Der Wettbewerb schläft auch in der Urlaubszeit nicht – in den vermeintlich schwachen Sommermonaten wird weiterhin gedruckt, vorbereitet und weiterentwickelt. Ein Überblick vor dem Ferienende.
Legt man den astronomischen Jahreszeitenkalender zugrunde, ist schon mehr als die Hälfte des Sommers rum. Die Ferienzeit ist die Zeit der geringen Bestellzahlen und schwachen Umsätze, oder? Gibt es das sogenannte Sommerloch auch im Onlinedruck? Bestellrückgänge? Falls ja, wie wird damit umgegangen? Sommerflaute? – oder doch Vorbereitung des Weihnachtsgeschäfts? Fragen über Fragen, die ich mir jüngst auch gestellt habe – und deshalb habe ich mich mal bei großen und kleinen Onlinedruckern umgehört. Und, da das Jahr 2017 schon weiter fortgeschritten ist, lohnt auch ein Blick nach „hinten“ und nach „vorne“. Denn nicht für jeden Printer bedeutet die Sommerzeit die Gelegenheit, mal durchzuatmen und Energie für den noch anstehenden Teil der zweiten Jahreshälfte sammeln zu können. Für manche geht es mit gleicher oder noch höherer Geschwindigkeit weiter, für alle irgendwie. Und genau das „wie“ ist doch entscheidend. Um darauf Antworten zu bekommen, habe ich bei einigen Onlineprintern mal nachgefragt. Die Antworten möchte ich dem geneigten Leser natürlich nicht vorenthalten.

Gab es ein „Sommerloch“ in diesem Jahr?
„Nein (erwartet, doch nicht eingetroffen). Kein Umsatzeinbruch, kein spezielles Produkt im Negativtrend.“ Bei Primus-Print läuft in Sachen Sommergeschäft – trotz erwarteten Sommerlochs – quasi alles wie gehabt. Kein negativer Effekt auf die Bestellzahlen oder im Hinblick auf bestimmte Produkte – das scheint laut Hartmut Kappes, CFO Flyeralarm, auch beim großen Branchenvertreter so zu sein. „Das Sommerloch ist ein Phänomen, das wir so gar nicht kennen – und in diesem Jahr geht es vielmehr darum, Extraschichten zu fahren, denn unser Portfolio gerade für Wahlkämpfer ist riesig. Diese Bandbreite an (Produkt-) Kreativität stößt bei Parteien und Kandidaten auf große Gegenliebe.“ Drucksachen für Wahlen sind eben schon lange nicht mehr dem Drucker um die Ecke vorbehalten. Natürlich habe ich auch bei einem Nischen-Drucker nachgefragt. Sven Winterstein, Inhaber von Letterpresso, zeigt, dass das Letterpress-Geschäft und die Sommermonate ein wechselndes Verhältnis haben. „Abgesehen vom Weihnachtsgeschäft, wo es stets zuverlässig brummt, können wir in den anderen Quartalen überhaupt keine belastbare Prognose abgeben. Insofern fällt eine Planbarkeit sehr schwer. 2016 gab es eher ein „Septemberloch“, Juli und August waren erstaunlich stark, im Jahr davor war es wiederum anders.“ Interessant ist dann noch zu sehen, dass die Sommerzeit bei einem großen Onlinedrucker doch anders zu laufen scheint: „In den Sommermonaten geht es aufgrund der allgemeinen Urlaubszeit auch in unseren Hallen etwas ruhiger zu als im Rest des Jahres. Wir nutzen diese Zeit, um neue Maschinen zu installieren. […] Mit diesen zusätzlichen Kapazitäten fühlen wir uns gut auf die kommende Hochsaison vorbereitet“ (Dr. Michael Fries, Onlineprinters).
Die erweiterte Ferienzeit wirkt sich bei verschiedenen Druckern unterschiedlich aus, womit Verallgemeinerungen bezüglich der Wirkung auf den Onlinedruckt hier also entfallen. Und wenn es mal ein kleines Sommerloch gibt, dann wird selbiges sinnvoll mit Kapazitätserweiterungen gefüllt, um für das nahende Weihnachtsgeschäft gewappnet zu sein. Dazu aber später mehr.
Was ist im Moment der „heiße“ Produkttrend?
Onlinedruck-Kunden bestellen auch in der warmen Jahreszeit Hochwertiges. Laut eigenen Worten von Sven Winterstein werden „Hangtags und Visitenkarten auf kostbaren Papierqualitäten zurzeit sehr gut nachgefragt. Es wird inzwischen lieber auf 700 g/qm als auf 300 g/qm geordert.“

Und wer hohe Grammaturen bestellt, der verbindet damit auch kleine bis mittlere Auflagenhöhen. So lässt sich auch aus der Antwort vom Primus-Print-Team lesen, dass Massenproduktion – ähnlich dem Rest des Jahres – kein Trend mehr wird. Denn „Broschüren aller Art in Kleinauflagen (100-1000 Stück)“ sind bei Primus im Sommer die meistbestellten Drucksachen.
„Wettbewerb kennt keine Ruhezeiten. Auch die vermeintlich „schwachen“ Sommermonate gilt es also effektiv zu nutzen, um an der eigenen Entwicklung zu arbeiten.“ – Bernd Zipper
Auch in meinem Geschäft, der Beratung, gibt es seit 2-3 Jahren kein Sommerloch mehr. Das ist in Sachen Umsatz prima – in Bezug auf Erholung des Teams und meiner eigenen Person, verlangt dies einiges an Planung und Flexibilität.
Wie lauten denn die Erwartungen für das zweite Halbjahr 2017?
Zuversicht muss schon sein – auch wenn der Sommer die Zahlen an der ein oder anderen Stelle etwas drücken sollte. So reagiert eben jeder Onlinedrucker anders auf die Auswirkungen und stellt sich für die zweite Jahreshälfte auf. Und wer die folgenden Aussagen nachvollzieht, der sieht, dass die befragten Entscheider keinen Zweckoptimismus vorgaukeln müssen. „Ich plane das bereits erfreuliche Vorjahr um ein Drittel zu übertreffen“ (Sven Winterstein, Letterpresso). Das nahende, zum Teil schon laufende Weihnachtsgeschäft, ist wie jedes Jahr ab dem Spätsommer einsetzender Umsatzgarant im Onlinedruck. Das zeigt sich nicht zuletzt in der Antwort von Hartmut Kappes auf die o. g. Frage: „[…] In der Ideenschmiede liegen wir in den letzten Zügen, alleine fürs Weihnachtsgeschäft werden wir unseren Kunden wieder mehrere Dutzend neue Werbeartikel anbieten können. Verraten wird aber noch nichts – oder ist schon Weihnachten?“
Scheinbar teilen auch die großen Onlinedrucker den Optimismus in Bezug auf den Rest des Jahres 2017. Bei den Onlineprinters wird der Fokus ebenfalls jetzt schon auf die beiden kommenden Jahreszeiten gelegt. Michael Fries bezieht sich bei seiner Antwort auf den Kurs, den das Unternehmen bereits im ersten Quartal dieses Jahres eingeschlagen hat: „Wir haben erneut deutlich Produktionskapazitäten aufgebaut und blicken entsprechend zuversichtlich auf das zweite Halbjahr 2017. Wir gehen davon aus, dass wir weiter stark wachsen, auch dank unseres neuen Tochterunternehmens Solopress, mit dem wir unsere Präsenz auf dem Markt in Großbritannien verstärken konnten. Wir haben dieses Jahr zudem wieder viele neue Produkte ins Sortiment aufgenommen, für die Weihnachtszeit folgen z. B. Adventskalender mit Füllung von Ritter Sport, Milka und Lindt.“
Einen harten Schlag musste Primus-Print im Juli hinnehmen. Ende Juli verstarb Torsten Zech, einer der beiden Gründer des Unternehmens, überraschend. Für mich immer noch nicht vorstellbar, ihn nicht mehr an der „Tafelrunde“ der Initiative Online Print zu sehen. Sein Team folgt vor allem dem Credo: „Werk und Wirken von Torsten Zech fort- und umsetzen. Positive Sicht auf Kalenderproduktion, hier vor allem 4- und 5-Monats-Kalender sowie Bildkalender.“ Ich wünsche vor allem Max Zech und seiner Familie eine sichere Hand für die weiteren Aktivitäten.
My Take: Die Sommerzeit bringt im Onlinedruck einiges mit sich, verallgemeinerbare „Sommereffekte“ gibt es nicht. Von grundsätzlich schwachen Umsätzen kann nicht die Rede sein. Der eine oder andere nutzt die Zeit für die Entwicklung, zur Installation neuer Technik, oder um Liegengebliebenes abzuarbeiten – Zeit zum Verweilen bleibt jedenfalls nicht. Was nicht heißt, dass die Konzentration auf das Kerngeschäft aufgegeben wird – und die realistische Planung für den Rest des Jahres 2017 ebenso. Denn an den Spielregeln für erfolgreichen Onlineprint ändert auch die Sommerzeit nichts. Festzuhalten bleibt: Die Sommerstimmung in der deutschsprachigen Onlinedruck-Branche ist gut. Gute Aussichten also für den D/A/CH-Onlineprint für die zweite Spielhälfte in 2017.