Hohe Gewinnsteigerungen bei nahezu allen E-Commerce-Konzernen auf der Welt lassen allerorten ernste Diskussionen über eine E-Commerce-Steuer aufkommen. Grund: Während die Konzerne absahnen, bleiben Einzelhandel und Mittelstand auf der Strecke. Innenstädte veröden, nicht nur Corona-bedingt, und es steht zu erwarten, dass die Nachwirkungen der Pandemie tausende Unternehmen in die Pleite treiben werden. Die Rufe nach einer „Digitalsteuer“ oder „E-Commerce“-Abgabe werden immer lauter – europaweit, weltweit. Sicherlich wäre es gerecht, wenn die großen Gewinner der Krise ihren finanziellen Beitrag zur Gesundung der Marktwirtschaften weltweit beitragen würden – für viele kleine E-Commerce-Unternehmen wie Online-Drucker, wäre es ein weiterer Tritt in den Allerwertesten. Was kommt da auf den Onlineprint zu?
127% mehr Gewinn vermeldet Zalando für das Jahr 2020, die Deutsche Telekom +16% (800 Millionen Euro) und Amazon wuchs weltweit um 40% und konnte so den Gewinn auf 84% steigern. Corona zeigt sein hässliches Gesicht – denn während viele Unternehmen massiv unter den gesellschaftlichen Auswirkungen leiden, frisst der Online-Kapitalismus „seine Kinder“. So haben die meisten Online-Druckdienstleister, die genau die Unternehmen mit ihren Produkten bedienen, die besonders unter der Krise leiden, im Jahr 2020 Umsatzeinbrüche biblischen Ausmaßes erlebt. Keine Events, keine Gastronomie, weniger Ladenöffnungszeiten – all das hat natürlich Auswirkungen auf die Werbekraft der betroffenen Firmen. Fazit: Druckaufträge blieben aus. Nicht selten wurden die Jahresumsätze fast halbiert – in einigen Monaten mussten einige Onlineprint-Dienstleister ein Minus von 80% verbuchen. Dramatisch.
Auf der anderen Seite steigern die großen E-Commerce-Konzerne ihre Gewinne massiv. Das wäre eigentlich auch in Ordnung, wenn die Onlinegiganten nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen würden, Abgaben und Steuern zu sparen. Ein Beispiel: Europaweit hat Amazon 2020 ein Plus von 36 Prozent erwirtschaftet – weist jedoch einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro aus. Ergebnis, laut Recherchen des SPIEGEL: Amazon führt 240 Millionen weniger Gewinnsteuer an die Finanzämter ab. Wie kann das gehen? Schaut man sich die Warenströme des Konzerns an, könnte man meinen, dass da so viel zwischen den einzelnen Amazon-Firmen hin- und hergeschoben wird, bis man „nachweislich“ nichts mehr verdient. Die OECD vermutet, dass den Staaten durch dieses Verhalten und weitere „agile Steuersparmaßnahmen“ weltweit im Jahr 240 Milliarden Dollar entgehen. Zum Vorteil der Konzerne – zum Nachteil der jeweiligen Länder. Kein Wunder also, dass der internationale Währungsfonds der erste ist, der eine globale Steuerdebatte anschiebt.
Nun könnte man annehmen, dass es nur um große Online-Konzerne geht. Man wird aber allzu schnell an die unsägliche Entwicklung rund um die DSGVO (Datenschutz Grundverordnung) erinnert. Die DSGVO, ursprünglich geplant die Macht der globalen Datenkraken wie Google und Co. zu mindern, trifft in erster Linie kleinere Unternehmen hart. Sicher, sinnvoll ist der Rahmen der DSGVO schon, aber was stört es einen finanzstarken, globalen Konzern, sich an ein paar Regeln zu halten? Ein mittelständisches Unternehmen hingegen ist oft von den organisatorischen und nicht zuletzt von den finanziellen Anforderungen, die dieses Gesetz beinhaltet, überfordert. Droht nun in Bezug auf eine mögliche, staatlich angetriebene E-Commerce-Steuer oder Digitalabgabe ein ähnlicher, oder gar schlimmerer Verlauf? Nicht vorstellbar, wenn auf jede Onlinebestellung – gleichgültig auf welcher Plattform – automatisch ein Aufschlag berechnet würde. Schon ein anderer Umsatzsteuersatz wäre für Online-Unternehmer mehr als dramatisch.
Was sich für die einen, vielleicht eher traditionell orientierten Unternehmer, als ausgleichende Gerechtigkeit darstellen würde – denn „endlich müssen die Onliner mal draufzahlen“ – wäre verheerend für die Onlineprint-Industrie. Der Grund: Onlineprint ist deswegen so günstig, da die agierenden Unternehmen hohe Summen investiert haben, die Printproduktion auf Effektivität und Automatisierung zu trimmen. Hierdurch können günstigere Preise angeboten werden – es müssen aber auch Gewinne eingefahren werden, um den nächsten Investitionszyklus zu finanzieren. Ergo: Würde eine pauschale Digitalsteuer auf alle Onlinegeschäfte kommen, wäre das eine globale Vollbremsung in Sachen digitaler Transformation unserer Gesellschaft. Die Gewinner: Wieder die großen Onlinekonzerne, die sich zusätzliche Kosten sowieso erlauben können. Die Verlierer: All die mutigen Unternehmerinnen und Unternehmer, die massiv in die Transformation in ihrer Branche investieren. Und damit gibt es noch einen weiteren Verlierer: Die Gesellschaft, denn die großen Digitalkonzerne bieten zwar ebenfalls Arbeitsplätze, der Motor unserer Gesellschaft ist und bleibt jedoch der Mittelstand – und dort erwerben die meisten Arbeitnehmer ihr Einkommen.
Was wäre denn gegen eine „allgemeine Abgabe“ – zum Beispiel ein Aufschlag von nur 1,00 Euro pro Onlineauftrag oder Onlinelieferung einzuwenden? Hier trifft es insbesondere viele digitale Kleinunternehmer, die hart um eine kleine Marge kämpfen. Die Onlineprinter, die günstige und sehr günstige Produkte wie beispielsweise Visitenkarten anbieten. Ein Euro mehr oder weniger kann hier tatsächlich entscheiden, ob ein Preis von einem Kunden als angemessen betrachtet wird oder nicht. Und: Wäre eine solche Umlage nicht ungerecht? Bezahlen muss sie der Endabnehmer.
