Vor kurzem, auf dem Online Print Symposium, hatte ich in meinem Trends-Vortrag von den Verschiebungen der Druckunternehmensgrößen und -ausrichtungen in der Zukunft gesprochen. Dabei benutzte ich den Begriff „Commodity-Druckereien“ für eben jene Druckdienstleister, die das anbieten, was viele andere eben auch anbieten. Das nennt sich auch „Mee too.“ In der Tat ist eine mangelnde Unterscheidbarkeit der Dienstleistungen besonders in der Druckindustrie verbreitet. Da mögen viele jetzt protestieren, wer sich aber nur auf der abgegrenzten und deutlich abgeweideten Koppel seinen Platz sucht, entdeckt kein frisches Grasland. Jetzt, in der Sommerzeit, möchte ich Ihnen daher ein paar Lesetipps geben, die dazu anregen können, aus dem Silodenken einmal auszubrechen und ein wenig Querdenken zu betreiben – oder einfach nur Impulse für das Überdenken seiner Geschäftsmodelle zu erhalten.

Lassen Sie mich mit einer auch für den Urlaub geeigneten Lektüre beginnen. Wenn Ihnen am Strand nicht so recht nach Lesen zumute ist, können Sie sich bei diesem Titel namens „33 Erfolgsprinzipien der Innovation“ nämlich auch auf die Zitate beschränken. Kostprobe:
Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, dass man neue Länder sucht, sondern darin, dass man neue Augen hat.
– Marcel Proust
Das Buch von Oliver Gassmann und Co-Autor Sascha Friesike ist aber nicht nur wegen der Zitate so lesenswert, sondern selbstredend wegen der 33 Erfolgsprinzipien wie etwa das Kleine-Schwarze-Prinzip, das Aikido-Prinzip, das Yogi-Berra-Prinzip oder (auch das gibt es) das Spaß-Prinzip. Dahinter stecken Denkanstöße, zu denen mir sofort weitere und konkretere Ideen gekommen sind. Oliver Gassmann, ein BWL-Professor, ist einer der vielzitierten Experten im Innovationsmanagement und hat sich ausführlich mit Konzepten wie Open Innovation und – was ich für die Druckbranche besonders spannend finde – Cross Industry Innovation beschäftigt. In diesem Titel, verlegt bei Hanser, gelingt es ihm und seinem Mitautoren, die Prinzipien sogar richtig unterhaltsam darzustellen.
Sein wir ehrlich, 95% der Arbeitstätigkeit sind bei uns Routine, da sind wir eingeübt und bewegen uns auf bekannten Pfaden. Und hat mal einer eine gute Innovationsidee… geht sie meistens unter. Warum das so ist und wie sich Innovationen „against all odds“ dennoch in Unternehmen durchsetzen können, dem geht Gunter Dueck in seinem Buch „Das Neue und seine Feinde: Wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen“ (Campus Verlag) nach. Der Mann war bei IBM unter anderem an der Grundlagenarbeit für das Cloud Computing beteiligt, davor Mathematikprofessor und ist jetzt als Speaker und Autor im Unruhestand. Und in meinen Augen ist er ein ausgewiesener Kenner der Digitaltransformation. Wer diesen Prozess nicht in seiner vollen Tragweite ernst nimmt (Stichwort E-Business) ist für ihn – nicht nur für ihn – bald weg vom Fenster.
Das Blaue-Ozean-Prinzip ist schon fast ein Klassiker. Das Buch „Der Blaue Ozean als Strategie: Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt“ von Chan Kim und Renée Mauborgne (erschienen bei Carl Hanser) gießt eigentlich alten Wein in neue Schläuche – und ist dennoch für viele Akteure der Druckbranche lesenswert. Es geht um Neuland, unentdeckte Geschäftsfelder und das Verlassen des Roten Ozeans, in dem sich der Mitbewerb mit vergleichbaren Produkten aufreibt, die Grenzen des Marktes klar definiert erscheinen und Margen und Wachstumschancen stetig abnehmen. Stattdessen empfiehlt das Buch, selber den blauen Ozean zu entdecken, sprich Geschäftsfelder, in denen es noch keinen Wettbewerb gibt und in denen man einzigartig ist. Das nennt man Differenzierung. Man sollte meinen, eine Differenzierungsstrategie ist kostspielig, aber das Buch behauptet praktisch das Gegenteil. Zwar müssen größere Unternehmen als Fallbeispiele herhalten, aber eine Auseinandersetzung mit diesem Titel ist auch mittelständischen Druckdienstleistern empfehlenswert.
US-amerikanische Managementliteratur liegt mir oftmals nicht so sehr. Eine Ausnahme ist jedoch ein Buch von James C. Collins: „Good to Best“, auf Deutsch unter dem Titel „Der Weg zu den Besten: Die sieben Management-Prinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg“ im Campus-Verlag erschienen. Es sagt mir vor allem deshalb zu, weil für diesen Titel vom Autoren und seinen Mitarbeitern so systematisch Unternehmen verglichen wurden. Dabei kristallisierte sich heraus, wie manche Firmen sich in einer vergleichsweise kurzen Umschwungphase von durchschnittlichen zu überdurchschnittlichen Unternehmen entwickelten. Wie bei Kim/Mauborgne werden hierzu nur börsennotierte Firmen betrachtet, aber die Schlussfolgerungen für Managementstrategien sind größtenteils auch auf deutsche Verhältnisse und kleinere Unternehmen übertragbar. Und manchmal sind die Erkenntnisse dieses Buchs überraschend und doch nachvollziehbar.
Direkt aus der Druck- und Medienindustrie kommen die Autoren von „Agiles Publishing – Fokus auf Nutzer, das Silo-Denken beenden: Neue Wege des Publizierens für Print, Web und Apps.“ Detlev Hagemann, Georg Obermayr und Matthias Günther übertragen den Ansatz agiler Arbeitsmethoden aus der Softwareentwicklung in die Arbeitsprozesse des Publishing. Das Buch ist nicht nur für Publiziernde empfehlenswert, sondern auch für Druckdienstleister, die sich ja im zunehmenden Maß mit IT-Prozessen (Webshop-Entwicklung, mobile Apps, IT-gestützte Produkte und Produktion,…) auseinandersetzen müssen. Eine ausführliche Besprechung gab es bereits zum Erscheinen im November 2013 auf dem Blog unserer EPOS Studie.