Vor einiger Zeit hat mir ein Freund erzählt, er hätte den Job als Verleger sicher schon längst an den Nagel gehängt, wenn er heute noch die Druckpreise von 2002 bezahlen müsste. Er hat über die Jahre die Angebote und Rechnungen verschiedener Druckereien aufbewahrt, bei denen er seinen Titel hat drucken lassen.
Nun waren Preisschwankungen von Druckerei zu Druckerei schon immer an der Tagesordnung, doch zwischen den Preisen von 2002 und heute klaffen Welten. Es betrifft die Auflagen ab 10.000 Exemplaren ebenso wie die um und unter 5.000 Exemplaren. Die Preise sind heute schlicht und einfach nur noch die Hälfte dessen, was er 2002 zahlen musste.
Onlineprint – werden Sie jetzt sagen. Die haben die Preise kaputt gemacht. Eben nicht. 2002 haben sich Onlinedrucker aus dem Druck von Magazinen noch weitestgehend herausgehalten. Warum also dann? Die Antwort ist in der Technik zu finden. Inzwischen liefert niemand mehr offene Dateien in Druckereien an, sondern PDFs. Computer-to-Plate ist ein etabliertes Verfahren, es müssen keine 100 Seiten Film mehr belichtet und mühevoll auf Platten kopiert werden und die Fehlerquote ist deutlich geringer als je zuvor. Klar, Löhne und Gehälter sind gestiegen und die Preise insgesamt auch. Dafür aber gingen die Papierpreise, die ja etwa die Hälfte der Druckkosten ausmachen, in diesem Zeitraum tendenziell nach unten – deutlich sogar.
Ein Online-Warenkorb
Wie sich die Preise über einen definierten Zeitraum entwickeln, ist also auch ein Abbild des jeweiligen Marktgeschehens. Das brachte mich auf die Idee, etwas ähnliches auch für Onlineprint auf den Weg zu bringen. Allerdings systematisch – und mithilfe eines Preisindex lässt sich die Preissteigerungsrate ermitteln.
Ein Preisindex gibt an, wie sich die Preise der Güter und Dienstleistungen eines Warenkorbs verändern und ob die Preise steigen oder sinken. Das statistische Bundesamt beispielsweise ermittelt den bekannten Verbraucherpreisindex und andere Indizes.
Einen Preisindex für Onlineprint-Produkte gibt es aber bis heute nicht. Deshalb startete das zipcon-Team Anfang letzten Jahres eine Umfrage unter Onlinern, Resellern und konventionellen Druckereien. Das Ergebnis war eindeutig: Es besteht ein generelles Interesse an einem Preisindex für Onlineprint- Produkte. Dem Wunsch haben wir uns angenommen. Dabei geht es zipcon nicht um einen wissenschaftlichen Anspruch – es geht darum, eine Tendenz aufzuzeigen und von diesem Indikator abzuleiten, wie gut oder wie schlecht es der Branche geht.
Wir haben in den Onlineprint-Warenkorb Produkte gelegt, die eigentlich alle Onlineprinter im Portfolio haben und die gleichzeitig häufig nachgefragt werden. Das sind
- 10.000 Flyer DIN A5 (4/4 farbig, 135g Papier glänzend),
- 1.000 Broschüren DIN A4 (geheftet, 32 Seiten inklusive Umschlag, 4/4 farbig, Innenteil 115g Papier matt und Umschlag 135g Papier matt) und
- 250 Visitenkarten (beidseitiger Dispersionslack matt, 4/4 farbig, 300g Papier matt).
Damit wird nun ein halbwegs vergleichbares Portfolio erzeugt.
Wozu soll das gut sein?
Zur Ermittlung des Index hat das zipcon-Team eine Routine entwickelt, um die Preise mehrerer Onlinedrucker und die einer Plattform für die Einkäufer von Drucksachen wöchentlich abzufragen. Mit dabei sind Vistaprint, WMD, Unitedprint, Onlineprinters, Flyeralarm, Saxoprint, onlinedrucken, Flyerunited und sourc-e. Seit Juni 2020 erhebt zipcon consulting diese Daten mit über 300 Anfragen pro Quartal, wertet sie aus und veröffentlicht sie als „ZOPI“ (Zipcon Onlineprint Preis Index) quartalsweise. Natürlich hier auf beyond-print.de, in beyondprint unplugged und bei verschiedenen Partner-Medien.
„Das Preis-Leistungsverhältnis stellt ein subjektives Empfinden über die Angemessenheit eines Preises im Vergleich zur Qualität eines Produktes dar. Der Preis ist jedoch in einem polypolen Markt ein entscheidender Wert, den wir zur Beurteilung von Standard-Produkten heranziehen können.“ – Jessica Kelley, zipcon Financial Analyst.
Der ZOPI bringt dem Beobachter vier Vorteile:
- Er bildet mit seiner detaillierten Preisbeobachtung die Preishistorie der Produkte im Warenkorb ab.
- Der Index dient der Preisüberwachung und von Veränderungen im Markt. Er liefert die zuverlässige Antwort, ob die Preise fallen oder ansteigen.
- Ebenso erlaubt der ZOPI einen Preisvergleich. So lässt sich die Position des eigenen Unternehmens im Preisranking einordnen.
- Letztlich gibt ein Preisindex einen Anhaltspunkt für die Entscheidung Print or Buy.
Kein Preisranking!
zipcon consulting ist es wichtig, dass der ZOPI nicht als ein „Ranking des billigsten Preises“ wahrgenommen wird. Denn dies könnte als Kaufempfehlung falsch verstanden werden. Kaufempfehlungen gibt zipcon consulting aber grundsätzlich nicht. Auch die Qualität wird nicht bewertet. Diese ist zum einen für den Kunden subjektiv (was für den einen Kunden top ist, muss nicht den Qualitätsanforderungen eines anderen Kunden entsprechen) – zum anderen unterliegt die Qualität auch dem jeweils ausführenden Drucker, wenn dieser für ein Printportal agiert.
Die von zipcon abgefragten Produkte gehen von den gängigen Standards der Druckindustrie aus. Deshalb wurde bei der Konfiguration der Produkte auf Optionen wie Proof, Versand und ähnliches verzichtet.

Im Juni 2020 haben wir begonnen die Preise für ein Referenzprodukt verschiedener Onliner zu beobachten. Im Durchschnitt hat sich der Preis nur geringfügig erhöht, obwohl die Nachfrage nach diesem Produkt aktuell mutmaßlich gering ist. Der Tabelle lässt sich entnehmen, dass der Preis bei Unitedprint deutlich nach oben ging und bei Onlineprinters um gute 4 Prozentpunkte absackte.

Seit November 2020 beobachten wir einen umfangreicheren Warenkorb. Hier zeigt die Tabelle, dass Onlineprinters mit niedrigerem Preis am Markt ist, während Unitedprint mit höherem Preis auftritt. Allgemein betrachtet scheinen die Onliner einen sanften Preisanstieg durchsetzen zu wollen.

Discussion2 Kommentare
Lieber Bernd Zipper, Hut ab – ZOPI ist ein gutes Instrument!
Gestatten Sie noch eine Anmerkung zum Papier: Ja, es stimmt, dass die Papierpreise von Jahr zu Jahr nach unten gingen. Aber diese Zeiten sind vorbei. Seit Jahren bauen Papierfabrikanten alte Maschinen ab und legen ganze Fabriken still oder stellen auf Hygienpapiere um. Nun ziehen die Langfaserzellstoffpreise kräftig an und die Transportkosten sowieso. Selbst im Coronajahr 2020, als 20% weniger gedruckt wurde, aber Klopapier gefragt war wie nie, kündigten sie eine Preiserhöhung bei Grafischen Papieren an. Nun jammert der BVDM. Aber warum sollen die Papierfabrikanten für die Überkapazitäten der Druckindustrie büßen, wenn sie woanders höhere Margen erzielen können? Zum Beispiel im anziehenden chinesischen Markt, der viel mehr Papier braucht und entsprechend hohe Preise selbst für kurzfasriges bezahlt. Oder bei den Drogerien, wo Klopapier für klingende Kassen sorgt, weil die teuren, mehrlagigen, supersoftigen Hygienepapiere die Allerwertesten der HomeOfficer sanfter säubert, als es die rubbeligen Billigpapiere in den Firmentoiletten taten.
PS: Hoffen wir, dass die Online-Drucker künftig nicht die indexierten Beispiel-Drucksachen im ZOPI-Warenkorb so missbrauchen, wie es die Lebensmittelhändler mit den Butterpreisen tun: als Aushängeschild für Preiswürdigkeit benutzen und an anderer Stelle umso kräftiger zulangen. Es soll Anbieter geben, die Visitenkarten fast verschenken, aber sich bei den Versandkosten einen kräftigen Aufschlag genehmigen.
Hallo Herr Märtterer – genau das ist der Grund warum es ZOPI gibt. Wir wollen anhand von Indikatorzahlen feststellen wohin die Reise geht. Dabei veröffentlichen wir stets immer nur 20% des Zahlenmaterials, das wir generieren – so haben wir die „Butter“-Angebote ebenfalls im Blick. Danke für das Feedback!