SMS und QR-Code: Schon aufs Altenteil?

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Beide Techniken sind nach Maßstäben des Online-Zeitalters uralt. Sie entstanden Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre: Damals wurde in Europa das SMS-Konzept erstellt, das unter anderem die Begrenzung auf maximal 160 Zeichen festlegte. Und in Japan entwickelte man beim Autohersteller Toyota den QR-Code für die Materiallogistik. Beide Techniken bestehen heute fort und es haben sich auch neuere Anwendungen entwickelt. Und beide gelten heute vielen als „out“. Wie berechtigt ist das?

SMS stürzt ab

Endlich, endlich zeigt die Kurve der SMS-Nutzung mal nach unten. Nach neuen Bitcom-Zahlen sind die in Deutschland pro Jahr versandten Kurznachrichten von fast 60 Milliarden in 2012 auf 37,9 Milliarden in 2013 gesunken, nachdem bis dato ein ständiger Anstieg zu verzeichnen war. Die Gründe sind naheliegend: Die Messenger-Apps und da allen voran WhatsApp gewinnen nun zunehmend Akzeptanz – und sind für die Anwender günstiger. Deshalb ist der starke Einbruch der totalen Anzahl an Kurznachrichten auch nicht so dramatisch. Was diese Zahlen aber nebenher aussagen: Die Relevanz von Smartphones, Voraussetzung für diese Apps, steigt. Und die Bereitschaft von Smartphone-Nutzern, sich auf ein Tool zur Kommunikation zu einigen, steigt auch (schließlich benötigt eine WhatsApp-Gegenstelle auch eine Installation von WhatsApp – bei SMS ist das seit 20 Jahren automatisch an Bord eines Mobiltelefons).

Grafik: Bitcom
Grafik: Bitcom

Wenn Sie dieses Posting lesen, gehören Sie wahrscheinlich zu denen, die längst die Nutzung von SMS zurückgefahren haben und sich nun möglicherweise wundern, warum dieser Knick erst jetzt auftaucht. Nun: Sie sind der Gesellschaft im Nutzungszyklus einer Technologie (im Durchschnitt) zeitlich voraus, falls Sie das Profil eines typischen Technologieblog-Lesers haben. Die Gesamtgesellschaft ist in der Technologieadaption aber nun mal nicht so schnell wie Sie.

Wird der Short Messaging Service nun in die Bedeutungslosigkeit verschwinden? Nein, nur als „Telefongesprächersatz“ mit seinen vielen Einzelnachrichten wird er eine kleinere Rolle spielen. Denn SMS hat schließlich handfeste Vorteile: Werden Marketing-Emails nur zu 11% geöffnet, liegen die Öffnungsraten bei Marketing SMS bei 95%. Und SMS-Nachrichten werden wesentlich schneller vom Empfänger gelesen. Nach durchschnittlich drei Minuten ist die Message beim Empfänger angekommen. Inhalte von E-Mails werden hingegen erst nach durchschnittlich 384 Minuten zur Kenntnis genommen.

Im Bereich Push-Content wird die SMS möglicherweise wegen der zunehmenden Bedeutung von SoLoMo wieder etwas an Einfluss hinzugewinnen. SMS wäre einer der Kanäle, den Kunden noch am Ort des Geschehens zu erreichen. Und abgesehen davon spielt SMS eine wichtige Rolle bei der Zwei-Faktor-Authentifizierung etwa für Single Sign On in Onlineshops oder beim Online Banking.

Trends bei QR Codes

Während SMS eher wenig Berührungspunkte zu Druckprodukten selber hat, werden Quick Responce Codes gerne gedruckt. Bis QR Codes überhaupt nennenswerte Bekanntheit bei mobilen Nutzern fanden, dauerte es wesentlich länger als bei der SMS. Und die Nutzung von QR Codes hinkt den immer noch steigenden Nutzerzahlen bei Smartphones hinterher. Im Durchschnitt verschiedener Statistiken nutzt momentan etwa einer von fünf Smartphone-Besitzern regelmäßig eine QR-Code-App. Immerhin gehört der deutschsprachige Raum neben Großbritannien eindeutig zu den Regionen in Europa mit der häufigsten Nutzung.

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Die Druckbranche sollte ein vitales Interesse am QR Code haben. Es gibt nämlich nicht allzu viele Überbrückungen für den Medienbruch Print/Online.
Bernd Zipper

Die populärste Nutzung ist das Scannen eines QR Codes aus einem gedruckten Magazin oder ähnlichen Druckprodukten. Über dem Daumen sind das etwa 20 Prozent der Anwendungen. Auf den weiteren Plätzen folgen weitere Druckprodukte (Poster, Flyer,…) als QR-Code-Träger, während das Abscannen von einem Monitor weniger beliebt ist. Allerdings verliert die mobile Nutzeraktivierung bereits schon wieder an Beliebtheit unter den Verantwortlichen für Marketing-Kampagnen. Ein zweiter Effekt wirkt sich bereits aus, nämlich der Anstieg von Mobilnutzeraktivierungen durch andere Bilderkennungsverfahren. Und wenn man drittens noch berücksichtigt, dass zu QR Code noch eine Reihe anderer Offline/Online-Technologien wie Augmented Reality, mobile Apps oder NFC und Bluetooth-Beacons sich weiter etablieren, wird das Potential des QR Codes gleich von mehreren Seiten „angeknabbert“. Selbst Short Codes per SMS zählen dazu. Die Interaktionen bei QR Codes werden also in meinen Augen niemals solche Zuwächse erleben wie bei der SMS. Aber auch QR Codes werden weiter bestehen – es kommt nur auf die richtigen Anwendungen an. Diese zu propagieren und mit anzustoßen, daran sollte die Druckbranche ein vitales Interesse haben. Sie hat nämlich nicht besonders viele Werkzeuge zur Überbrückung des Medienbruchs Print/Online zur Hand.

Statistik-Quellen: Bitcom, Millward Brown, Pitney Bowes

Gründer und CEO von zipcon consulting GmbH, einem der führenden Beratungsunternehmen für die Druck- und Medienindustrie in Mitteleuropa. In den unterschiedlichsten Kundenprojekten begleiten der Technologie- und Strategieberater und sein Team aktiv die praktische Umsetzung. Er entwickelt Visionen, Konzepte und Strategien für die im Printerstellungsprozess beteiligten Akteure der unterschiedlichsten Branchen. Seine Fachgebiete sind u.a. Online-Print, Mass Customization, Strategie- und Technologie Assessment für Print, sowie die Entwicklung neuer Strategien im Print- und Mediaumfeld. Bernd Zipper ist Initiator und Vorsitzender der Initiative Online Print e.V. und neben seiner Beratertätigkeit Autor, Dozent sowie gefragter Referent, Redner und Moderator. Seine visionären Vorträge gelten weltweit als richtungsweisende Managementempfehlungen für die Druck- und Medienindustrie. (Profile auch bei Xing, LinkedIn).

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