Markt: Cimpress – Ende des Wachstums?

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Cimpress hat kürzlich seine aktuellen Quartalszahlen vorgestellt. In den begleitenden Schreiben äußerte sich Robert Keane, der CEO des Onlineprint-Marktführers, äußerst zuversichtlich zur Zukunft seines Unternehmens. Der genaue Blick in die Zahlen zeigt aber, dass allzu große Euphorie möglicherweise nicht uneingeschränkt angebracht ist.

Als Marktführer ist Cimpress breit aufgestellt und deckt mit seinen Tochterunternehmen verschiedene Kundengruppen und Businessmodelle ab. Bei den nun vorgestellten Zahlen und Prognosen lohnt es sich deshalb genauer hinzuschauen, welche Bereiche sich gut entwickeln – und bei welchen nicht mit einem schnellen Return on Investment zu rechnen ist.

Auf kurze Sicht dürfte für Investoren kein Geldsegen ins Haus stehen. Das macht Keane auch deutlich, wenn er die Strategie seines Unternehmens wie folgt skizziert: „Wir treffen häufig Entscheidungen, die als suboptimal betrachtet werden können, wenn man sie nach Kriterien wie mittel- oder kurzfristigem Umsatz, Gewinn oder Cashflow beurteilt.“ Keane und sein Team sind aber überzeugt, dass sich die kostspieligen Investitionen auf lange Sicht auszahlen werden. An der Börse setzt man anscheinend auf schnelle Rendite: Nach Bekanntgabe der Quartalszahlen sackte der Cimpress-Kurs zunächst leicht ab.

Die Zahlen in der Bilanz bieten zum Teil Anlass zu der Zuversicht, die Keane in seinem Brief an die Investoren versprüht: Das Endkundengeschäft von Cimpress läuft weiterhin vergleichsweise stabil. Hier ist Vistaprint ein gutes Beispiel. Zwar wirkte sich die Corona-Pandemie auch in diesem Bereich negativ auf den Gewinn aus, trotzdem konnte aber schnell wieder ein Umsatzwachstum von 8 Prozent verzeichnet werden. Während des Höhepunktes der Krise zurückgehaltenes Werbebudget wurde eingesetzt, als sich der Aufschwung der Wirtschaft abzeichnete – und das mit Erfolg. Um die durch Investitionen zementierte Marktmacht zu nutzen, investiert Cimpress außerdem verstärkt in Upper-Funnel-Advertisement, also in die Akquise potenzieller Neukunden.

Anders sieht es beim Tochterunternehmen PrintBrothers (u. a. WIRmachenDRUCK) aus, das bei Cimpress gemeinsam mit The Print Group in der Sparte „Upload-and-Print“ geführt wird. Im Quartalsbericht schreibt Keane zwar, dass PrintBrothers bereits wieder die „prä-pandemische Profitabilität“ aus dem Jahr 2019 erreicht habe. Das Wachstum hat sich jedoch noch nicht wieder erholt: Gerade einmal ein Prozent wird im Vergleich zum Pandemie-Jahr 2020 verzeichnet. 2019 standen immerhin noch 8 Prozent Wachstum in den Büchern. Das zeigt, dass auch ein Gigant wie Cimpress den Einflüssen der Pandemie im B2B-Bereich unterliegt. Sicher, das ist nicht schön – aber es wird vielen kleineren Onlinedruckern ein wenig Mut machen, denn auch diese Unternehmen leiden (noch immer) unter der Konsumzurückhaltung im B2B-Onlineprint.

Cimpress betont im Jahresbericht vor allem die positiven Seiten der Bilanz, dennoch scheint dem Unternehmen bewusst zu sein, dass gegengesteuert werden muss: Keane kündigt auch für die Sparte Upload-and-Print Investitionen in „Schlüsselbereichen“ an. Besonders eine noch engere Verzahnung aller Tochterunternehmen mit der hauseigenen Mass-Customization-Plattform soll die Effizienz steigern. Klar ist: Mit stagnierenden Wachstumsprognosen lassen sich Investoren nur ungern länger bei der Stange halten. Das zeigen auch die aktuellen Kursentwicklungen. Nun gebe ich persönlich nur wenig auf Aktien – für einen Konzern wie Cimpress ist die langfristige positive bzw. stabile Entwicklung jedoch überlebensnotwendig.

My Take: Cimpress ist im Vergleich stabil durch die Corona-Krise gekommen – insbesondere durch das starke Endkundengeschäft. Vistaprint funktioniert auch deswegen gut, weil das Unternehmen da ist, wo seine Kunden sind. Eine neue Partnerschaft mit Wix, einem Webseiten-Baukasten-Service, wird diese Strategie noch stärker machen. Und das ist eine kluge Vorgehensweise, denn wenn ein SoHo-Kunde u. a. eine Plattform wie Wix einsetzt (ja, die heißt wirklich so), kann er auf Printservices von Vistaprint zurückgreifen. Integrated Services sind sehr angenehm für Anwender und Bequemlichkeit ist ein wichtiger Aspekt in Sachen E-Commerce und einer der Erfolgsfaktoren der großen Onliner wie Amazon und Co. Auch in andere Applikationen und Webseiten, die Mass Customization anbieten, ist im Hintergrund der Vistaprint-Service eingebunden. Ich würde mich nicht wundern, wenn weitere Plattformen dazukommen. Der Sektor Upload-and-Print ist während Corona dagegen kaum gewachsen – hat aber auch keine Verluste eingefahren. Die Cimpress-Investoren verzeihen kleinere Kursschwankungen, weil sie wie CEO Robert Keane darauf vertrauen, dass die langfristigen Investitionen sich am Ende auszahlen werden. Gerade die „Mischkalkulation“ – also die Kombination von B2B- und B2C-Services unter dem Dach der Marke Cimpress, machen den Konzern weniger anfällig für die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Pandemie. Aber sie machen das Gesamtkonstrukt auch komplex und sensibel, denn B2B und B2C im E-Commerce wachsen immer mehr zusammen und irgendwann verschwimmen die Grenzen – dann wird es zwangsläufig dazu kommen, dass der Kunde noch mehr Service einfordert. Teurer Service, der z. B. im Upload-and-Print-Geschäft die sowieso schon knappen Margen fressen wird – und dann muss ein Rezept her für Cimpress…
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Cimpress hat kürzlich seine aktuellen Quartalszahlen vorgestellt. In den begleitenden Schreiben äußerte sich Robert Keane, der CEO des Onlineprint-Marktführers, äußerst zuversichtlich zur Zukunft seines Unternehmens. Der genaue Blick in die Zahlen zeigt aber, dass allzu große Euphorie möglicherweise nicht uneingeschränkt angebracht ist.
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Beyond-Print.de

Gründer und CEO von zipcon consulting GmbH, einem der führenden Beratungsunternehmen für die Druck- und Medienindustrie in Mitteleuropa. In den unterschiedlichsten Kundenprojekten begleiten der Technologie- und Strategieberater und sein Team aktiv die praktische Umsetzung. Er entwickelt Visionen, Konzepte und Strategien für die im Printerstellungsprozess beteiligten Akteure der unterschiedlichsten Branchen. Seine Fachgebiete sind u.a. Online-Print, Mass Customization, Strategie- und Technologie Assessment für Print, sowie die Entwicklung neuer Strategien im Print- und Mediaumfeld. Bernd Zipper ist Initiator und Vorsitzender der Initiative Online Print e.V. und neben seiner Beratertätigkeit Autor, Dozent sowie gefragter Referent, Redner und Moderator. Seine visionären Vorträge gelten weltweit als richtungsweisende Managementempfehlungen für die Druck- und Medienindustrie. (Profile auch bei Xing, LinkedIn).

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