Laut einer Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels betreiben rund zwei Drittel der befragten Jugendlichen illegalen Datenaustausch. Gleichzeitig bestätigte der amerikanische Rechnungshof jetzt jedoch, dass der Schaden durch Filesharing wesentlich geringer ist als von der Industrie bislang behauptet.

Die Angst des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ist offensichtlich: Mit iPad, Kindle und Co. erwartet/erhofft man sich einen Boom der E-Books. Diese jedoch können durch Filesharing einfach weitergegeben werden, was beim deutschen Buchhandel verständlicher Weise zu Verlustängsten führt. Für die jetzt veröffentlichte Studie „Illegal aber egal? Ein Forschungsüberblick zum Unrechtsbewusstsein von Jugendlichen“ befragte der Börsenverein über 300 Jugendliche im Alter von zwölf bis 19 Jahren zu diesem Thema. Die Antworten wurden in Form eines Multiple Choice-Verfahrens gegeben.
Fast zwei Drittel der Befragten hatte selbst schon illegal Daten weitergegeben, E-Books allerdings lagen deutlich darunter: diese hatte nur ein Fünftel getauscht. Die Hauptmotivation für illegalen Datenaustausch ist finanziell, ungefähr siebzig Prozent der Filesharer tun es aus Kostengründen. Dabei ist ein Problembewusstsein deutlich vorhanden: knapp 87 Prozent wissen, dass Filesharing illegal ist, allerdings empfinden es nur rund 55 Prozent tatsächlich als falsch. Ein fast genauso hoher Anteil der Befragten fände es gut, wenn mehr Beteiligte erwischt würden. Und immerhin ein Viertel der Jugendlichen setzte Filesharing mit dem Stehlen im Buchhandel gleich.
Doch nicht so schlimm?
Ein Trostpflaster für den deutschen Buchhandel: der US-Rechnungshof fand jetzt heraus, dass wahrscheinlich wesentlich weniger Schaden durch Filesharing entsteht als bisher angenommen. So werden Zahlen wie „750.000 verlorene Jobs in den USA“ und „250 Milliarden US-Dollar Verlust pro Jahr“ immer wieder gerne von den Medien aufgegriffen. Diese Zahlen dürfen ab sofort nicht mehr verwendet werden, da sie schlicht jeglicher Basis entbehren.
So setzt die Musikindustrie oftmals einen illegalen Download mit einem nicht zustandekommenden Kauf gleich. Das ist laut Bericht jedoch nur dann anzunehmen, wenn ein Kunde eine Raubkopie in der Annahme kauft, es handle sich dabei um ein Originalprodukt. Der entstandene Schaden kann nur unter drei Bedingungen eins zu eins umgerechnet werden:
1. Die Raubkopie muss in Bezug auf Qualität dem Originalprodukt (fast) identisch sein,
2. Der Kunde zahlt den vollen Verkaufspreis,
3. Der Kunde ist sich der Tatsache, dass er eine Raubkopie kauft, nicht bewusst.
Der Bericht kommt sogar zu dem Schluss, dass Piraterie auch positive Effekte auf die Musik- und Filmindustrie haben kann. So könne der Umsatz von Merchandise deutlich erhöht werden, da viele Zuschauer die Filme zwar nicht im Kino gesehen hätten, nach dem „Gratis-Konsum“ zu Hause allerdings begeistert waren. Auch können Nutzer mit mehr Musik in Kontakt kommen und diese gleichsam zur Probe hören. Gefällt die Musik, haben viele Konsumenten das Bedürfnis, diese Alben tatsächlich als CDs mit dazugehörigem Booklet und Songtexten zum Anfassen im Regal stehen zu haben.
Gute Nachrichten für den Buchhandel: Das dürfte auch bei Büchern der Fall sein.
(Imke Hans | Quellen: Golem, Boersenverein, Government Accountability Office)