Johannes Gutenberg gilt als Erfinder des Drucks mit beweglichen metallischen Lettern und damit als Begründer des modernen Buchdrucks – zumindest in Europa. Denn in Korea erschien bereits 78 Jahre vor der weltberühmten Gutenberg-Bibel eine Sammlung buddhistischer Lehren, die ebenfalls bereits mit metallischen Lettern gedruckt wurde. Ein kollaboratives Forschungsprojekt hatte es sich nun zur Aufgabe gemacht, mehr darüber herauszufinden – und die historischen östlichen und westlichen Drucke in einem hochauflösenden Röntgenfluoreszenz-Verfahren (RFA) analysiert.
Über die Ergebnisse berichtet die Autorin Rachel Berkowitz in einem Beitrag im „Physics Magazine“, dem Online-Magazine der American Physics Society. Sprichwörtlich durchleuchtet wurden die Drucke am SLAC National Accelerator Laboratory in Kalifornien, und zwar Pixel für Pixel mit einer hochauflösenden Röntgenfluoreszenz-Bildgebungsmethode. Wie das Forscherteam um Uwe Bergmann, einem Physiker der Universität Wisconsin-Madison, der bereits seit Jahren Methoden zur Röntgenspektroskopie entwickelt und anwendet, dabei vorging, ist in dem Artikel des Physics Magazine grob wiefolgt beschrieben: Die Seiten der historischen Drucke wurden in die Anlage, die speziell auf fragile Dokumente wie diese konzipiert ist, eingelegt und das RFA-Spektrum eines jeden Pixels mit Hilfe eines Röntgenstrahls erfasst, um so Aussagen über die chemische Zusammensetzung Aufschluss zu geben. „Als wir mit der RFA-Bildgebung […] begannen, konnten wir nur zehn [chemische]Kanäle pro Pixel messen. Jetzt erfassen wir das gesamte RFA-Spektrum mit mehr als 2000 Kanälen pro Pixel“, wird Bergmann in dem Beitrag des Fachmagazins zitiert. Für gedruckte Manuskripte ergebe sich daraus ein Röntgenbild mit bis zu 5 Megapixeln.
Im Rahmen des Forschungsprojekt wurden Seiten von zehn Beispielen koreanischer und gutenbergischer Texte aus der Zeit vor 1500 untersucht. Besonders spannend sei dabei gewesen, ob und wieviel die beiden Druckverfahren miteinander gemein haben. Es sei „die Millionen-Dollar-Frage, ob Gutenberg die koreanische Technologie kannte oder nicht“, wird der Physiker weiter zitiert. Überraschend sei zumindest gewesen, dass beide Drucke relativ große Mengen an Metallen in ihren Verbindungen enthielten, wie beispielsweise Kupfer und Blei.
Ist Korea der Geburtsort des modernen Drucks?
Und auch generell rücke der Stellenwert Koreas für die Geschichte des Druckes immer mehr in das Bewusstsein der Menschen. Beim Übergang von holzgeschnitzten Druckformen zu in Metall ausgegossenen Lettern hätten beispielsweise historische Forschungen des Internationalen Zentrums für Dokumentarisches Erbe der UNESCO (ICDH) in Korea gezeigt, dass koreanische Schriftgelehrte schon im 13. Jahrhundert ausreichend über die ideale Metallzusammensetzung und die Optimierung der Schriftsetztechnik gewusst haben, um schon um 1234 herum Bücher mit beweglichen Metalllettern zu drucken. Das älteste bekannte Beispiel dafür sei das Jikji, also die buddhistischen Lehren, aus dem Jahr 1377 – und damit fast 80 Jahre vor Gutenbergs Bibel. Auch die französische Nationalbibliothek würdigte im Sommer die koreanischen Funde und stellte die ältesten Jikji-Drucke zusammen mit Gutenberg-Drucken aus. Darüber hinaus wurde zudem ein kurzes Video über die Jukji-Drucke produziert.
Ergebnisse der Röntgen-Untersuchung
Aktuell befinde sich das beschriebene Forschungsprojekt noch in einer frühen Phase. Genaue Erkenntnisse liegen dem Artikel zufolge darum noch nicht vor. Ziel sei es jedoch, ein besseres Verständnis über diese frühen Druckverfahren zu erlangen. So gehe es beispielsweise um die Frage, ob die Metalle in der verwendeten Tinte auslaugen und so zum Beispiel auch Rückschlüsse auf die Legierung erlaubten, die Gutenberg für seine Lettern verwendet hat. Diese könnten dann mit denen aus Korea verglichen werden, heißt es in dem Artikel des „Physics Magazine“.
Beyond-print.de wird auf jeden Fall dranbleiben und weiter von dem Forschungsprojekt berichten.
