Trends: Darum ist Print in der Angebotskommunikation unverzichtbar

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Obi hat es bereits im letzten Jahr getan, Rewe will im Juli folgen und seinen gedruckten Werbeprospekt einstellen. Netto testet im Großraum Berlin seit Herbst 2022 eine abgespeckte Version seines „Angebotsblättchens“ und Aldi hat sich von seinem gedruckten Kundenmagazin verabschiedet. Meldungen wie diese vermitteln den Eindruck, die gedruckte Angebotskommunikation sei ein Auslaufmodell. Dabei ist das Gegenteil der Fall, wie verschiedene Untersuchungen immer wieder zeigen.

Die Teilnehmer des diesjährigen Online Print Symposiums erhielten bereits Ende März einen ersten exklusiven Blick auf ausgewählte Ergebnisse des Prospektmonitors 2023. Der erste Teil der zweiteiligen Studienreihe „Prospekte und Anzeigenblätter in Zeiten der Digitalisierung“ von IFH Media Analytics hat dabei nicht nur gezeigt, dass gedruckte Werbeprospekte alles andere als „out“ sind, sondern auch mit den Vorurteilen zu ihrer vermeintlichen geringeren Nachhaltigkeit aufgeräumt.

Ja, die Nutzung digitaler Prospekte ist im Jahresvergleich gestiegen, vor allem bei der wöchentlichen Nutzung (von 47 % der Befragten auf 56 %). Zur Wahrheit gehört aber auch, schenkt man dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IFH Köln (Institut für Handelsforschung) Glauben, dass die wöchentliche Nutzung von Printprospekten mit 79 % noch immer deutlich höher liegt – und im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls gestiegen ist (von 76 %). Bei der gelegentlichen Nutzung erreichen Printprospekte sogar 91 % der Befragten und Digitalprospekte „nur“ 77 %.

Innerhalb derer, die sich zu den Prospekt-Lesern zählten, gaben 96 % an, zumindest gelegentlich gedruckte Prospekte zu lesen. Dieser Wert lag vor sieben Jahren noch bei 98 % und 2020 bei 94 % – und ist seitdem langsam wieder gestiegen. Der Anteil derer, die zumindest gelegentlich Prospekt-Websites oder Apps lesen, ist im gleichen Betrachtungszeitraum auf 78 % angewachsen – ebenso wie diejenigen, die beides nutzen, sowohl gedruckte wie auch digitale Prospekte. Ihr Anteil lag 2023 bei 82 %.

Printprospekte sind fester Bestandteil der Customer Journey

Die Studie kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass gedruckte Prospekte auch weiterhin ein fester Bestandteil in der Customer Journey sind, und nicht nur beim stationären Einkauf eine wichtige Rolle spielen, sondern auch für den späteren Online-Einkauf genutzt werden. Vor allem in Zeiten einer hohen Inflation – wie in den letzten zwei Jahren und auch aktuell – seien Printprospekte wichtige Wegweiser und Orientierungshilfe. Insgesamt gehe die Entwicklung von Print- und Digitalprospekten deutlich zu einer Symbiose – oder wie es Dr. Ralph Dittmann, Geschäftsführer der WKS Gruppe, auf dem OPS 2023 zusammenfasste: „Der Beilagen-Nutzer der Zukunft ist hybrid und nutzt sowohl das gedruckte Prospekt wie auch digitale Angebote.“ (Einen ausführlichen Bericht über den Vortrag von Dr. Ralph Dittmann gibt es in Kürze hier auf beyond-print.de)

In Sachen Nachhaltigkeit gibt es viele Vorurteile

Was die Studie der IFH Köln darüber hinaus zutage förderte, dürfte vor allem innerhalb der Druckindustrie längst bekannt sein. Denn die Studie hat auch mit einer Reihe von Vorurteilen zur Nachhaltigkeit des gedruckten Prospektes aufgeräumt, die sich in der Gesellschaft hartnäckig zu halten scheinen. Etwas dem, dass bei der Papierherstellung übermäßig viel Wasser verbraucht werde, das digitale Prospekt nur einen Bruchteil des CO2-Ausstoßes seines gedruckten Pendants verursacht oder dass Papier schlecht für die Umwelt sei. Die tatsächlichen Fakten, die diese Mythen entkräften, können in der Zusammenfassung der Studie nachgelesen werden.

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Auch andere Untersuchungen bestätigen den Stellenwert von Print

Doch nicht nur die IFH Köln kommt zu dem Ergebnis, dass Print innerhalb der Angebotskommunikation weiterhin eine elementare Rolle spielen wird: Auch der „Touchpoint Decoder“ von mScience, einer Forschungstochter der Group M, räumt mit dem Vorurteil auf, dass eine Emotionalisierung der Kundengruppen nur über Bewegtbild möglich sei. So hat die Untersuchung vom Sommer 2022 gezeigt, dass beispielsweise Zeitschriften und Bewegtbild-Touchpoints in Sachen „Unterhaltungswert“ nahezu gleich gut bewertet wurden, und zwar bei jüngeren Menschen ebenso wie bei älteren Zielgruppen. Überlegen seien Printmedien zudem, wenn es um Markenbindung geht, sowie bei der Informationsvermittlung. Und auch, wenn es um Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit geht, erreichen die gedruckten Touchpoints Prospekte, Zeitungen und Zeitschriften die höchsten Werte – und das bei den 18- bis 39-Jährigen genauso wie bei den 40 – 69-Jährigen.

Prospekte schneiden besser ab als Apps

Im Sommer und Herbst des letzten Jahres – und damit also im Zuge der Diskussion um den Rückzug von Obi und Rewe aus dem Prospekt-Geschäft – hat sich auch die ZMG, Zeitungsmarktforschung Gesellschaft, mit dem Vergleich von Prospekten mit Kunden-Apps befasst und 4.500 Personen ab 16 Jahren nach deren Nutzungsverhalten und Beurteilung befragt. Dabei herausgekommen ist, dass Prospekte größtenteils positiver bewertet werden als Kunden-Apps. Diese seien zwar praktischer als Printprospekte, weil man sie durch das Smartphone immer dabei hat, doch wenn es darum gehe, Geld zu sparen, keine Angebote zu verpassen oder Einkäufe zu planen, liegen bei den Befragten ebenfalls die Prospekte vorn. Darüber hinaus werden Prospekte als weniger überfrachtet und zum Kauf verführend wahrgenommen. Wer sich die Ergebnisse dieser Befragung ausführlicher ansehen möchte, kann dies hier tun.

Meta-Studie will für Kommunikationsleistung von Print sensibilisieren

Interessant scheint zudem die Meta-Studie des Krefelder Beratungsunternehmen Schramm, Meitz & Partners, die sich mit der Frage beschäftigt, was den gedruckten Handzettel eigentlich zum Frequenz- und Umsatzbringer macht – der er nachweislich ist, wie es in einem Artikel von Horizont zur Studie heißt.

Die Meta-Studie analysiert die internationale Studienlage zur Wirkungsweise gedruckter Beilagenkommunikation anhand von 245 in Fachzeitschriften erschienenen Studien aus mehr als 30 Jahren und mit über 6.000 Seiten Umfang. Dabei kommen Boris Schramm und Dr. Tino Meitz sowohl zu bekannten, wie auch zu bisher weniger bekannten Erkenntnissen: Etwa, dass Prospekte nicht nur zum Schnäppchen-Finden verwendet werden, sondern ganz allgemein der Marktbeobachtung dient, also Händler regelmäßig auf ihre Vielfalt und Preise abgeklopft werden. Interessant auch, dass Handzettel laut der Meta-Studie nicht nur kurzfristig wirken, sondern von Woche zu Woche aufeinander aufbauen – und sie dadurch eine markenbildende Dimension besitzen.

In ihrer Analyse gehen die beiden Werbefachmänner auch auf die aktuellen Entwicklungen am Markt ein, darunter auch die steigenden Kosten auf Herstellerseite sowie die Entscheidung einzelner Einzelhändler, sich vom gedruckten Prospekt zurückzuziehen. Sie wollen mit ihren Forschungsergebnissen darauf hinweisen, dass „Nutzungssituation und Verarbeitungstiefe“ bei Print und Online unterschiedlich ausfallen und das eine nicht einfach durch das andere ersetzt werden könne. Es geht darum, für die Kommunikationsleistung von Print zu sensibilisieren.

My Take: Gedruckte wie auch die digitale Angebotskommunikation haben beide ihre Vor- und Nachteile. Wer als Werbetreibender ausschließlich auf Apps und E-Mail-Newsletter setzt, verspielt wertvolle Chancen, eine langfristig erfolgreiche, weil glaubwürdige Marke aufzubauen. Um möglichst viel zu erreichen, darf Print nicht ausgeklammert werden. In der cleveren Kombination beider Welten liegt das größte Potenzial, denn der Kunde der Zukunft ist „hybrid“; er ist kein Entweder-Oder-, sondern ein Sowohl-als-auch-Nutzer.

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Trends: Warum Print in der Angebotskommunikation weiterhin die Nase vorn hat
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Obi hat es bereits im letzten Jahr getan, Rewe will im Juli folgen und seinen gedruckten Werbeprospekt einstellen. Netto testet im Großraum Berlin seit Herbst 2022 eine abgespeckte Version seines „Angebotsblättchens“ und Aldi hat sich von seinem gedruckten Kundenmagazin verabschiedet. Meldungen wie diese vermitteln den Eindruck, die gedruckte Angebotskommunikation sei ein Auslaufmodell. Dabei ist das Gegenteil der Fall, wie verschiedene Untersuchungen immer wieder zeigen.
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Beyond-print.de

Für viele in der Druckindustrie ist sie keine Unbekannte: Fast 14 Jahre lang war Judith Grajewski für das Fachmagazin Deutscher Drucker tätig; hat als Redakteurin vor allem über den Wachstumsmarkt Digitaldruck berichtet, als Online-Verantwortliche das Portal print.de und die Social-Media-Kanäle mit aufgebaut und sich als „Transaction Editor“ mit Content-Management- und Marketingstrategien beschäftigt. Nach einem kurzen Intermezzo als Chefredakteurin des Werbetechnik- und LFP-Fachportals Sign&Print beim schwedischen AGI-Verlag, bleibt die studierte Dipl.-Ing. für Medientechnik (FH) ihrer Leidenschaft für Print treu und widmet sich nun der Beratung und Projektbegleitung von Druckunternehmen auf ihrem Weg in eine digitalisierte Zukunft. Darüber hinaus gibt sie als Redaktionsleiterin von Beyond Print regelmäßig Einblick in relevante Themen des E-Business Print. (Profil bei Xing, LinkedIn)

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