News: Was die neuen Herstellerpflichten für Druckereien bedeuten

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Morgen treten die erweiterten Herstellerpflichten aus dem neuen Verpackungsgesetz in Kraft. Damit müssen künftig alle Verpackungen offiziell registriert werden. Was die neuen Regelungen für (Online-)Druckereien bedeuten und Betreiber nun tun müssen, darüber haben wir mit Dr. Martin Schirmbacher, Partner bei Härting Rechtsanwälte und Fachanwalt für IT-Recht, gesprochen.

Beyond Print: Wir wollen über das neue Verpackungsgesetz 2022 und die morgen in Kraft tretenden Herstellerpflichten sprechen – und darüber, welche Auswirkungen sie auf Druckereien haben. Worum geht es eigentlich in dem Gesetz ganz grundlegend?
Martin Schirmbacher: Das neue Verpackungsgesetz ist gar nicht so neu. Es ist Anfang 2019 in Kraft getreten und hat die alte Verpackungsverordnung abgelöst. Ziel des Gesetzes ist es, die Verpackungsentsorgung auf einer nachhaltigen und wettbewerbsneutralen Grundlage zu gestalten und die Auswirkungen der Verpackungsabfälle auf die Umwelt zu verringern. Neben strengeren Anforderungen für Recycling wurden mit dem Gesetz viele Pflichten für Hersteller von Verpackungen verschärft und Pfandpflichten für Getränkeverpackungen erweitert. Im Juli 2021 gab es eine umfassende Novelle des Gesetzes. Dabei handelt es sich um eine etappenweise Änderung und eine Anpassung an EU-Richtlinien.

Beyond Print: Worum geht es in der aktuellen Gesetzesänderung?
Martin Schirmbacher: Viele der Neuerungen sind bereits im Sommer 2021 in Kraft getreten. Ab dem 1. bzw. 3. Juli 2022 werden nun die letzten Änderungen wirksam. Bei dieser letzten Änderungsetappe handelt es sich vor allem um die Ausweitung der Registrierungspflichten für Hersteller und Inverkehrbringer von Verpackungen gemäß Paragraf 9 des Verpackungsgesetzes und für Letztvertreiber von Serviceverpackungen. Außerdem gibt es verschärfte Prüfungspflichten für Marktplatzbetreiber und Fulfillment-Dienstleister.

Beyond Print: Inwiefern betreffen diese Änderungen die Druckindustrie?
Martin Schirmbacher: Das Verpackungsgesetz spricht von Pflichten für „Hersteller“. Die Formulierung ist irreführend, da das Gesetz abweichend vom Sprachgebrauch diejenigen Vertreiber meint, die die Verpackung erstmals gewerblich in den Verkehr bringen. Bei Druckerzeugnissen/Verlagserzeugnissen sind die Hersteller in der Regel der Verlag bzw. das Druckhaus welche die Versandverpackungen von Flyern, Visitenkarten, Broschüren oder sonstigen Druckerzeugnissen in den Verkehr bringen. Verkaufsverpackungen von Druckerzeugnissen aller Art sind grundsätzlich systembeteiligungsfähig, da sie typischerweise in Privathaushalten und anderen vergleichbaren Anfallstellen als Verpackungsabfälle anfallen. Im Allgemeinen sind alle Online-Shops, die Waren versenden, vom Verpackungsgesetz und somit auch von der Registrierungspflicht erfasst. Wenn Unsicherheiten über die Systemrelevanz von Verpackungen besteht, kann dies unproblematisch über die Produktsuche der Zentralen Stelle herausgefunden werden.

Beyond Print: Was ändert sich konkret ab dem 1. Juli 2022 bezüglich der Registrierungspflichten?
Martin Schirmbacher: Die bereits bestehenden Registrierungspflichten für Hersteller werden ausgeweitet. Registrierungspflichtig sind neuerdings nicht mehr nur Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen, sondern sämtliche Hersteller und Inverkehrbringer von mit Ware befüllten Verpackungen. Somit auch Hersteller von Serviceverpackungen, von Transport-, Verkaufs- und Umweltverpackungen, die typischerweise bei den privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen.

Die Hersteller sind verpflichtet, sich vor dem Inverkehrbringen (z. B. Verschicken) von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen über ein duales System lizenzieren zu lassen. Anschließend müssen sie sich im Verpackungsregister LUCID registrieren und dort Angaben zu den Verpackungsarten machen oder bei einer bestehenden Registrierung die Angaben zu den Verpackungsarten ergänzen.

Wichtig ist, dass die Registrierung und Systembeteiligung vor dem Inverkehrbringen der Verpackung für Druckerzeugnisse vorgenommen wird. Die angegebenen Daten und Verpackungsmengen, die in LUCID angegeben sind, müssen jederzeit mit den Angaben und lizenzierten Mengen im dualen System übereinstimmen.

Ziel der Registrierung ist es, für Transparenz und Rechtsklarheit zu sorgen und ökologische Ziele, wie u. a. Erfüllung von Recyclingquoten und Förderung nachhaltigeren Verpackungen hinzuwirken.

Beyond Print: Wie läuft der Registrierungsprozess ab und was ist LUCID?
Martin Schirmbacher: LUCID ist das Register der Zentralen Stelle Verpackungsregister. Es ist ein duales System für die Sammlung, Sortierung und Verwertung der Verpackungen in Deutschland.

Die Registrierung kann unter https://www.verpackungsregister.org/ vorgenommen werden.

Im Falle der erstmaligen Registrierung werden Kontaktdaten abgefragt (Name, Anschrift, Kontaktdaten, Telefonnummer und E-Mail), sowie die europäischen oder nationalen Steuernummern, nationale Kennnummern und Angaben zu den Verpackungsarten, die der Hersteller in den Verkehr bringt.

Hersteller, die keine Niederlassung in Deutschland haben, können in der Regel einen Bevollmächtigten mit der Erfüllung der Herstellerpflichten beauftragen. Die Möglichkeit, einen Bevollmächtigen zu ernennen, soll auch dem Problem entgegenkommen, dass internationale Händler die deutsche Rechtslage nicht genau kennen und somit ihren Pflichten nicht nachkommen.

Verpackungen, die nicht im Verpackungsregister LUCID registriert sind, dürfen in Deutschland nicht verkauft werden und unterliegen einem Vertriebsverbot.

Beyond Print: Was passiert, wenn man sich nicht registriert?
Martin Schirmbacher: Bei einem Verstoß gegen die Vorschriften des Verpackungsgesetzes, wie der Registrierungspflicht, drohen Bußgelder bis zu 200.000,- Euro oder weitere Sanktionen wie die Abschöpfung erzielter Gewinne. Privatrechtlich drohen Abmahnungen durch Wettbewerber und Schadensersatzforderungen. Zusätzlich besteht das Risiko eines Vertriebsverbots.

Beyond Print: Gibt es noch weitere Änderungen?
Martin Schirmbacher: Eine weitere für Online-Händler und Fulfillment-Dienstleister relevante Änderung ist die erweiterte Prüfpflicht bezüglich ihrer Anbieter oder Hersteller. Betreiber von Marktplätzen und Online-Plattformen müssen überprüfen, ob die Hersteller ihre Pflichten aus dem Verpackungsgesetz erfüllt haben, also in LUCID registriert und an einem System beteiligt sind. Verträge mit Händlern, die sich nicht an einem dualen System beteiligen, müssen beendet werden. Fulfillment-Dienstleister dürfen ihrerseits nicht für Hersteller arbeiten, die nicht an einem System beteiligt sind. Wie diese Prüfung durchgeführt wird, ist den Verpflichteten überlassen. In Betracht kommt die Überprüfung über den Lizenzierungsnachweis, der durch das jeweilige duale System vergeben wird.

Nach Paragraf 15 des Verpackungsgesetzes müssen Hersteller oder Letztvertreiber von Verpackungen die Endverbraucher umfassend über die Rückgabemöglichkeiten der Verpackungen sowie ihren Sinn und Zweck informieren. Außerdem ist ein Nachweis über die Erfüllung der Rücknahme und Verwertungsanforderungen zu führen. Die Rücknahme der Verpackungen muss unentgeltlich und im angemessenen Umfang erfolgen.

Beyond Print: Was raten Sie den Herstellern von Verpackungen für Druckerzeugnisse?
Martin Schirmbacher: Tja, auch wenn es bürokratisch anmuten mag: Um Ordnungswidrigkeitsverstöße zu vermeiden, sollte auf eine schnelle Umsetzung der neuen Vorgaben aus dem Verpackungsgesetz geachtet werden. Einerseits die Lizenzierung der Verpackung durch ein duales System und Registrierung im Verpackungsregister LUCID, andererseits die Überprüfung, ob vertraglich verbundene Händler oder Hersteller ihren Registrierungspflichten nachkommen. Außerdem sollte ein unkompliziertes System erarbeitet werden, wie Verpackungen zurückgegeben werden können. Über die Einzelheiten sollten die Kunden dann umfassend aufgeklärt werden.

Beyond Print: Vielen Dank für das Gespräch! Und, als kurze Ergänzung von unserer Seite: Herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung „Anwalt des Jahres“ im Bereich Datenschutz im neuesten Best-Lawyers-Rating des Handelsblattes!

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Morgen treten die erweiterten Herstellerpflichten aus dem neuen Verpackungsgesetz in Kraft. Damit müssen künftig alle Verpackungen offiziell registriert werden. Was die neuen Regelungen für (Online-)Druckereien bedeuten und Betreiber nun tun müssen, darüber haben wir mit Dr. Martin Schirmbacher, Partner bei Härting Rechtsanwälte und Fachanwalt für IT-Recht, gesprochen.
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Discussion2 Kommentare

  1. Sehr gute Zusammenfassung und Handlungsempfehlung – herzlichen Dank.
    Mich würde noch etwas näher der Begriff „Endverbraucher“ interessieren. Wie sieht es aus, wenn wir als Druckerei unsere Druckerzeugnisse (im konstruierten Fall sind es Beilagen) an einen Zeitungsverlag zur weiteren Verarbeitung als Zeitungsbeilage anliefern? Die Verpackung würde in diesem Fall ja beim Endverbraucher gar nicht ankommen. Würde man auch dann der Registrierungspflicht unterliegen? (Wenn man mal vom Extremfall ausgeht, dass ich nur solche Tätigkeiten ausübe.)

    Freue mich auf die Rückmeldung.
    Stephan Bühler

    • Redaktion beyond-print.de

      Wir haben diese Frage an Dr. Martin Schirmbacher weitergegeben und folgende Antwort erhalten:

      „Endverbraucher ist gemäß § 3 Abs. 10 VerpackG derjenige, der die Ware in der an ihn gelieferten Form nicht mehr gewerbsmäßig in den Verkehr bringt. Nach § 3 Abs. 11 VerpackG sind unter privaten Endverbrauchern „private Haushalte und vergleichbare Anfallstellen zu verstehen, bei denen der Verpackungsabfall in der Regel ähnlich anfällt, wie bei privaten Haushalten“. Beispiele für vergleichbare Anfallstellen sind unter anderem Gaststätten, Bildungseinrichtungen, die Verwaltung sowie Landwirtschafts- oder Handwerksbetriebe. Zeitungsverlage sind nicht in der Aufzählung enthalten, aber in dem konstruierten Fall wohl auch Endverbraucher. Wenn die Umverpackung bei dem Verlag standardmäßig entsorgt wird, trifft die Druckerei die Registrierungspflicht.

      Mit der Novelle des Gesetzes wurde die Pflicht zudem auf alle Hersteller von „mit Ware befüllten Verpackungen“ ausgeweitet. Ab dem 01.07.2022 müssen sich somit alle Unternehmen registrieren, die diese Verpackungen erstmalig gewerbsmäßig in den Verkehr bringen, zum Beispiel durch Verschicken. Diese Pflicht gilt dann auch für Verpackungen (z.B. Transport- und Mehrwegverpackungen), die im Gewerbe, der Industrie oder im Handel (B2B-Bereich) anfallen.

      Nach der neuen Rechtslage würden Sie als Lieferant von Zeitungsbeilagen an einen Zeitungsverlag, ebenfalls der Registrierungspflicht unterliegen. Zu beachten wären in diesem Fall auch die erweiterten Pflichten (z.B. zur Rücknahme der Verpackung) nach § 15 Abs. 1 VerpackG.“

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