Wie kann man die Digitalisierung einer Volkswirtschaft messen? Der Datendienstleister Euler Hermes setzt in seinem Enabling Digitalization Index auf fünf Kriterien. Deutschland kommt im aktuellen Ranking gut weg. Das zeigt: Wir können Digitalisierung! Trotzdem ist noch viel zu tun. Das gilt für Wirtschaft und Gesellschaft genauso wie für die Druckindustrie.
Allen Unkenrufen zum Trotz ist die Digitalisierung in Deutschland schon lange kein #neuland mehr. Das globale Ranking schließt die Bundesrepublik regelmäßig auf den vorderen Plätzen ab – in der aktuellen Studie etwa auf dem dritten Platz. Bei 115 untersuchten Ländern eine beachtliche Leistung, nur die USA und die Niederlande liegen weiter vorne. Der Euler Hermes Enabling Digitalization Index (EDI) misst die Fähigkeit und die Agilität von Ländern, mit der sie Digital-Unternehmen unterstützen und traditionelle Firmen an der Digitalisierung teilhaben lassen. Diese Eigenschaften werden anhand von fünf Kernkriterien bewertet:
- Regulierung
Ein rechtssicheres und businessfreundliches Umfeld erleichtert Geschäfte: Finanzierungen, Investments und Unternehmensgründungen werden durch einfache, aber dennoch stabile Regeln erleichtert. Die „digitagility“, also die Beweglichkeit in einer digitalisierten Welt, wird so erleichtert.
- Wissen
Wie ist es um den Wissensschatz und die Forschungskraft eines Standortes bestellt? Für diesen Faktor werden Statistiken zu Hochschulbildung und Innovationskraft als Indikatoren herangezogen. Nur wo Wissen gewonnen, geteilt und angewandt wird, können neue Ideen entstehen.
- Vernetzungsgrad
Bei diesem Faktor wird untersucht, wie gut ein Land an das Internet angeschlossen ist. Welcher Prozentsatz der Bevölkerung nutzt das World Wide Web, wie mobilfreundlich ist das Netz, und gibt es vor Ort sichere Server? Klar: Aus einem Funkloch lässt sich die Digitalisierung nicht bewältigen.
- Infrastruktur
Keine erfolgreiche Digitalisierung ohne gute analoge Strukturen. Digitalisierung wird auch auf der Schiene, der Autobahn und im Warenlager vorangetrieben. Eine funktionierende Logistik macht Standorte erst attraktiv für digital denkende Unternehmen.
- Marktkraft
Wie viele Menschen leben in einem Land, was können und was wollen sie ausgeben? Innovation braucht Investition – und je größer und zahlungskräftiger die mögliche Kundschaft ist, desto besser ist das Potential für erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle.
Der Blick auf die Kriterien zeigt, dass Deutschland einen echten Standortvorteil bietet. Auch wer denkt, dass die Bundesrepublik in der Digitalisierung hinterherhinkt, wird anerkennen müssen, dass das Land nach den Kriterien des EDI glänzen kann. Der Index misst schließlich, wie gut die Rahmenbedingungen in einem Land auf die Digitalisierung ausgelegt sind – und ganz bewusst nicht, was aus dem Potenzial letztendlich gemacht wird. Digitalisierung ist nämlich nicht nur ein Prozess, der von guten Voraussetzungen und einer stabilen Volkswirtschaft getragen wird. Entscheidend sind die Menschen dahinter. Wir brauchen mutige Unternehmer, unerschrockene Chefs und visionäre Gründer, die sich der digitalen Idee verschreiben.
In der Druckindustrie gibt es dafür viele tolle Beispiele, die zeigen, dass unsere Branche ein Motor der Digitalisierung ist: Onlineprint passt sich Entwicklungen nicht nur an, sondern treibt sie voran. Moderne Print-Dienstleister liefern smarte Ideen, etwa für Cloud-Lösungen und Web-Shops. Die Branche generiert durch zahlreiche hochspezialisierte Aufgaben außerdem differenzierte und praktische Anwendungsfälle für Automatisierung. Damit trägt Onlineprint zur Weiterentwicklung dieser immer wichtigeren Technologie bei. Ein weiterer Zukunftstrend im Onlinedruck, die Mass Customization, ist ohne die Digitalisierung gar nicht denkbar. Die Druckindustrie ist hier in der Lage, den gesellschaftlichen Trend zur Individualisierung konstruktiv zu begleiten.
Denen, die noch immer zögern, sage ich: Nur Mut! Die Chance, als Gewinner durch die Transformation zu gehen, ist wesentlich größer, wenn man die Entwicklung aktiv mitgestaltet, als nur nachzuziehen. Nur die Unternehmen, die jetzt ihre Prozesse und vor allem ihr Mindset auf den Wandel ausrichten, haben später einen Vorsprung. Transformation ist ein Prozess, der nicht einfach irgendwann endet, sondern eine kontinuierliche Management-Aufgabe ist. Dass die Print-Industrie dieser Herausforderung gewachsen ist, beweisen smarte Unternehmer jeden Tag.
Eines darf man bei aller Euphorie nicht vergessen: Die großen Themen der Digitalisierung sind keine Selbstläufer. Die digitale Transformation kann Prozesse beflügeln oder lähmen. Das gilt für die Gesellschaft ebenso wie für die Wirtschaft oder einzelne Branchen. Die Cognitive Load Theory besagt, dass unser Speicher im Gehirn irgendwann voll ist und wir eine Pause brauchen, bevor wir weiter Neues lernen können. Wenn wir also mit Technologien und Konzepten arbeiten, die wir nebenbei noch zu verstehen lernen, werden wir schneller müde. Lange Zoom-Konferenzen sind auch deswegen anstrengend, weil wir uns unterbewusst an die im Vergleich zu analogen Treffen ungewohnten Rahmenbedingungen anpassen müssen.
Euler Hermes
MEASURING DIGITAGILITY
The Enabling Digitalization Index (EDI): Which Countries are Digital Friendly?
