Die Einzelbefragungen von Unternehmen in der Druckindustrie fallen sehr unterschiedlich aus. Während die einen bei etwa 75 % Umsatz des Vorjahresniveaus angekommen sind, stehen bei anderen die Maschinen, zumindest eine Schicht lang, still. Ist das die Ruhe vor dem Insolvenzsturm? Kommt das dicke Ende im vierten Quartal? Dr. Johannes Warther, Senior Consultant bei der renommierten Unternehmensberatung Apenberg & Partner, hat für die Druckindustrie genauer hingesehen.
Viele renommierte Institute haben den Verlauf der aktuellen Krise zu der aus dem Jahre 2009 in Beziehung gesetzt. Im Gegensatz zu anderen Studien hat sich Dr. Warther nicht nur das jeweilige Krisenjahr, sondern auch das jeweilige Vorjahr sowie das Folgejahr, angesehen. Die Studie erlaubt eine Einschätzung, wie sich die Konjunktur in der Druckindustrie entwickeln wird. Wie viele Insolvenzen werden wir in der Folge der Pandemie, innerhalb welchen Zeitraums, erleben? Was können wir aus 2009 ableiten?
Für eine Vorhersage des weiteren Verlaufs stützt sich Dr. Warther auf die Erwartungen von Deutsche Bank Research. Die Volkswirte gehen von einem Rückgang des BIP im Jahr 2020 um neun Prozent und einem anschließenden Anstieg um vier Prozent im Jahr 2021 aus.
Bruttoinlandsprodukt Deutschland

Zwei Faktoren fallen besonders auf: Erstens begann die Krise von 2009 bereits im vierten Quartal des Vorjahres 2008, während der Beginn der Covid-19 Krise in Q1/2020 liegt. Zweitens fällt auf, dass sich das BIP zum Ende des Krisenfolgejahres 2010 auf einen Wert über dem Krisenvorjahreshoch erholt hatte. Die Prognose für 2020 geht hingegen davon aus, dass das BIP zum Ende des Jahres 2021 noch erheblich unter dem Niveau von 2019 liegen wird.
Die Studie betrachtet weiter, wie sich die Umsätze der Druckindustrie im Verhältnis zum BIP verhalten haben. Die Zahlen belegen, dass die Druckindustrie der Entwicklung des BIP in der Vergangenheit auch durch schwere Krisen gefolgt ist.
BIP und Druckindustrie

BIP und Druckindustrie

Die Prosperität der Drucker von Geschäftsdrucksachen steht in Abhängigkeit zum BIP. Sehr schwer werden es laut der Studie die Unternehmen haben, die sich am Markt allein über niedrige Preise behaupten wollen. Unternehmen, die sich über die Qualität der Produkte und/oder die Tiefe ihrer Wertschöpfungskette vom Wettbewerb abheben, sind besser aufgestellt und nun weniger in Mitleidenschaft gezogen. Die Betrachtung umfasst die Umsätze des Wirtschaftszweiges 18.1 „Herstellung von Druckerzeugnissen“. Die Faltschachtelproduktion und Produktion von Lebensmittelverpackungen sind darin nicht enthalten.
Wie haben sich die Insolvenzen um 2009 entwickelt? Die Anzahl der Insolvenzen haben von 2008 auf 2009 um 38,7 Prozent zugenommen. Vergleicht man damit die Anzahl der Insolvenzanmeldungen 2019 sowie im ersten Quartal 2020 zeigt sich, dass der Trend der Insolvenzanmeldungen bislang zurück geht.
Davon ausgehend, dass Olaf Scholz kein Pulver mehr für einen zweiten Bazooka-Schuss hat, ist für das vierte Quartal mit einem massiven Anstieg der Insolvenzen innerhalb der Druckindustrie und besonders bei Akzidenzdruckern zu rechnen. Geht man davon aus, dass sich die Entwicklung 2021 weiter fortsetzt, ist auch im ersten Quartal 2021 noch mit vielen Insolvenzen zu rechnen. Alle Prognosen basieren darauf, dass keine zweite Welle einen erneuten Stillstand hervorruft, dessen Ausmaß mit den Einbrüchen der vergangenen Monate vergleichbar wäre.
