Elanders Print & Packaging hat den Mass Customization Spezialisten Schätzl Druck und Medien übernommen. Mit dem 6.7.2021 gehört das Unternehmen aus Donauwörth zum Elanders-Konzern. Elanders, einer der größten Anbieter im industriellen Digitaldruck in Europa, erwirbt damit eines der Vorzeigeunternehmen in Deutschland, wenn es um Mass Customization und Print geht. Bernd Zipper hatte die Gelegenheit mit Sven Burkhard, dem Vorstand von Elanders Print & Packaging, und Ulrich Schätzl, CEO von Schätzl Druck und Medien, über die Hintergründe zu sprechen.
Bernd Zipper: Hallo Zusammen, war das eine freundliche oder unfreundliche Übernahme?
Ulrich Schätzl: Wir fühlen uns freundlich übernommen – oder besser freundschaftlich! Es fühlt sich gut an. Der gesamte Prozess in den letzten Monaten war sehr davon geprägt, dass wir, also Sven und ich, gemeinsam an einem Strang ziehen und Ideen entwickelt haben.
Sven Burkhard: Nicht nur das, wir als Elanders, werden mit Ulis Team noch flexibler und das gibt uns jetzt die Möglichkeit unseren Wachstumskurs mit einem zusätzlichen „Schnellboot“ im Verbund voranzutreiben. Das bedeutet in keiner Weise, das wir nicht schon schnell sind, wir können aber von der Erfahrung von Schätzl profitieren, insbesondere was das Thema kleinere, individuelle Aufträge und Veredelung angeht.
Bernd Zipper: Wenn man sich das Leistungsportfolio Eurer Unternehmen aber anschaut, dann fallen mir erstaunliche Parallelen auf. Da liegt die Idee nahe, dass Elanders einen Wettbewerber vom Markt gekauft hat. Ist zurzeit ziemlich en vogue…
Sven Burkhard: Na ja, nicht wirklich. Klar ist man sich im Wettbewerb begegnet. Aber in unserem Werk in Waiblingen sind wir auf industriellen Inkjetdruck eingerichtet und können große, sehr große Printbatches hervorragend verarbeiten. Sicherlich machen wir dort auch kleinere Auflagen, ebenfalls individuell, aber mit Schätzl gemeinsam können wir im Mass Customization Sektor für B2B und B2B2C mit individuellen Einzelexemplaren punkten und das ergänzt unsere Strategie optimal. So ist zum Beispiel denkbar, dass ein Verlag eine kleine Vorabauflage bei uns ordert, die könnte von Schätzl umgesetzt und die große Auflage dann in Waiblingen produziert werden. Wir ergänzen uns da optimal.
Bernd Zipper: Elanders ist ein Konzern, Schätzl ein Mittelständler. Wie passt das zusammen?
Ulrich Schätzl: Das kann ich Dir noch nicht sagen. Sicher muss man sich aneinander gewöhnen. Unsere interne Unternehmenskultur ist sicher eine andere als die in den Kollegenbetrieben. Aber im Verbund mit Elanders überwiegen die Vorteile und vor allem die gemeinsame Schlagkraft absolut. Und wenn man zusammenarbeiten will, muss man sich immer aufeinander einstellen.
Bernd Zipper: In den vergangenen Jahren hast Du Schätzl konsequent transformiert – vom Offsetdrucker hin zum Spezialisten im Digitaldruck bzw. Mass Customization. Ein schmerzhafter Weg, da Ihr wirklich das ganze Unternehmen auf den Kopf gestellt habt.
Ulrich Schätzl: Ja, aber das war notwendig. Wir hatten die Wahl als einer der vielen Offsetdrucker weiterzukämpfen, was sicherlich auch funktioniert hätte. Oder wir konnten in Marktsegmente vorstoßen, wo wir andere Margen erzielen können und wir einen klaren USP haben. Das war unsere Motivation. Und so falsch war das nicht, denn ich glaube kaum, dass wir als normaler, analoger Drucker für Elanders attraktiv gewesen wären.
Bernd Zipper: Aber nochmal, Sven – Schätzl macht doch nichts, was ihr nicht schon selbst produzieren könntet, oder?
Sven Burkhard: Wir sind in Sachen Print schon sehr gut und wir sind im Print Procurement ebenfalls sehr gut. Die Kombination von Print und Logistik ist das was unsere großen Kunden benötigen. Als Elanders produzieren wir hohe Auflagen oder – wie im Bereich Fotobuch – viele Bücher in ähnlicher Ausführung. Schätzl ist so flexibel, so automatisiert und justiert auf kleinere, hochindividuelle Auflagen, das ergänzt unser Konzept sehr gut. Gemeinsam sind wir nun in nahezu allen Segmenten des Digitaldrucks vertreten und können unabhängig von der Auflage unsere Printprodukte für B2B und B2B2C in kürzester Produktionszeit anbieten. Da gibt es nicht viele, die diesen Markt so umfassend bedienen können. Gleichzeitig können wir nun in verschiedenen Preissegmenten anbieten, das eröffnet gerade für Verlage und Marketing neue Möglichkeiten die Produktion neu zu denken. Hier wird sich viel tun und wir wollen zu den ersten Unternehmen gehören, die den Buchmarkt „neu erfinden“ – in kleinen und großen Auflagen, schnell und bedarfsgerecht produziert – in hoher Qualität und an jedem Ort der Welt. Das ist unsere Vision.
Bernd Zipper: Vor ein paar Jahren schon hat Elanders Schmid-Druck in Kaisheim, also ebenfalls in der Region Donauwörth, übernommen. War die räumliche Nähe zu dem Elanders-Verpackungsproduzenten ein weiterer Grund?
Sven Burkhard: Sicher sucht man immer Synergien und die räumliche Nähe macht uns noch flexibler. Wir haben oft, insbesondere in der Vorweihnachtszeit, richtig gut zu tun – wenn dann Kollegen in der Nähe sind, die ggf. helfen können – gut. Waiblingen und Herrenberg, unsere anderen beiden Standorte, werden nicht vernachlässigt, alles ergänzt sich gut und wir können gemeinsam Synergien heben. Schon heute gibt es Produktionen, in denen wir Teile in Waiblingen und Kaisheim fertigen. Künftig haben wir noch einen Produktionsstandort mit speziellen, zusätzlichen Fähigkeiten – die Mixtur machts. Und in Waiblingen wird ebenso weiter investiert, da wird es in naher Zukunft spannende Entwicklungen geben.
Bernd Zipper: In der Pressemeldung steht, das Schätzl ein wichtiger Baustein für die Zukunftsstrategie von Elanders ist. Wie sieht die Zukunft von Elanders aus?
Sven Burkhard: Druck verändert sich. Die Auflagen werden kleiner. Es wird wesentlich mehr On-Demand gedruckt als noch vor ein paar Jahren. Wir haben schon früh daran geglaubt und unseren Kunden schon seit Jahren Lösungen angeboten, wie sie bedarfsgerechter drucken können. Wir werden mit Sicherheit weiter in die weltweite Synchronisierung unseres Maschinenparks investieren und ein globales Produktionssystem ausrollen – nur so können wir unseren Brandkunden weltweit den gleichen Service bieten. Schätzl spielt da eine große Rolle, denn das Unternehmen hat Learnings gemacht, die wir auch weltweit nachvollziehen müssen. Hin zu Mass Customization und hin zu einem top Preis-/Leistungsverhältnis. Nur so kann man, meiner Meinung nach, künftig in diesem heißen Markt bestehen und wachsen.
Bernd Zipper: Wie lautet denn der neue Name von Schätzl Druck und Medien?
Ulrich Schätzl: Na, Schätzl Druck und Medien. Wir sind zwar jetzt Teil von Elanders, es ist aber gewollt, dass wir als Schätzl im Markt präsent sind. Analog zu Schmid Druck, sind wir schon Teil des Konzerns, wir können aber weitgehend selbstständig operieren. Und das ist auch für die Schätzl-Mitarbeiter wichtig. Durch diesen Move können wir nun langfristig Arbeitsplätze und Entwicklungsmöglichkeiten sicherstellen, das ist in unserem Markt nicht selbstverständlich. Da fragt sich schon der eine oder andere Drucker, ob es seinen Arbeitsplatz in ein paar Jahren noch gibt. Insofern ist die Übernahme von Schätzl für alle ein wichtiger Schritt.
Bernd Zipper: Man könnte das Gefühl haben Elanders beteiligt sich schon an der Konzentration des Marktes. Sind weitere Akquisitionen zu erwarten?
Sven Burkhard: Bernd, Du kennst mich. Wenn etwas Sinn hat, wenn ein gesundes Unternehmen in einer profitablen Nische unterwegs ist und für uns klar Synergien zu erkennen sind, dann werden wir sicherlich nicht zögern. Aber Unternehmen, die nicht profitabel sind oder Firmen, die das Thema Digitale Transformation verschlafen haben, stehen definitiv nicht auf unserer Einkaufsliste. Unser Fokus ist klar profitables Wachstum und das gemeinsam mit meinem Team, mit meinen Kolleginnen und Kollegen, hier bei Elanders.
Bernd Zipper: Und die nächsten Schritte? Wie funktioniert die Einbringung eines neuen Unternehmens in die Elanders-Welt?
Sven Burkhard: Zunächst ist ja jedes einzelne Unternehmen, das gilt für alle unsere Unternehmen, auch allein überlebensfähig. So müssen wir nun nichts überstürzen, denn Du kannst Dir vorstellen, dass nun auch eine Menge Arbeit ansteht. Ich bin kein Freund von hektischen Maßnahmen, von daher werden wir uns Zeit lassen und gemeinsam mit Uli und seinem Team an unserer Mass Customization Strategie arbeiten.
Bernd Zipper: Vielen Dank für das Gespräch und Gott grüß die Kunst!
