Es ist kein Geheimnis: Viele Offline-Drucker lassen Kundenaufträge bei Online-Druckern fertigen. Soweit kein Problem, schade nur dass dann später niemand dazu stehen mag – im Gegenteil es wird fleißig über die „mäßige Qualität“ von Online-Druckern gekeift. Eine typisch deutsche Neid-Debatte?
Die Zeiten in denen man per se den Stab über die Druckqualität von Onlinedruckern brechen kann sind wohl vorüber. Die meisten Onlineprinter liefern gute bis sehr gute Druckprodukte – kein Wunder, denn in diesem Bereich kann aufgrund der Erlöslage natürlich in Maschinen, Know-How und Systeme investiert werden. Wir testen von Zeit zu Zeit, entweder im Auftrag des jeweiligen Onlineprinters – oder eben zur Eigenrecherche – die Qualität von Onlinedruckern. Und da hat sich einiges getan, von der „absolut miesen Druckqualität“, die gerne vom Offline-Wettbewerb attestiert wird, ist keine Spur. Nur die Onlineprinter mit unterschiedlichen Zulieferern, also Druckern als Subunternehmer, liefern – sagen wir mal – „wechselhafte Qualität“ ab.

Nun mag man sich fragen wie „der Zipper“ jetzt dann auch noch die Qualität definieren möchte – doch genau da sind die Wurzeln von zipcon und dem zipcon-Netzwerk. Der geneigte Leser darf an dieser Stelle Google bemühen, sonst wird mir das zu werblich hier. Fakt aber ist, dass wir uns durchaus anschauen wie bestimmte Motive bei einem Drucker ausschauen und wie es dann ein paar Wochen später aussieht. Sehr aufschlussreich. Denn: Die Top-10 die wir als „Ghostshopper“ getestet haben, sind echt ok. Nur in der Weiterverarbeitung wurde es mitunter etwas „schräg“.
Aber wenn dem doch so ist, also die Onlineprinter in Sachen Qualität in Ordnung sind, warum schimpfen dann die Offlineprinter über den Online-Wettbewerb? De facto sind Onlineprinter ja auch nicht anders als der Drucker „um die Ecke“ der dem Drucker vor Ort Konkurrenz macht. Das Internet hat diese Situation nunmehr multipliziert und den Wettbewerb damit drastisch vergrößert. Gut, man redet den Wettbewerb immer gerne ein wenig kleiner und erhöht sich und sein Unternehmen vielleicht ab und an mal ein wenig, aber warum diese unehrliche Neiddebatte?
„Online- und Offlineprint stehen im Jahr 2015 nahezu auf gleichem Qualitätsniveau – ist das der Grund für die Neiddebatte?“
– Bernd Zipper
Das Thema beschäftigt mich nun schon eine ganze Weile und im Austausch mit einem geschätzten Kollegen aus der Initiative Online Print kam ein weiterer Aspekt hinzu: Die ehemalige „Service-Hoheit“ der Offlinedrucker bröckelt. Konnte bis dato noch der Offlinedrucker mit Service „vor Ort“ oder einer besonderen Betreuungsgüte glänzen, so machen ihm nun die verbesserten Services von Flyeralarm oder auch Onlineprinters zu schaffen. Die haben längst erkannt, dass es gilt einen Kunden wirklich gescheit zu beraten und zu bedienen und haben, man mag es kaum glauben, auch eigene Vertriebskonzepte für den Face-to-Face-Vertrieb. Ein Bereich der normalerweise dem klassischen Drucker vorbehalten war. Anbieter wie zum Beispiel Laserline aus Berlin bieten dies schon seit Jahren und haben sich eine gesunde „lokale“ Fangemeinde erarbeitet. Dies bedeutet nun nichts anderes, als dass die Onlinedrucker nun dem klassischen Drucker eine der letzten „Bastionen“ vor der Nase wegerobern. Onlinedrucker sind eh schon 24-Stunden am Tag erreichbar und nun kommt auch noch ein persönlicher Vertrieb und eine serviceorientierte Beratung hinzu. Übrigens: In diesem Bereich nimmt das Unternehmen viaprinto.de eine Vorreiterrolle mit Vorbildcharakter ein!
Tja. Und jetzt? Auf den Punkt gebracht bedeutet dies:
- Onlineprinter sind moderner ausgestattet und können daher effektiver oder zumindest gleich effektiv wie Offlineprinter produzieren. Eine effektivere Produktion plus ein effektiverer Einkauf bedeuten ein besserer Preis für den Abnehmer. Grund für die modernere Ausstattung ist entweder eine ausreichende Menge Eigenkapital oder ein gescheiter Investor.
- Durch die bessere Ausstattung und die Standardisierung der Produktion können Onlineprinter oft eine saubere Qualität abliefern.
- Onlineprinter nutzen das Internet als Serviceplattform und werden dadurch zu einigen „unfreiwilligen“ Services (u.a. kompetente Hotline, Kreditkartenzahlung etc.) gezwungen, haben sich dadurch aber eine eigene, firmeninterne Servicekultur aufgebaut. Das weiß der Kunde zu schätzen.
- Via persönlichem Keyaccount-Service und mit dynamischen, auf den Kunden angepassten B2B-Portalen, bieten viele Onlineprinter auf einmal bessere Services an als Offlineprinter.
- Durch Filialen (Prinzip Flyeralarm) oder schlicht durch gescheite Vor-Ort-Präsenz (Prinzip Laserline) wird der Onlineprinter vor Ort „erlebbar“ und nimmt dem Offlinedrucker abermals Kunden ab.
- Durch intelligente Servicekonzepte drehen viele Onlineprinter dem Offlineprinter schlicht „eine lange Nase“. Dem Kunden macht es auf einmal Spaß Druck zu kaufen. Grund: Es geht schnell, er wird ernst genommen, die Geheimwissenschaft Druck wird für ihn via Shop entschlüsselt, er muss nichts abholen oder hinbringen und das Ganze auch noch zu einem guten Preis.
Ok. Wenn ich mir das so überlege, kann ich so langsam den Offlineprinter verstehen. Er rackert den ganzen Tag um seine Infrastruktur am Leben zu erhalten (das Wörtchen „künstlich“ lasse ich mal weg), kämpft täglich um seine Kunden und verliert regelmäßig gegen den Onlineprinter weil der ja „so günstig“ ist. Seine Reaktion des Neids und der Missgunst ist daher logisch, wenn auch – in meinen Augen – unnötig.
Wäre es nicht gescheiter die Erfolgsfaktoren der Wettbewerber zu analysieren und dann einen eigenen Weg zu entwickeln? Wäre es nicht der bessere Weg von den neuen Geschäftssystemen der Onlineprinter zu lernen? Sollte man nicht sogar ggf. mit dem einen oder anderen Onlineprinter kooperieren?
Ich glaube an Print und ich liebe Druckereien – moderne Unternehmen genauso wie typische Letterpresser – und ich glaube daran, dass der Vertrieb von Print via Onlinesysteme (also Shop, Portal, Beschaffungsportal etc.) die Branche in das Industrie 4.0-Zeitalter katapultieren wird. Aber ich glaube auch an den „kleinen, feinen Spezialitätendrucker“, der Produkte möglich macht, die kein anderer Anbieter realisieren kann. Ich glaube aber nicht mehr an den 08/15-Drucker der genau das macht was alle anderen machen, daher ist es nun an der Zeit neue Wege zu finden. Ein guter Anfang wäre vielleicht mal mit einem Onlineprinter zu sprechen ob man nicht kooperieren könnte. Robert Keane, CEO von cimpress, nennt dies „Co-op-e-ti-tion“ – ein Modell das Zukunft hat.
Discussion2 Kommentare
Zieht sich durch alle Branchen:
das Discount-Segment: wächst
das Premium-Segment: wächst
das Standard-Segment: stirbt
Keiner will Standardleistung mit Standardservice zu Standardpreisen.
Leider ist es doch so, dass Kunden sehr oft nur Bittsteller und zudem die Klein- und Familienunternehmen mit ihrem „Alltagskampf“ selbst beschäftigt sind, nicht nur in der Druckbranche. Dienstleistung, Beratung, Service, Kundenbetreuung usw. sind Fremdwörter.
Die Onlinebranche versteht Marketing (inkl. Affiliate), Kundenrückgewinnung usw. einzusetzen, dito. für neue Produkte und Ideen.
Mir ist es bisher nicht untergekommen, dass der Offline-Drucker mir sowas unterbreitet hat.
Selbst bei wiederkehrenden Terminen, ist ein Angebote, Terminerinnerung o.ä. ausgeblieben.
(bei AU/HU KFZ – ist dies selbst bei den Prüforganisationen zwischenzeitlich Standard – nur um mal ein Vergleich heranzuziehen)