Es soll ja Menschen geben, die sich „Bitte keine Werbung“ auf ihren Briefkasten kleben. Laut einer repräsentativen Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstitutes Civey geben jedoch 75 Prozent der Haushalte an, mit der freiwilligen Zustellung von Informations- und Werbepost einverstanden zu sein. Da mache ich mich doch gleich zu Fuß auf den Weg ins Büro und achte aufmerksam auf jeden Briefkasten. Meine nicht repräsentative Betrachtung scheint das Ergebnis der Umfrage zu bestätigen: Auf gerade einmal 3 von 15 Briefkästen ist der Hinweis gegen die Werbung zu sehen.
Anders als in der Online-Welt gilt bei der gedruckten Werbe- und Informationspost das so genannte Opt-Out-System. Dabei muss sich der Empfänger – anders als beim Opt-In-Verfahren – bewusst gegen den Einwurf entscheiden und dies kenntlich machen. Damit das auch so bleibt und Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin selbst darüber entscheiden können, ob sie nicht adressierte Werbe- und Informationspost erhalten – vom Flyer der Pizzeria um die Ecke bis hin zum Informationsblatt der freiwilligen Feuerwehr – haben die Druck- und Medienverbände gerade die Initiative „Nah. Nützlich. Nachhaltig“ gestartet. Denn eine Opt-In-Regelung, über die häufig diskutiert wird, würde diese Systematik umkehren. Der Staat würde der Werbe- und Informationspost einen Riegel vorschieben; Verbraucherinnen und Verbraucher müssten sie ausdrücklich einfordern.
Im Rahmen der neuen Initiative geben der BVDM und die Landesverbände den Druckereien gleich eine ganze Reihe guter Argumente an die Hand, die in der Akquise von Aufträgen behilflich sein können. Neben dem, dass 75 % der Haushalte die Werbung mögen (meine Tochter mit 24 Jahren gehört übrigens dazu), sind die Relevanz des Einzelhandels für Innenstädte, die Sicherung von Arbeitsplätzen in der lokalen Wirtschaft und die Verwendung von Altpapier und Holzabfällen für die Bedruckstoffe weitere Punkte, die sich in der Diskussion um die Werbesendungen ins Feld führen lassen.
Auf Nachfrage bestätigt der stationäre Einzelhandel, dass gedruckte und verteilte Flyer eine Orientierungshilfe leisten und gute Vergleichsmöglichkeiten in einer überbordenden Konsumwelt bieten. Werbepost informiert über Sonderangebote und Aktionen, damit können Konsumentinnen und Konsumenten ihre Einkäufe im Geschäft gezielt tätigen.
Dass die Initiative die Schlagworte „Nah“, „Nützlich“ und „Nachhaltig“ in den Vordergrund stellt, ist mehr als plausibel. Bleibt die Frage, ob die eingeworfene Werbung auch wirklich gelesen wird. Laut einer 2020 durchgeführten Studie der IFH Köln lesen 94 % der Empfänger von Werbe- und Informationspost diese gelegentlich, 75 % sogar wöchentlich. Die aktuelle Civey-Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass sich insbesondere Menschen ab 65 Jahren häufig Werbe- und Informationspost anschauen. Wer selbst schon mal die wöchentliche Werbezeitung ausgetragen hat der weiß, wie sehr sich Rentnerinnen und Rentner darauf freuen.
