Markt: Insolvenzen in der Druckindustrie – Lagebericht und Ausblick

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Im März 2020, mit Beginn der Pandemie in Deutschland, hatte Apenberg & Partner eine gestiegene Anzahl an Insolvenzen für 2020 in Vergleich zu 2019 prognostiziert. Im Jahr 2019 wurden 91 Insolvenzen in der Druck- und Medienbranche gezählt, für 2020 wurden 118 Insolvenzen erwartet, aber nur 84 tatsächlich angemeldet. Nun werden für das Jahr 2021 104 Insolvenzen erwartet. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2009 waren es sogar 233 Insolvenzen.

Durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende April 2021 war lange nicht klar, wie hart die Druckindustrie von pandemiebedingten Schließungen getroffen werden würde. Dadurch, dass die Frist mehrfach verlängert wurde, trafen auch die Prognosen nicht zu. Wir müssen also weiterhin mit vermehrten Insolvenzen in 2021 rechnen. Man liest fast jede Woche auf den eingängigen Plattformen von einer weiteren Schließung eines Traditionsbetriebs, das gibt natürlich Grund zur Sorge.

Sind jedoch all diese Schließungen pandemiebedingt? Bei genauerem Hinsehen waren einige Betriebe bereits vor Corona in Schieflage geraten. Der Rückgang von gedruckten Zeitungen brachte beispielsweise Johann Heider Druck & Verlag Probleme ein – doch das ist ein Trend, der seit Jahren zu beobachten ist. Mit einer frühzeitigen Umorientierung hätte man vielleicht eine Wende geschafft. Die Pandemie hat das Aus somit nur ein wenig beschleunigt.

Die Bogenoffsetdruckerei Griebsch & Rochol Druck, deren Wurzeln bis ins Jahr 1661 zurück gehen, befand sich bereits in einem Restrukturierungsprozess, da sie schon angeschlagen war. Durch einen Umsatzrückgang von über 50% in der Corona-Krise konnten die Verluste nicht mehr aufgefangen werden. Auch hier zeigt sich, dass die Pandemie vermehrt dort zu Insolvenzen führt, wo Betriebe bereits keinen sicheren wirtschaftlichen Stand mehr haben.

Die Brühlsche Universitätsdruckerei stellte schwerpunktmäßig Reise- und Messekataloge her. Da beide Branchen durch Corona massiv eingebrochen sind, waren dramatische Umsatzeinbrüche nicht überraschend und können somit der Pandemie zugeschrieben werden.

Letztendlich muss man sich die Betriebe also alle einzeln anschauen, um den Grund der Insolvenz herauszufinden. Auch vor der Pandemie gab es immer wieder Schließungen, die eine Vielzahl von Gründen hatten. Pauschalisierungen können bei diesen Zahlen also nicht vorgenommen werden.

Dass es auch ganz anders geht, zeigte beispielsweise die Kartenmacherei zu Beginn der Pandemie. CEO Patrick Leibold hatte berichtet, dass auch bei ihm von heute auf morgen die Aufträge wegbrachen. Aber das Team hat sich zusammengesetzt und neue Services entwickelt, die die Menschen in so einer Ausnahmesituation benötigen. Statt Hochzeitskarten wurde der Fokus kurzerhand auf die neuen Bedürfnisse der Kunden angepasst. Dies zusammen mit genutzten Einsparpotenzialen und Kurzarbeit hat den Betrieb langfristig sogar weiterentwickelt.

My Take: Die Pandemie und damit auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind noch nicht überstanden. Bisher hat es die Druckindustrie in Summe nicht so hart getroffen wie befürchtet. Weiterhin gilt: Wer flexibel auf solche Unwägbarkeiten reagiert, hat gute Chancen, eine Krise zu überstehen. Kurze Entscheidungswege, ein engagiertes, kreatives Team, Innovationen und schnelle Anpassungsfähigkeit sind die Schlagwörter für zukunftsträchtige Unternehmen. Wer dem Digitalisierungsprozess und dem Fortschritt der Industrie nicht offen gegenübersteht, wird über kurz oder lang vom Markt verschwinden – auch ohne Pandemie.
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Markt: Insolvenzen in der Druckindustrie – Lagebericht und Ausblick
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Im März 2020, mit Beginn der Pandemie in Deutschland, hatte Apenberg & Partner eine gestiegene Anzahl an Insolvenzen für 2020 in Vergleich zu 2019 prognostiziert. Im Jahr 2019 wurden 91 Insolvenzen in der Druck- und Medienbranche gezählt, für 2020 wurden 118 Insolvenzen erwartet, aber nur 84 tatsächlich angemeldet. Nun werden für das Jahr 2021 104 Insolvenzen erwartet. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2009 waren es sogar 233 Insolvenzen.
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Beyond-Print.de

Gründer und CEO von zipcon consulting GmbH, einem der führenden Beratungsunternehmen für die Druck- und Medienindustrie in Mitteleuropa. In den unterschiedlichsten Kundenprojekten begleiten der Technologie- und Strategieberater und sein Team aktiv die praktische Umsetzung. Er entwickelt Visionen, Konzepte und Strategien für die im Printerstellungsprozess beteiligten Akteure der unterschiedlichsten Branchen. Seine Fachgebiete sind u.a. Online-Print, Mass Customization, Strategie- und Technologie Assessment für Print, sowie die Entwicklung neuer Strategien im Print- und Mediaumfeld. Bernd Zipper ist Initiator und Vorsitzender der Initiative Online Print e.V. und neben seiner Beratertätigkeit Autor, Dozent sowie gefragter Referent, Redner und Moderator. Seine visionären Vorträge gelten weltweit als richtungsweisende Managementempfehlungen für die Druck- und Medienindustrie. (Profile auch bei Xing, LinkedIn).

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