßig screenen wir das Netz nach Aktivitäten, die für die Online-Print Industrie interessant sind und so sind wir auf den Test von Vistaprint in den USA gestoßen. Sucht man auf Amazon.com „Vistaprint”, erscheint der Treffer: „Design Your Own Business Cards from Vistaprint“. Nach dem Klick auf ein Template öffnet sich ein entsprechender Editor, analog dem Vistaprint-eigenen Onlineangebot und der Anwender kann in drei übersichtlichen Schritten seine Visitenkarte gestalten: Einfach, schlicht und funktional – jedoch zu einem fürstlichen Preis von knapp 50 Dollar für 250 Visitenkarten.
Der Online-Editor für Visitenkarten ist lediglich begrenzt in Punkto Anzahl der auswählbaren Vorlagen. Die Änderung von Fonts, Textausrichtung, Schriftgröße und der Einsatz von Ebenen werden hier selbst ungeübten Anwendern online erschlossen. Zugegeben, die Templates könnten noch netter sein, aber für einen ersten Test eines Massenzugangs für individuellen Print, ein gelungenes Angebot. Individuelle Drucksachen in einem normalen Onlineshop wie Amazon sind für normale Anwender wahrscheinlich so selbstverständlich wie der Kauf von einem Buch oder einer DVD, für Insider jedoch zeigt sich hier: Vistaprint meint es ernst mit dem Thema Mass Customization.
Im Rahmen meiner Recherchen sprach ich mit Robert Keane, CEO von Cimpress (und damit ebenso von Vistaprint), um mehr über das Thema zu erfahren: „Wir glauben dies hat spannendes langfristiges Potenzial, aber kein Potential, in dem ich eine wesentliche kurzfristige Auswirkung auf Cimpress als Ganzes erwarte. Wie Du weißt, und wie ich das auf dem Online Print Symposium im Frühjahr 2015 in München thematisiert habe, ist die Strategie von Cimpress, im Markt mit mehreren Händlern, mit unseren beiden Markenportfolios, aber auch über Partnerschaften anzutreten, und die Partnerschaft zwischen Vistaprint und Amazon unterstützt diese Strategie.“
Robert Keane stellt aber auch klar: „Unser Angebot bei Amazon ist lediglich ein Test, derzeit auf ein Produkt beschränkt und nur in USA mit eingeschränkten Auswahlmöglichkeiten erhältlich“.
„Erstmals nutzt Vistaprint einen Breitenshop um persönliche Printprodukte anzubieten und macht zugleich individuelle Printprodukte für den Massenmarkt zugänglich“
Und so ist dieser Live-Test – liest man zwischen Roberts Zeilen und hat man sein Interview mit mir im Sinn – durchaus sehr spannend. Erstmals nutzt Vistaprint einen Breitenshop um persönliche Printprodukte anzubieten, bestätigt damit die Rolle als Pionier abermals und macht zugleich individuelle Printprodukte für den Massenmarkt zugänglich. Klar ist aber auch, dass Vistaprint mit diesem Angebot sich in der Zusammenarbeit mit Amazon übt und nun durch diesen Test lernen wird ob es sich ein Angebot über einen Online-Partner rechnet und wie mit personalisierten Produkten im Massenmarkt umgegangen werden muss. Gleichzeitig zeigt der Live-Test das Robert Keane den Konzern auf langfristiges Wachstum einstellt und daran gearbeitet wird neue Angebote als „Print für Jedermann“ zu entwickeln. Ein wichtiger Strategiebaustein für den Print-Giganten – man darf gespannt sein was da noch kommen mag.
DiscussionEin Kommentar
Schön zu sehen, dass wieder ein weiter Fall aufgetaucht ist, bei dem sich direkt auf Amazon ein Produkt gestalten lässt. Schon Mitte Jahren hatte ich die ersten Produkte gesehen und darüber berichtet: http://egoo.de/amazon-mass-customization.html
Allerdings scheint es noch immer keine offizielle Aussage von Amazon dazu zu geben. Wäre schon ein spannender Schritt wenn Amazon in das Geschäft der Produkt-Personalisierung groß einsteigt. Bis jetzt sieht aber noch immer alles nach vereinzelten Kooperationen und Tests aus.