Die „SPIEL ’16“ gilt als weltweit größte Publikumsmesse für Gesellschaftsspiele in Essen, aber was hat denn die Welt der Brettspiele bitte mit (Online-)Print zu tun? Einiges!
Besucher und Austellerrekorde lassen eine Renaissance der Brettspiele vermuten. Über 1.000 Austeller aus 50 Nationen waren auf 68.000 qm Messefläche vor Ort, um über das nationale und internationale `analoge´ Spieleangebot zu informieren und auch die ein oder andere Neuheit zu zeigen. Ich habe mich dort auch mal umgeschaut und Interessantes für und von (Online-)Druckern und Softwarespezialisten aus dem Onlinedruck näher betrachtet.
Wenn man an Brettspiele denkt, denkt man erstmal an vergangene Zeiten; Apps und Onlinegames erobern und dominieren nämlich heute den Spielemarkt – mag man meinen. Denn: Einige Spieleliebhaber legen wieder zunehmenden Mehrwert auf direkte Interaktion und Haptik – und das zugunsten der Printbranche! Als ich mir die „Spiel ’16“ in Essen näher angesehen habe, war ich vom Andrang sowie den Angeboten wirklich überrascht und angetan. Statt den gewohnten Snacks, Getränken und Co., bot fast jeder der 1.021 Austeller eigene Spielflächen an. Laut dem Merz-Verlag war sogar jeder zweite Austeller aus dem Ausland. Die sogenannten „Erklärer“ drängten sich durch die Mengen und erklärten geduldig jedem Besucher die Regeln zum jeweiligen Spiel.
Vom Spielefan über Autoren, Entwickler und Verlage bis hin zum Produzenten war alles vertreten. Schon nach den ersten 15 Minuten fühlte man sich wie ein Teenager, der durch den bekannten Comicbuchladen aus „Big Bang Theorie“ schlendert. Auf wirklich jedem Messestand der gefüllten sieben Hallen drängten sich die Besucher. Selbst auf dem Boden versammelten sich Spielfreudige und hantierten mit in etwa 250 Print-Einzelteile zerlegten Gesellschaftsspielen. Natürlich, die digitale Welt ist zwar weiterhin interessant, doch das anfassbare „Echt-Spiel“ fordert unser „Jäger und Sammler“-Gen anders heraus.
Eines Besseren belehrt wurde ich bei der altersmäßigen Zusammensetzung der Besucherschaft. Es waren nicht größtenteils Kinder, die die Besucherzahlen dominierten. Wie man es aus der Spielbranche kennt, waren von 0 bis 99 Jahren alle Altersklassen vertreten und ließen sich von den vielen Farben und haptischen Reizen des Spielezubehörs wortwörtlich verzaubern. Lernen, testen, direkt am Stand kaufen. Doch hört da der Markt nicht schon auf? Nein, er fängt gerade erst an! Ob B2B oder B2C, jeder wurde fündig.

Dass Wünsche nach Individualisierung und mass customized Produkten auch hier Einzug gehalten haben, konnte man leicht an den Merchandisingständen erkennen. Dein Spiel ist dir nicht personalisiert genug? Kein Problem! Eine riesige Auswahl an Echtmünzen, Würfeln oder Figuren boten die Möglichkeit aus einem herkömmlichen Gesellschaftsspiel DAS eigene Spiel zu machen. Individualisierte Spielfelder und Karten sind dabei nicht unbedingt neu, doch Mass Customization in der Spielbranche steckt meiner Meinung nach noch in den Kinderschuhen und birgt daher noch viel Potential. Wie wäre es beispielsweise mit persönlich kreierten 3D-Druck Spielfiguren? Sich selbst oder vielleicht das eigene Haustier auf dem Mensch-Ärgere-Dich-Nicht Spielbrett zu bewegen, gibt dem Ganzen doch ein besonderes Flair. Dass das Interesse am eigenen Spiel und am eigenen Design da ist und die Nachfrage an Gesellschaftsspielen wieder rasant wächst, zeigen die Besucherrekorde, das Produktangebot sowie die über 1.200 Neuvorstellungen auf der Messe.
„Ob personalisierte Spielfigur via 3D-Druck, eigens gestaltetes Spielbrett oder individuelles Zubehör – Print-Mass Customization macht auch vor der Spielbranche keinen Halt“ – Bernd Zipper
Malen nach Zahlen – ein jeder kennt es und hat auch mal das ein oder andere Motiv in der Hand gehabt und ausgepinselt. Aber etwas moderner und vielseitiger als `Babykatzen vor dem glitzernden Vollmond´ sollte es dann schon sein. Schipper Arts & Crafts beispielsweise haben dafür Abhilfe geschaffen; „Male deinen Liebling“ heißt die Produktneuheit, für die laut Homepage ein eigenes Bildbearbeitungsprogramm entwickelt wurde, in dem sich ein Porträtfoto zu einer Malvorlage in der Art von „Malen nach Zahlen“ umwandeln lässt. Aber: Nur in Ausnahmefällen darf man das Bild in einer Email an das zur Noris-Spiele Gruppe gehörende Unternehmen zwecks Malvorlage schicken – regulär nehmen Schipper Arts & Crafts nämlich nur analoge oder ausgedruckte Fotos über den Postweg an. `Digitale Transformation´ und die Verbesserung selbiger ist also auch hier weiterhin ein Thema.

Wer Mass Customization sicher im richtigen Moment verstanden und aufgegriffen hat ist Luudoo. Luudoo ist eine Marke der Ludufactur GmbH aus Berlin und derzeit der einzige Anbieter personalisierter, lizenzgeschützer Gesellschaftsspiele im deutschsprachigen Raum.
Interessant ist nicht nur, dass Luudoo lizensierter Partner von Schmidt Spiele, Kosmos Verlag, Pegasus Spiele und vielen anderen ist, sondern auch, dass sie meines Erachtens beim Thema individuelle 3D-Modellage vorne mitspielen. Individualisierte Spielbretter, Spielkarten und Verpackungen sind da nur der Anfang. Mit dem Online-Editor lassen sich via Gesichtserkennung eigene Porträts direkt, im richtigen Winkel auf Spielkarten transportieren. Wem dies noch nicht besonders genug ist, kann sich auch direkt im Browser die eigene Büste via Gesichtserkennung als eigene einzigartige 3D-Druck-Spielfigur für 19,90 € modellieren lassen. Durch das manuelle Setzten der wichtigsten Ankerpunkte im eigenen Bild, errechnet der Editor die Maße. Zwar ist das Ergebnis in den ersten Steps noch nicht vollkommen zufriedenstellend, jedoch geht Luudoo mit der Entwicklung der Software in die richtige Richtung. Übrigens: Die Produktion der Modelle erfolgt über den amerikanischen (gegründet in Holland) 3D-Printspezialisten Shapeways.

My Take: Wer als Drucker schon Personalisierungskompetenz hat, für den ist die analoge Spielewelt sicherlich ein interessanter Markt. Und auch Softwareentwickler gibt es auf diesem Feld schon einige, die auch für den Onlinedruck nette Lösungen parat haben. Ein Blick auf Messen wie die „Spiel 16“ lohnt sich also in jedem Fall, denn Gesellschaftsspiele bestehen aus erstaunlich vielen und immer mehr stärker individualisierten Printprodukten – und irgendjemand muss das Knowhow und die Technik im Wachstumsmarkt mit mass customized Printprodukten ja haben…