Ein Artikel von Ralf Schlözer
Viele Onlinedruckereien haben heute sowohl Offset- wie auch Digitaldruckmaschinen im Einsatz, wobei es sich bei letzteren häufig um elektrofotografische (EP) Systeme handelt. Im Idealfall sollte der Inkjetdruck den Markt für das jeweilige Unternehmen, das ihn einsetzt, vergrößern. Doch in Wirklichkeit konkurriert er auch mit den bestehenden Technologien. Für die optimale Nutzung des Inkjetdrucks gibt es einige Überlegungen.
Qualität
Vor 15 Jahren startete der High-Speed-Farb-Inkjetdruck auf einem recht einfachen Qualitätsniveau, oft bezeichnet als Geschäftsdruckqualität, da er hauptsächlich für den Transaktionsdruck konzipiert war. Doch seitdem hat sich die Inkjet-Technologie extrem weiterentwickelt. Die neuesten Maschinen arbeiten bei einer Bildauflösung von 1.200 x 1.200 dpi, verfügen über neuartige Tinten, eine bessere Trocknung und ein verbessertes Tröpfchenmanagement und verleihen dem Inkjetdruck, sowohl von der Rolle wie auch im Bogendruck, eine Qualität, die dem Offsetdruck nahekommt – oder ihn mitunter sogar übertrifft.
Diese Ansicht teilen inzwischen die meisten Player im Onlineprint. Wenn keine speziellen Farben oder Lacke gefordert werden, kann der Inkjetdruck zuverlässig Standardaufträge produzieren und die Kunden akzeptieren die Qualität. Hilfreich ist der größere Farbumfang, den die meisten Inkjet-Tinten im Vergleich zum Standard-Offsetdruck bieten. Die Landa-Druckmaschine ist eine Ausnahme mit ihren optional sieben Farben für einen erweiterten Farbraum – der es sogar erlaubt, Premiumprodukte mit einem sehr großen Farbraum zu produzieren.
Die Druckqualität hängt stark von der Druckmaschine selbst ab. Während die Spitzenmodelle eine hervorragende Qualität bieten, können Inkjet-Druckmaschinen mit einem niedrigeren Qualitätsniveau jedoch wirtschaftlicher sein und dennoch ihren Zweck erfüllen.
Papier
Das Papier stellt nach wie vor eine wichtige Variable im Inkjetdruck dar, denn die Druckqualität ist stark papierabhängig. Mit der immer besser werdenden Technologie ist der Markt weniger auf Inkjet-optimierte Papiere angewiesen, dennoch können gestrichene Papiere eine Herausforderung darstellen und eine Vorbehandlung des Papiers erfordern. Die Verwendung eines sogenannten Primers erhöht zwar die Druckkosten geringfügig, trägt aber dazu bei, das Papiersortiment zu erweitern und macht die Papierversorgung und -auswahl flexibler. In noch stärkerem Maße als bei der Druckqualität ist die Palette der verwendbaren Papiere von der Inkjetdruckmaschine abhängig. Ein Sonderfall sind hier die Landa-Druckmaschinen, da sie durch das nanografische Druckverfahren recht flexibel in Bezug auf die Bedruckstoffe sind.
Onlinedruckereien nutzen in der Regel eine begrenzte Papierauswahl und bieten ihren Kunden proaktiv verschiedene Papieroptionen an, anstatt dass diese bestimmte Papiere verlangen können. Das kommt dem Inkjetdruck zugute, auch wenn es einige Probedrucke und Tests erfordert.
Einen Einfluss hat auch die aktuelle Papierknappheit. Ein starkes Argument für Inkjet ist, dass das Druckverfahren im Vergleich zum Offset Papier einsparen kann (z. B. beim Einrichten). Es hilft auch dabei, kleinere Auflagen effizient zu produzieren, wenn das Papier knapp ist. Ein Unsicherheitsfaktor kann es allerdings sein, dass das getestete Papier vielleicht gerade nicht verfügbar ist.
Druckkosten
Die Kosten für Inkjettinte sind in der Regel niedriger als die Klickkosten im elektrofotografischen Druck, dem laserbasierten Digitaldruck. Dies gilt insbesondere für Rollen-Inkjetdrucksysteme. Ein Nutzer, der von Toner auf den Endlos-Inkjetdruck umgestiegen ist, berichtete von einer Kostenersparnis von 50 % gegenüber den zuvor gezahlten Klickkosten. Natürlich sind die Tintenpreise von System zu System unterschiedlich, und hochwertige Inkjetdruckmaschinen haben in der Regel höhere Tintenpreise. Der Preis pro Liter ist jedoch kein allzu guter Indikator, da auch die Ergiebigkeit eine Rolle spielt.
Wichtig ist es festzuhalten, dass die Tintenpreise von der Flächendeckung abhängen. Je höher die Flächendeckung, desto höher die Kosten pro Druck, während die Klickkosten unabhängig von der Deckung konstant bleiben. Es macht daher durchaus Sinn, Aufträge mit hoher Deckung an klickbasierte Drucksysteme weiterzuleiten, sofern die Workflow-Software dies zulässt. Es lohnt sich, einen Blick auf den Vertrag zu werfen.
Ein weiterer Kostenfaktor, den man im Auge behalten sollte, ist das Papier. Rollenpapier ist in der Regel billiger als Bogenware, es sind Einsparungen in der Größenordnung von 10 Prozent möglich. Im Vergleich zu SRA3-Bögen können die Einsparungen sogar noch größer sein. Auch hier lohnt es sich, ein wenig zu recherchieren, da die Preise vor Ort unterschiedlich und einige Formate teurer sein können als andere.
Produktivität
Inkjetdrucksysteme haben in der Regel eine deutlich höhere Produktivität als tonerbasierte Druckmaschinen. B3-Inkjetsysteme sind zum Beispiel etwa doppelt so schnell wie EP-Drucker vergleichbarer Größe. Die meisten Rollen-Inkjetdrucksysteme im 2-up Format (zwei A4-Bögen breit) haben in der Regel einen zehnmal höheren Output. Breitere Rollenmaschinen wären sogar noch produktiver, werden aber im Online-Druck noch nicht eingesetzt. Diese Kapazität auszulasten, ist eine Herausforderung, und mehrere 2-up-Druckmaschinen ermöglichen zudem nicht nur eine Redundanz, sondern auch den gleichzeitigen Einsatz verschiedener Substrate. Außerdem ist die Verfügbarkeit von Inkjetsystemen höher als die von tonerbasierten Maschinen, was zu der höheren Geschwindigkeit noch hinzukommt. Dementsprechend kann ein Rollen-Inkjetdrucksystem gleich mehrere EP-Druckmaschinen ersetzen.
Die produktivsten 2-up-Inkjet-Druckmaschinen übertreffen schon heute die Geschwindigkeit einer B2-Offsetdruckmaschine und schließt damit die Produktivitätslücke zwischen Digital- und Offsetdruck.

Weiterverarbeitung
Die Bedeutung der Weiterverarbeitung wird oft unterschätzt. Ein Druckprodukt ist erst dann versandfertig, wenn es weiterverarbeitet ist. Darüber hinaus trägt die Weiterverarbeitung nicht nur zur Wertschöpfung bei, sondern kann auch die Gesamtkosten und die Qualität der vorangehenden Prozessschritte beeinflussen. Ein Vorteil des Digitaldrucks ist es, dass die bedruckten Bogen oder Rollenpapiere direkt trocken aus der Druckmaschine kommen und sofort verarbeitet werden können.
Doch noch wichtiger ist, dass Digitaldruckmaschinen die Druckseiten nacheinander drucken können, um zum Beispiel ein Buch zu produzieren. Diese Fähigkeit macht nicht nur Zusammentraggeräte überflüssig, sondern es ist auch eine Inline-Weiterverarbeitung möglich. Zählt man alles zusammen, was beim Druck von Signaturen, ihrer Handhabung und beim Zusammentragen schiefgehen kann, so steigt der Break-Even im Vergleich zum Offsetdruck auf 2.000 bis 3.000 Exemplare – manchmal sogar noch höher.
Wenn die Inline-Veredelung auf den richtigen Anwendungs-Mix abgestimmt ist, kann sie die Effizienz deutlich steigern, da sie Zeit, Arbeit und Prozessschritte spart. Die Entscheidung für eine Inline- oder Nearline-Lösung muss jedoch sorgfältig geprüft werden. Ein zu eingeschränkter Anwendungsbereich, zu lange Stillstandzeiten von Komponenten oder lange Rüstzeiten können das Inline-Finishing praktisch unbrauchbar machen.
Ganging oder nicht?
Onlinedruckereien sind bei der Kleinauflagenproduktion auf Offsetdruckmaschinen sehr effizient, indem sie mehrere Aufträge auf einer Druckplatte zusammenfassen und die klassische Sammelform drucken. Wie man Aufträge möglichst optimal zusammenfasst, ausschießt und in der Weiterverarbeitung wieder trennt, gehört darum meist zu den Kernkompetenzen von Onlinedruckereien.
Ein Vorteil des Digitaldrucks besteht darin, alle Arten von Kleinauflagen effizient produzieren zu können, ohne dass Aufträge überhaupt oder nur in einem geringeren Umfang zu einem Sammelnutzen zusammengeführt werden müssen. Sobald ein Auftrag eingegangen ist, kann er als separater Auftrag im Mehrfachnutzen gedruckt werden. Dies vereinfacht die Weiterverarbeitung, reduziert mögliche Fehler und die Anzahl der Nachdrucke, wenn etwas schiefgegangen ist. Außerdem können so wechselnde Auflagen ohne zusätzliche Kosten gedruckt werden (während bei einem klassischen Sammelbogen im Offsetdruck alle Aufträge die gleiche Auflagenhöhe haben müssen).
Logistik
Die meisten Onlineprinter sind reine Bogendruckereien. Sich ein Rollendrucksystem anzuschaffen, kann sich für sie anfühlen, als würde dies die Prozesse verkomplizieren. Denn eine Rollen-Inkjetdruckmaschine erfordert auch Ausrüstung für das Handling von Rollenpapier, beispielsweise mit Hilfe eines Gabelstaplers, sowie für die Logistik und die Lagerung der Rollenware. Doch zahlreiche Rückmeldungen von Anwendern zeigen, dass dies weniger kompliziert ist als befürchtet.
Die Anforderungen der Logistik reichen bis in die Druckmaschine hinein. Rollenpapier ist schwieriger zu wechseln als Bogenpapier. Um die Wechsel und den Aufwand auf ein Minimum zu beschränken, ist eine Vorplanung erforderlich. Automatische Bahnwechselanlagen können die Belastung verringern, erfordern aber zusätzliche Investitionen – und trotzdem werden Rüstzeiten und Makulatur entstehen.
Inkjet kommt ins Rollen
Bisher hatte der Inkjetdruck mehr Einfluss auf Installationen von Tonerdruckmaschinen als auf das Offsetvolumen. Mit steigender Produktivität und niedrigeren Kosten gewinnt er jedoch auch gegenüber dem Offsetdruck mehr und mehr an Bedeutung. Noch dazu sinken die Auflagenhöhen, was in jedem Fall eher dem Inkjetdruck zugutekommt. Und auch Umweltaspekte werden den Inkjetdruck vorantreiben.
Onlinedruckereien sind in ihrer Arbeitsweise oft festgelegt und haben viel Mühe in die Optimierung ihrer Prozesse investiert. Der Inkjetdruck stellt einige Bemühungen jedoch in Frage. So ist beispielsweise ein schnelles und zuverlässiges MIS/Workflow für die Verteilung von Aufträgen erforderlich, das einen Druckjob automatisch an den effizientesten Drucker übergibt, unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte wie zum Beispiel Wartung, Lastenverteilung oder Papier. Ein Inkjet-Anwender hat im Gespräch erklärt, dass er sogar Aufträge, die knapp im Bereich des Offsetdrucks liegen, an die Inkjetdruckmaschine weitergeben würde, da der Produktionsfluss hier einfacher ist.
Die Inkjet-Technologie hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert, und die Onlinedrucker nehmen das mehr und mehr zur Kenntnis. Und sie erwarten weitere Verbesserungen, weswegen wiederum wichtige Entscheidungen noch weiter in die Zukunft geschoben werden. Doch ein deutlicher Anstieg in Sachen Inkjetdruck könnte trotzdem schneller kommen, als wir denken.
