Eine zündende Idee und eine Dreizimmerwohnung reichten 2003 aus, um Posterlounge zu gründen. Heute beschäftigen Mandy Reinmuth, Falk Teßmer und dessen Bruder Florian für den Online-Shop und die hauseigene Produktion von Postern und Wandbildern etwa 40 Mitarbeiter.
Die Mission des Unternehmens aus Leipzig: Mit Wandbildern und Kunstdrucken einen ordentlichen Klecks Farbe in den Alltag bringen! Klassischen Werken von Leonardo da Vinci, Albrecht Dürer, Monet, Klimt oder van Gogh wird neues Leben eingehaucht und Gegenwartskünstlern und Fotografen, die ihre Kunst ohne aufwendige eigene Vermarktungsstrategien verkaufen wollen, wird mit Posterlounge zugleich eine Plattform geboten. Bernd Zipper wollte genauer wissen, wie ein solches Geschäftsmodell funktioniert.
Bernd Zipper: Wer den Begriff „Poster“ googelt, erhält ungefähr 5.960.000.000 Ergebnisse. Die braucht man sicherlich nicht alle. Posterlounge findet man dabei aber schon auf der ersten Ergebnisseite. Wie erreicht Ihr das?
Florian Teßmer: Zum einen arbeiten wir fortwährend an der Steigerung des Bekanntheitsgrades unserer Marke, was auf die organische Suche einzahlt – sowohl national als auch international. Zum anderen arbeiten wir mittels technischem SEO stets an der On-page-Optimierung unserer Shops. Zuallererst geht es darum, dass uns die User überhaupt finden und danach sollen sie in unseren Shops das finden, was sie suchen.
Wichtig dabei ist, dass unsere Seiten sehr übersichtlich sind. Das gelingt uns unter anderem mit Kategorien und diversen Filtermöglichkeiten, mit denen sich Kunden durch unser Motivportfolio klicken können.

Bernd Zipper: Euer Shop hat zurzeit 1.354 Seiten mit je 60 Motiven – das sind 81.240 unterschiedliche Designs. Wie kommt man auf eine solch stattliche Anzahl verschiedener Motive? Und wie ist der Shop eigentlich entstanden?
Mandy Reinmuth: In meiner Tätigkeit als Schauwerbegestalterin und Illustratorin habe ich vor Posterlounge unter anderem Ladengeschäfte mit selbsterstellten großformatigen Bildern dekoriert, die so gut bei den Kunden ankamen, dass sie sie kaufen wollten. So entstand die Idee, mit einem Online-Shop Kunst für jedermann anzubieten.
Angefangen haben wir 2003 mit Motiven im Lounge-Stil der 70er Jahre. Diese waren damals mein persönliches Steckenpferd – meine Illustrationen waren auch die allerersten im Shop. Da wir mit den steigenden Bestellzahlen unseren Kunden eine größere Bandbreite an Kunststilen anbieten wollten, kamen mehr und mehr weitere nationale, aber auch internationale Künstler dazu.
Heute arbeiten wir mit namhaften Bild- und Künstleragenturen wie Bridgeman Images und National Geographic sowie mit zahlreichen zeitgenössischen Künstlern zusammen. So kommt unser großes Motivportfolio zustande.
Bernd Zipper: Jedes der angebotenen Poster lässt sich aktuell in acht Ausführungen (als Poster, Gallery-Print oder als Wandsticker, auf Acrylglas, Alu, Holz, Hartschaum oder Leinwand), in unterschiedlichen Größen, mit oder ohne Rahmen auswählen. Das sind, wenn ich mich nicht verrechnet habe, 11 Millionen Varianten. Trotzdem geht es nicht wirklich um individualisierte Produkte – oder seht Ihr das anders?
Falk Teßmer: Unsere Produkte sind durchaus individuell. Unser Claim lautet „Kunst für jede Wand“ und genau das bieten wir. Ob romantischer alter Meister oder abstrakter Gegenwartskünstler – Kunden bekommen ihr Lieblingsmotiv aus unserem Portfolio und zwar genau auf dem Material, in der Größe und mit dem Rahmen ihrer Wahl. Wir produzieren es entsprechend ihrer Wünsche speziell für sie.
Bernd Zipper: Andere werben mit einer Auswahl von 100 Millionen Postern. Wie ehrlich und nützlich sind solche Angaben eigentlich?
Mandy Reinmuth: Natürlich sind solche Zahlen nur schwer greif- oder vorstellbar. Wir haben eine große Motivvielfalt, um eine möglichst große Auswahl zu schaffen. Bei uns findet eigentlich jeder etwas. Wir möchten aber auch ein Überangebot ähnlicher Motive vermeiden. Der Grat, eine Motivredundanz zu vermeiden und dennoch die Nachfrage der Kunden nach bestimmten Designs und Stilen zu befriedigen, ist schmal, aber bis jetzt haben wir den Spagat gut hinbekommen.
Bernd Zipper: Ihr tretet mit Eurem Shop ja gegen harten Wettbewerb an. Ich denke zum Beispiel an Lumas, aber auch an Einrichtungshäuser, Baumärkte und Dickschiffe wie Ikea, die Standard-Poster – gedruckt in hohen Auflagen – anbieten. Wie lässt sich dagegen Euer Anspruch definieren?
Florian Teßmer: Die Wertigkeit der Trägermaterialien und damit einhergehend das Druckergebnis zeichnet uns aus. Poster drucken wir beispielsweise mit einem 3 mm breiten weißen Rand auf 250 g starkes Premiumpapier. Sie sind nicht nur aufgrund ihrer edlen Optik, sondern auch haptisch ein Erlebnis, denn sie haben einen spürbaren Farbaufbau. Eine derart hohe Qualität bekommt man nicht im Möbelhaus oder Baumarkt. Außerdem gibt es da nur eine sehr begrenzte Anzahl an Designs, Größen und Materialien – diese Produkte sind quasi „von der Stange“.
Wir sind dagegen sehr breit aufgestellt, produzieren inhouse und on-Demand nach Kundenwunsch. Das erlaubt uns ressourcenschonend zu arbeiten, zudem können wir die Produkte fortlaufenden Qualitätsprüfungen unterziehen. Wir können schnell reagieren, wenn es um Produktoptimierungen oder auch Motivtrends geht. Vom Büro in unsere Produktion sind es nur wenige Schritte und der Draht zu unseren externen Künstlern und Agenturen ist sehr kurz. Abstimmungsschleifen dauern bei uns nicht lange.
Bernd Zipper: Nun ist das Drucken ja eine Sache. Das Konfektionieren beziehungsweise Rahmen der Motive eine völlig andere. Wie wichtig ist bei dem Gesamtprozess die Technik? Und welche Technik wird eingesetzt?
Falk Teßmer: Eine effiziente und moderne Technik ist unerlässlich, um dem Kunden ein hochwertiges Produkt liefern zu können. Für den Druck unserer Bilder setzen wir auf Rollen- und Plattendrucker von Canon. Aktuell nutzen wir zwei Océ Arizona 6170 XTS und vier Océ Colorados 1640. Über Letztere produzieren wir unsere Gallery Prints sowie Acrylglas-, Hartschaum-, Leinwand-, Holz- und Alubilder in Größen bis zu 180 x 120 cm.
Das Ergebnis sind brillante, kratzfeste Farben und perfekte Farbübergänge. Einzige Ausnahme dabei bilden unsere Holzbilder, die von ihrem vergleichsweise helleren Farbergebnis leben. Wir haben uns hierbei für Birkenholz entschieden, weil es eine schöne, natürliche Maserung hat.
Darüber hinaus haben wir zwei Zünd-Cutter, zwei EasyFrame-Systeme und Maschinen für Rahmung und Verpackung im Einsatz. 2018 haben wir begonnen, Poster- und Plattendrucke auf Wunsch auch von Hand mit Bilderrahmen zu versehen. Inzwischen haben wir ein umfangreiches Sortiment an Echtholz- und Alurahmen in verschiedenen Ausführungen. Unsere Kunden können abhängig vom Material fast jedes Bild gerahmt bestellen, bekommen ein handgerahmtes Produkt mit Kunstglas, MDF-Rückwand, Aufhängung und einer rückseitigen Verklebung.
Bernd Zipper: Der Versand dürfte aber nicht minder aufwendig sein?
Falk Teßmer: Da wir sichergehen wollen, dass unsere Wandbilder unbeschadet bei unseren Kunden ankommen, setzen wir auf stabile Kartonagen, Versandtaschen- und hülsen aus recycelbarem Karton. Plattendrucke versehen wir mit Kanten- und Eckenschonern aus Schaumstoff und versenden sie in einer Schutzhülle und maßgefertigten Bilderkartons.
Trotz dieses Aufwands ist es unser Ziel, Abfälle zu minimieren und auf möglichst viel neues Füllmaterial zu verzichten. Deshalb arbeiten wir mit einer Recyclinglösung, mit der wir Altkartons von Retouren schreddern und als Polstermaterial wiederverwerten. In Kürze werden wir Plattendrucke und gerahmten Bilder über eine Wickelmaschine verpacken, die einen noch höheren Schutz bietet und uns erlaubt, formunabhängig zu verpacken. Mit diesem System können wir abermals auf einen Großteil von neuen Verpackungsstoffen verzichten und unseren Materialeinsatz reduzieren.
Bernd Zipper: Ihr arbeitet mit dem Versandhändler Otto zusammen. Gibt es noch weitere Partnerschaften?
Florian Teßmer: Angefangen haben wir bei Otto 2018 mit 10.000 Motiven. Inzwischen macht Otto einen Anteil von rund sechs Prozent unseres Geschäfts aus. Unsere Multiplattform-Aktivitäten hatten wir zeitgleich mit dem Launch der deutschen Plattform im Jahr 2003 gestartet. Damals begannen wir mit Produktlistings bei eBay. Kurz danach ging ein Großteil unserer Produkte bei Amazon online. Da wir uns bereits mit diesen Plattformen international aufgestellt haben, war es nur logisch, dass wir die Fühler nach weiteren Marktplätzen jenseits unserer Ländergrenzen ausstrecken. So verkaufen wir in Frankreich bei Cdiscount.
Bernd Zipper: Wie sieht es – unabhängig von den angesprochenen Partnerschaften – mit der eigenen Internationalisierung aus?
Falk Teßmer: Den Grundstein für unsere Internationalisierung haben wir bereits kurz nach dem Start unserer deutschen Seite gelegt, indem wir mit einem UK-Shop live gegangen sind. Ende 2017 folgten dann die Märkte Spanien und Frankreich.
Inzwischen haben wir sieben Ländershops, unter anderem auch einen für Schweden. Die Tendenz ist steigend und in wenigen Monaten folgen weitere Länder. Wir versenden bereits europaweit, und da das Potenzial international sehr groß ist, möchten wir unseren internationalen Kunden ein verbessertes Nutzer- und Einkaufserlebnis in ihrer Landessprache bieten.
Bernd Zipper: Im Online-Handel geht Studien zufolge jede sechste Bestellung wieder zurück. Wir geht Ihr mit diesem Problem um?
Falk Teßmer: Unsere Retourenquote liegt durchschnittlich zwischen zwei und vier Prozent. Sie ist also sehr niedrig, was wir darauf zurückführen, dass die Kunden bereits auf den Seiten im Shop eine ziemlich genaue Vorstellung von den Produkten bekommen. Damit versuchen wir, Retouren schon in einem frühen Stadium des Bestellvorgangs vorzubeugen.
Bernd Zipper: „Kunst für jede Wand“ taucht auf Eurer Internetseite wie ein Claim auf. Auch da steht Ihr im Wettbewerb mit Unternehmen, die die Lieblingsfotos ihrer Kunden als Wandbilder vermarkten. Oder ist das ein ganz anderer Markt?
Mandy Reinmuth: Das sind keine direkten Mitbewerber, da es sich bei dieser Art von Print-on-Demand um ein komplett anderes Geschäftsfeld handelt. Wir sind kein Fotodienstleister, drucken daher auch keine privaten Fotos. Unser Ziel ist es, leere Wände mit Kunst zu schmücken. Bei uns gibt es Motive verschiedener Künstler aus der Klassik und Moderne, darunter auch einzigartige Fotografien, weshalb wir uns vielmehr als ein Art-on-Demand-Anbieter verstehen.

Bernd Zipper: Bei Fotodienstleistungen ist eine gewisse Konsolidierung zu erkennen. Auch in Eurem Segment sehen wir Übernahmen wie etwa die kürzlich erfolgte Akquisition von WhiteWall durch Cewe. Wie schätzt Ihr die Situation ein?
Florian Teßmer: Generell ist die Druckbranche chancenreich und hat viel Potenzial. Da wollen natürlich viele ein Stück vom Kuchen abhaben, weshalb wir schon seit einiger Zeit beobachten, dass immer mehr Print- und speziell Art-on-Demand-Anbieter auftauchen. Wir vertrauen weiterhin auf unsere Qualität und darauf, die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen.
Uns gibt es jetzt seit 16 Jahren und in dieser Zeit sind wir gänzlich ohne Finanzierungsrunden und Fremdkapital ausgekommen. Unser Ziel ist es, auch weiterhin stets aus eigener Kraft gesund zu wachsen. Wir haben die Firma nicht gegründet, um sie teilen zu müssen oder zu verkaufen. Eine Übernahme kommt für uns nicht infrage. Als Gründer und Geschäftsführer wollen wir noch sehr viele Jahre selbst in der Firma arbeiten.
Bernd Zipper: Wir hatten bereits über das Riesenangebot an Bilddienstleistungen gesprochen. Ist der Markt nicht längst schon ausgereizt?
Falk Teßmer: Wir sehen in unserem Segment nach wie vor viel Potenzial, da hier die Einzigartigkeit und Qualität von Kunst im Vordergrund steht und nicht der bloße Ausdruck eines Bildmotivs. Für uns stellt vor allem die Zusammenarbeit mit Künstlern und Fotografen eine schier unendliche Quelle an Kreativität dar und daraus entspringen unzählige neue Ideen. Die Trends der nächsten Jahre werden neue Themen, Designs und Bilder erfordern.
Bernd Zipper: Der jüngeren Generation wird nachgesagt, dass sie verstärkt Gefallen an haptischen Bilderlebnissen finden. Könnt Ihr diesen Eindruck teilen?
Mandy Reinmuth: Das stimmt: Es scheint, dass sich die „Digital Natives“ wieder mehr für Analoges interessieren – vielleicht weil es aufgrund der Masse an digitalen Daten inzwischen etwas Besonders ist. Uns freut natürlich, dass vor allem die Nachfrage nach Kunst für die eigenen vier Wände auch bei recht jungen Leuten zunimmt.
Es ist spannend zu sehen, dass sie sich auch für vergleichsweise traditionellere Kunstrichtungen und Motive interessieren – sowohl die der alten Meister als auch von zeitgenössischen Künstlern. Da sind Vintage und Retro nach wie vor die Buzzwords schlechthin. Modernere Designs wie Illustrationen und Typografien finden aber natürlich auch großen Anklang. Was die Materialien anbelangt, kommen bei uns vor allem gerahmte Poster und Holzbilder sehr gut bei der jüngeren Käuferschaft an.
Bernd Zipper: In Deutschland werden bereits über 70 Prozent aller Bilder am Computer oder Smartphone geordert und nach Hause geliefert. Nutzerwünsche nach noch intuitiveren und smarteren Bedienerlebnissen erfordern neue Dienstleistungsangebote. Was könnt Ihr dazu beitragen?
Florian Teßmer: Unsere Ideenliste ist lang und es gibt vieles, was man umsetzen könnte, um dem User ein noch besseres Einkaufserlebnis zu ermöglich. Letztlich ist es aber auch in unserem Fall wie so oft eine Frage des Budgets. Unser Familienunternehmen hat keine Anteilseigner, weshalb wir nicht über die gleichen Budgets wie einige unserer Mitbewerber verfügen. Wir stemmen alles aus eigener Kraft und decken von der IT über das Marketing bis hin zur Produktion auch einen Großteil intern ab. Da das auch langfristig so bleiben soll, konzentrieren wir uns darauf, unseren Shop konstant weiterzuentwickeln.
Bernd Zipper: Wie geht es mit Posterlounge weiter?
Falk Teßmer: Was uns ausmacht, ist die große und ausgewogene Vielfalt der Produkte und das gute Preis-Leistungs-Verhältnis. Mit der Sortimentsgröße und Materialpalette sind wir einer der größten Anbieter auf unserem Gebiet. Wir sind sehr stolz darauf, unseren Gründungsgedanken bis heute zu verfolgen und lassen uns nicht von unserer Vision ablenken: Kunst sollte für jedermann zugänglich und erschwinglich sein.
Bernd Zipper: Vielen Dank für das Gespräch und für die „Kunst für jede Wand“. Weiterhin viel Erfolg.
