Technik: Inkjet für Onlinedrucker, Teil 1

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Ein Artikel von Ralf Schlözer

Der Onlinedruck ist ein wichtiges Wachstumssegment innerhalb der Druckindustrie und könnte, je nach Land, bereits mehr als 20 % des Druckumsatzes ausmachen. Nach einer wirtschaftlichen Delle während der Corona-Pandemie wird erwartet, dass das Volumen weiter steigt. Online-Druckereien bedienen Kunden, die von traditionellen Druckereien in der Vergangenheit kaum adressiert wurden (B2C, Kleinstunternehmen) – nehmen dem traditionellen Druck aber zugleich Volumen ab, indem sie niedrigere Preise und ein „bequemes“ Online-Geschäft anbieten. Darüber hinaus erfinden sich gerade einige traditionelle Akzidenzdruckereien als Online-Druckereien neu.

Inkjetdruck und Onlineprint, das sollte die perfekte Kombination sein. Online-Druckereien haben es auf kleine Auflagen abgesehen, konzentrieren sich auf die Automatisierung von Prozessen und bieten eine gute Qualität, ohne Schnickschnack. Die Durchlaufzeiten sind in der Regel kurz und die Papierauswahl begrenzt.

Inkjet macht hinter alle Kriterien ein Häkchen

Inkjet hat von allen Druckverfahren das größte Automatisierungspotenzial, da weder Druckplatten benötigt werden noch bewegliche Teile am Bebilderungsprozess beteiligt sind. Dementsprechend können Abweichungen oder Fehler, die von Sensoren erfasst werden, in Echtzeit und automatisch kompensiert bzw. ausgeglichen werden. Umrüstarbeiten und manuelles Eingreifen sind überflüssig. Obwohl genau das noch immer ein unerfüllter Idealzustand ist, arbeiten die Hersteller intensiv an der Automatisierung der Prozesse – und sie haben bereits große Fortschritte erzielt. Das Inline-Finishing, wie es bei vielen Inkjet-Maschinen bereits verfügbar ist, könnte die Automatisierung noch einen Schritt weiter bringen.

Zugegeben, der Begriff „Onlinedrucker“ ist nicht genau definiert. Es besteht jedoch eine gewisse Einigkeit darüber, dass eine Onlinedruckerei die meisten Aufträge über Webportale erhält, nur wenige formelle Vereinbarungen mit Großkunden hat und sich hauptsächlich auf das Ad-hoc-Business stützt. Dabei kann es natürlich auch zu Überschneidungen mit anderen Geschäftsbereichen kommen. B2C-orientierte Onlinedruckereien haben oft ein beträchtliches Portfolio im Bereich der Fotoprodukte, während B2B-orientierte Onlinedruckereien oft aus klassischen Akzidenz-Druckereien hervorgegangen sind. Von diesen Definitionen abgesehen, ist es eine wichtige Tatsache, dass bei typischen Onlinedruckereien bisher nur wenige Inkjet-Drucklösungen installiert sind.

Die strategische Eignung von Inkjet

Weitere Wachstumsstrategien für Onlinedruckereien verfolgen in der Regel zwei Ansätze: Erweiterung des Produktportfolios sowie Steigerung der operativen Effizienz. Beide sind bis zu einem gewissen Grad gegensätzlich.

Durch die Erweiterung des Produktportfolios können größere Teile der Druckmärkte und Produkte mit höheren Gewinnspannen bedient werden. High-Volume-Inkjetdruck-Systeme tragen nur bedingt zur Erweiterung des Produktportfolios bei – außer vielleicht beim personalisierten Druck in hohen Auflagen. Die Erweiterung des Produktportfolios erfordert in der Regel spezielle Effektfarben oder -lacke, ungewöhnliche oder ein breiteres Spektrum an Bedruckstoffen oder eine aufwändige Veredelung. Handelsübliche Inkjetdruckmaschinen haben mit diesen Anforderungen zu kämpfen, und obwohl es für all diese Funktionen spezielle, inkjet-basierte Lösungen gibt, handelt es sich dabei um Spezialmaschinen.

Inkjet kann definitiv zur Leistungsfähigkeit eines Druckereibetriebs beitragen. Da im Vergleich zum Offsetdruck keine Druckplatten und Rüstvorgänge erforderlich und weniger bewegliche Teile als bei elektrofotografischen Technologien vorhanden sind, kann der Inkjetdruck besonders effizient sein. Tinten sind in der Regel kostengünstiger als Toner und die Druckmaschinen produktiver. Die sinkenden Tintenpreise und die steigende Produktivität führen dazu, dass die Rentabilität, also der Break-even, auch im Vergleich zum Offsetdruck steigt.

Onlinedruckereien bestätigen, dass die Qualität bei der neuen Generation von Inkjetdrucksystemen kaum noch ein Problem darstellt – zumindest nicht bei der Mehrheit der angebotenen Produkte. Die Papierauswahl ist zwar noch immer eingeschränkt, aber die nutzbare Bandbreite nimmt zu. Kurzum, es gibt bereits eine Vielzahl von Anwendungen, bei denen Inkjet, auch über große Auflagen hinweg, das effizienteste Verfahren sein kann.

Dennoch neigen Onlineprinter dazu, auf Nummer sicher zu gehen. Bei Anwendungen, die prinzipiell für den Inkjetdruck geeignet sind, kann es auch Bild- und Papierkombinationen geben, die eine Herausforderung darstellen. Die Sorge ist, dass eine Lösung, die in 95 % aller Fälle für eine bestimmte Produktkategorie funktioniert, nicht gut genug sein könnte. Bei den schlanken Prozessen bleibt dem Bediener keine Zeit, Aufträge herauszufiltern, die im Inkjetdruck nicht laufen oder minderwertige Ergebnisse liefern. Solange sich die Technologie und die Arbeitsabläufe nicht noch weiter verbessern, sehen einige Druckdienstleister daher lieber von Investitionen ab.

Eine andere Herausforderung ist auch, dass Bogen-Inkjetdruckmaschinen für den Akzidenzdruck fehlen. Die Landa S10P ist nach wie vor die einzige B1-Inkjet-Option. Es gibt einige B2-Druckmaschinen, die jedoch bei eine deutlich geringere Produktivität haben. B3/SRA3-Inkjetdrucksysteme haben zwar mitunter ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis, aber das kleinere Format schränkt den Anwendungsbereich ein.

Wie werden Inkjetdrucksysteme angenommen?

Es gibt bereits einige Onlineprinter, die auf Inkjet setzen. Einer der Vorreiter ist die Bluetree Group, die zwei Rollen-Inkjetdruckmaschinen von Screen für Bücher, eine Landa S10P für Akzidenzen und eine Fujifilm JetPress 720S für hochwertige Visitenkarten im Einsatz hat. Eine zweite Landa-Maschine für den Onlinedruck läuft bei Simian/Reclameland in den Niederlanden. Diese Installation hat kürzlich einen Rekord in Sachen monatliche Druckvolumen für Landa-Druckmaschinen aufgestellt.

Es gibt auch einige B2-Inkjetdruckmaschinen von Fujifilm oder Konica Minolta/Komori, die bei Onlinedruckereien im Einsatz sind: PLS in Deutschland, getitprinted.com im Vereinigten Königreich und realisaprint.com in Frankreich setzen auf eine Konica Minolta KM-1, während Bulckens/ZwartOpWit in Belgien die von Komori vertriebene IS-29 nutzt – alle drucken darauf vor allem Akzidenzen. Onlinedruckereien mit einem starken Fokus im Bereich Fotodruck, wie etwa Poster XXL, Cewe und Instantprint, betreiben ebenfalls B2-Inkjetdrucksysteme, allerdings in der Regel für Spezialanwendungen und nicht für den Akzidenzdruck. Auch die Canon VarioPrint im B3-Format ist bei einigen Onlinedruckereien zu finden, z. B. bei Kampert-Nauta in den Niederlanden, LOS in Norwegen und Tradeprint im Vereinigten Königreich.

Rollendruckmaschinen wie die HP T-250 werden bei Onlineprinters und seinen Tochterunternehmen Solopress im Vereinigten Königreich und Print Group Polska eingesetzt. Rollen-Druckmaschinen von Canon sind bei Exacta in Schweden und bei Pixartprinting in Italien in Betrieb.

Weitere werden folgen

Ein Zeichen für die wachsende Verbreitung war zudem die Vereinbarung, die Canon und Cimpress im September 2021 bekanntgegeben haben. Darin hieß es, Canon werde mehrere Cimpress-Standorte mit Inkjetdrucksystemen ausstatten. Laut Robert Keane, dem Gründer und CEO von Cimpress, spiegelt dies die strategische Ausrichtung von Cimpress wider, konsequent in Technologien, einschließlich dem Inkjetdruck, zu investieren, um die Position des Unternehmens an der Spitze der Onlineprint-Industrie zu halten. „Wir sind davon überzeugt, dass die Inkjet-Technologie eine wichtige Rolle spielt, denn sie bietet Flexibilität, Effizienz und liefert einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Abfall und hilft uns beim Erreichen unserer Nachhaltigkeitsziele“, erklärte Keane. Zum Zeitpunkt der Ankündigung waren bei Pixartprinting in Italien drei Canon-ProStream- und bei druck.at, der österreichischen Tochtergesellschaft von Cimpress, mehrere VarioPrint-Bogen-Inkjetdruckmaschinen im Einsatz.

Es ist anzunehmen, dass noch mehr Inkjetdrucksysteme ihren Weg in die Druckereien gefunden haben, denn Hersteller und Druckereien machen nur ausgewählte Installationen öffentlich. Wenn Druckdienstleister ihr Produktportfolio erweitern, ist es wahrscheinlicher, dass sie eine Installation öffentlich machen, als wenn sie investieren, um die (betriebsinterne) Effizienz zu verbessern. Logisch: Es besteht ein gewisses Interesse daran, Investitionen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit geheim zu halten, um die Gewinnmargen hoch zu halten.

Canon bestätigt, dass in letzter Zeit ein erheblicher Teil seiner Bogen-Inkjetdrucksysteme bei Online-Druckereien installiert wurde. Zudem nutzen diese Standorte die Investitionen gut aus und erzielen sehr hohe Volumina pro Maschine.

Andere Onlinedruckereien schieben die Investition jedoch auf. Sie haben die Fortschritte der Inkjettechnologie, gerade in den letzten Jahren, zwar erkannt, setzen aber auf weitere Verbesserungen in der nahen Zukunft. Ein Onlinedrucker erklärte mir gegenüber: „Die Zeit, in der Offsetdruck und HP Indigo als die einzigen Möglichkeiten angesehen wurden, ist vorbei. Inkjet wird jetzt ernsthaft in Betracht gezogen.“

Im zweiten Teil dieser kurzen Artikelserie werde ich einen Blick auf die Chancen und Herausforderungen von Inkjet im Onlineprint werfen.

Ralf Schlözer ist unabhängiger Print-Analyst. Er analysiert und bewertet den Markt für digitale Drucktechnologien und gibt Prognosen über die Entwicklung des Marktes und damit verbundene Anwendungen und Geschäftsprozesse ab.
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Der Onlinedruck ist ein wichtiges Wachstumssegment innerhalb der Druckindustrie und könnte, je nach Land, bereits mehr als 20 % des Druckumsatzes ausmachen. Nach einer wirtschaftlichen Delle während der Corona-Pandemie wird erwartet, dass das Volumen weiter steigt. Online-Druckereien bedienen Kunden, die von traditionellen Druckereien in der Vergangenheit kaum adressiert wurden (B2C, Kleinstunternehmen) – nehmen dem traditionellen Druck aber zugleich Volumen ab, indem sie niedrigere Preise und ein „bequemes“ Online-Geschäft anbieten. Darüber hinaus erfinden sich gerade einige traditionelle Akzidenzdruckereien als Online-Druckereien neu.
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Beyond-print.de

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