Nach den monatelangen internen Streitigkeiten über den Vorstandsvorsitz der Neumüller Cewe Color Stiftung im nächsten Jahr, hat das Kuratorium Yvonne Rostock zur Nachfolgerin für Dr. Christian Friege bestimmt. Sie soll spätestens im April 2023 die CEO-Funktion sowie die Gesamtverantwortung für den Vertrieb in der Cewe-Gruppe übernehmen.
Yvonne Rostock ist seit 2019 Managing Director des Parfüm- und Kosmetikkonzerns Coty. Zuvor war sie fast zwei Jahrzehnte in verschiedenen Managementfunktionen im In- und Ausland für L’Oréal tätig. Ihre berufliche Laufbahn startete sie bei Henkel.
Wenn Yvonne Rostock im April 2023 den Vorstandsvorsitz des wohl bekanntesten Fotodienstleisters übernimmt, wird sie die erste Frau an der Spitze von Cewe sein.
Interne Streitereien um den Vorstandsvorsitz
Der Berufung der neuen Vorstandsvorsitzenden waren interne Unstimmigkeiten vorausgegangen. So hatte das Kuratorium um den früheren Cewe-Vorstandsvorsitzenden Dr. Rolf Hollander Mitte März dieses Jahres mitgeteilt, den Fünfjahresvertrag von Dr. Christian Friege über den Jahreswechsel hinaus nicht zu verlängern. Damit waren jedoch der Aufsichtsrat und auch die Erben des Unternehmensgründers Heinz Neumüller, die mit zusammengenommen 27,1% größter Anteilseigner von Cewe sind, nicht einverstanden. Sie hatten sich für eine Vertragsverlängerung ausgesprochen.
Aufgrund der entstandenen Spannungen sah sich das Kuratorium kurze Zeit später gedrängt, zu den Gründen für die Nicht-Verlängerung von Frieges Vertrag Stellung zu beziehen: In dem Statement war die Rede von einer „akzeptablen bis guten Arbeit“ Frieges, von „Bedenken“ und eines nicht mehr „uneingeschränkten Vertrauens“. Auch das Thema Frauenförderung habe Friege nach Ansicht des Kuratoriums in den Jahren seiner Führung nicht genügend erkannt bzw. implementiert.
Die Antwort der Erben, die weiterhin hinter Dr. Christian Friege standen und seine Erfolge als Cewe-Chef wertschätzten, folgte nur zwei Wochen später: Ende April hatte Alexander Neumüller, Destinatär der Neumüller Cewe Color Stiftung, von seinem Sonderrecht, ein Vorstandsmitglied zu berufen, Gebrauch gemacht und Friege zum Vorstandsmitglied berufen. Damit werde der Noch-Cewe-Chef seine Tätigkeit, so hieß es damals in der Unternehmensmitteilung, über den 31.12.2022 hinaus weiterführen.
Cewe erhöht Dividende trotz Umsatzrückgang
Die öffentliche Austragung der Streitigkeiten hatte mitunter für Unverständnis in der Branche gesorgt. Schließlich war der Fotodienstleister in den letzten Jahren und damit unter Frieges Leitung gewachsen: Der Umsatz des Konzerns wuchs von 599 Mio. Euro im Jahr 2017 kontinuierlich an, auf 727,3 Mio. Euro im Jahr 2020. Im zweiten Coronajahr, 2021, verzeichnete Cewe jedoch einen Umsatzrückgang auf 692 Mio. Euro. Trotzdem wurde auf der Hauptversammlung der Cewe Stiftung & Co. KGaA Mitte Juni die dreizehnte Dividendenerhöhung in Folge beschlossen.
Befriedung der angespannten Situation
Mit der Ernennung von Yvonne Rostock soll nun wieder Ruhe in das Unternehmen einziehen. Das schreibt auch ein ausführlicher Bericht im Handelsblatt. Obwohl die Ernennung von Rostock, heißt es darin, ebenso überraschend kam, wie die Nachricht über die Nicht-Verlängerung von Frieges Vertrag im März, ist bisher keine Reaktion von Seiten des größten Anteilseigners, der Erben, bekannt.
