Versand im Onlinedruck: Wie flexibel sind die deutschen Onlineprinter?

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Geschwindigkeit und Preis sind die Hauptaspekte im E-Commerce. Der Versand von Fertigwaren ist einfach einzuschätzen. Nur welche Versandoptionen hält das produzierende Onlinedruck-Gewerbe für seine Kunden bereit?

Wer Drucksachen über das Internet kauft, der will meistens vor allem einen günstigen Preis bei einem bestimmten Qualitätsniveau. Aber günstig ist nicht unbedingt immer gleich schnell. Und langsamer als die Bearbeitung vom Offliner um die Ecke sollen Produktion und Versand beim Onlinedrucker bitteschön auch nicht sein. Dass bei online georderten Drucksachen erst noch gedruckt werden muss, vergisst so mancher Kunde vielleicht – das Bestellverhalten mit dem entsprechenden Kunden-Anspruch an die Flexibilität von Onlinedruckern bleibt aber „dank“ Amazon und Co. Bleibt also auch die Frage, wie flexibel der Onlinedruck im Hinblick auf Produktion und Lieferung ist. Welche Optionen werden dem Kunden bei der Produktkonfiguration geboten? Ich habe mich dem Thema mal angenommen und mehr als 25 deutsche Onlineprint-Shops unter die Lupe genommen. Vor allem hat mich dabei interessiert, ob deutsche Onlinedrucker verschiedene Produktionsoptionen und Versandarten anbieten und wie sich die Printer in Sachen Versandkosten und Flexibilität bei den Versanddienstleistern geben. Denn letztendlich wirken sich alle vier Aspekte direkt auf den Preis sowie die Schnelligkeit – und damit auf die Angebotsattraktivität aus.

Um eine angemessene Vergleichbarkeit der Produktions- und Versandoptionen herzustellen, habe ich als Referenzprodukt eine Standard-Visitenkarte im Format 8,5 x 5,5 cm, einseitig vierfarbig auf 300 bis 350 g/m2 Bilderdruck oder anderem Bedruckstoff – vom jeweiligen Hausstandard abhängig – gewählt. Nicht in jedem Fall konnte ich dabei festlegen, ob die Visitenkarten im Offset- oder Digitaldruck produziert werden – was für den Vergleich auch keine weitere Rolle spielen sollte, da der Drucker die flotteste Produktion in der versprochenen Qualität mitsamt Zustellung selber zu steuern hat. Fristen zur Datenanlieferung (Upload), die bei der Wahl bestimmter Versandoptionen eingehalten werden müssen, sind normal – darauf werde ich nicht nochmal gesondert eingehen.

Angefangen bei der Produktkonfiguration – und die fertigen Druckdaten als PDF zur Hand – tauchen vermehrt zusätzlich zur Standardproduktion wählbare Produktionszeiten auf. Für mich ein wesentlicher Aspekt bei der Betrachtung der Lieferung, da Lieferzeit = Produktionszeit + Versandzeit ist, und weder Express-Druck noch Express-Versand mit der schnellstmöglichen Liefervariante übereinstimmen müssen. Produktionszeit gleich Lieferzeit – Fehlanzeige! Zudem ist die Express-Produktion in Relation zum Express-Versand für den Drucker in den meisten Fällen deutlich teurer, was durch die Auftragsplanung und Maschinenbelegung bedingt ist. Hier gilt es also zu differenzieren, was wirklich beim Bestellvorgang angeboten wird.

Quelle: zipcon

Die Anzahl der wählbaren Produktionsoptionen scheint bei den betrachteten Druckern im Gegensatz zu den wählbaren Versandarten (siehe nächste Abbildung) eine deutlich geringere Attraktivität zu haben. Weshalb – habe ich ja zuvor beschrieben. Immerhin muss sich das Angebot mehrerer Produktionszeiten auch in Umsatz überführen lassen, was die Preisgestaltung nicht nur für den Drucker schwerer macht, sondern auch schwerer nachvollziehbar für den Kunden werden lässt. Man sieht aber, dass „bereits“ mehr als die Hälfte der 26 Onlinedrucker mehrere wählbare Produktionszeiten anbietet. Etwas verwundert hat es mich dann schon, dass Branchengrößen wie Cewe, Flyeralarm sowie Vistaprint und u.a. auch WirliebenDruck keine weitere Produktionsoption neben „Standard“ anbieten. Die Angaben für die Zeiten bei Standard-Druck variieren zwischen 1 und 5 (!) Werktagen, was sich auf die Gesamtdauer schon auswirkt. In solchen Fällen muss sich der Kunde also ein genaues Bild von der gesamten Lieferzeit machen. Denn ungünstige Kombinationen aus Produktions- und Lieferzeit haben das Potenzial, den Gefallen an einem Shop zu verringern, und zwar drastisch. Die kleineren und mittleren Drucker sind in der Hinsicht – zumindest augenscheinlich – besser aufgestellt, was auch daran liegen kann, dass die Großen grundsätzlich eine höhere Auslastung mit entsprechend kürzeren Durchlaufzeiten haben. Zusätzliche Produktionsoptionen bringen dann nämlich keinen Vorteil für den Kunden – nur einen Nachteil für den Anbieter. Und, ob die Branchenteilnehmer mit 3 oder mehr Produktionsoptionen damit wirklich kosteneffizient arbeiten können, das sei mal dahingestellt. Bei etwa 15 % der hier und in der folgenden Abbildung dargestellten, wählbaren Optionen, sind in der Produktkonfiguration unmittelbar miteinander verbunden. Das heißt: Wer Expressdruck wählt, wählt automatisch Expressversand etc. Womit ich auch schon zum zweiten Punkt komme, der die Lieferzeit mitbestimmt.

Quelle: zipcon

Economy, Standard, Express, Overnight, Next Day – das sind die geläufigsten Bezeichnungen für die Versandoptionen im Onlinedruck, was nicht bedeutet, dass jeder Printshop auch jede Option anbietet. In jedem der betrachteten Fälle ist es aber so, dass die erste zusätzliche Option die Express- und die zweite der Overnight-Zustellung ist – jeweils abhängig von der der Datenanlieferung und der Produktionsdauer. Was ich hier nicht gesondert aufführe, sind Lieferungen via Spedition. Die gelten sowieso meistens nur bei sehr großen Auflagenhöhen bzw. Produktvolumen – und bei Visitenkarten sind sie daher oft keine sinnvolle Alternative zum Paketversand. Etwa jeder zehnte deutsche Onlinedrucker setzt aktuell auf „nur“ eine Versandart. Entweder findet man bei diesen zumeist Nischen-Printern keine Auswahlmöglichkeit für weitere Versandarten neben „Standard“ oder sie bieten mindestens eine weitere Produktionsgeschwindigkeit an. Keiner der betrachteten Onlinedrucker vertraut auf Standard-Produktion plus Standardversand. Eine gute Entscheidung, denn der Kunde will zumindest etwas wählen können. Und solange die Liefergeschwindigkeit, bestehend aus Produktion und Versand, die Kundenerwartungen erfüllt, brauchen die Printer ohne zusätzliche Versandoptionen hier auch nicht nachbessern. Etwas exotischer sind dann noch die Drucker, die mehr als 3 Versandoptionen neben dem Standard anbieten. Hier finden sich dann zum Teil die oben genannten Branchengrößen wieder.

Quelle: zipcon

Das heißeste Thema in Sachen Versand sind aber immer die Kosten, weshalb ich mir diesen Punkt natürlich auch angesehen habe. Das Ergebnis ist hier eindeutiger als bei allen anderen Aspekten: Der kostenlose Standardversand ist mittlerweile auch im Druckbereich einfach Branchenüblich. Zu stark ist die Gewohnheit, die sowohl B2B- als auch B2C-Kunden mittlerweile durch die großen E-Commerce-Plattformen haben, als dass hier viele Onlinedrucker Experimente versuchen. Immerhin: Ein paar Mutige, die einen festen bzw. pauschalen Aufschlag unabhängig von der Bestellmenge nehmen oder sich nicht erkennbar zu den Versandkosten während des Konfigurationsprozesses äußern, gibt es noch. Euch kann ich nur raten, die Sache nochmal zu überdenken ?.

„Erfolgreicher Onlinedruck wird – ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis vorausgesetzt – doch durch einfache Bestellmöglichkeiten und schnelle Lieferung definiert. Wer in der Hinsicht patzt, der braucht nicht mit Kundenbindung zu rechnen! Liefergüte ist hier das Stichwort, das der Kunde schätzt.“ – Bernd Zipper

Natürlich ist auch kostenfreier Standardversand nicht in jedem Fall, d.h. bei jeder Produktkonfiguration, ein „Schnapper“. Bei höheren Auflagen und höheren Auftragswerten ist eine der schnelleren Versandarten oftmals lukrativer für den Besteller, da die Versandkosten in Relation zum Auftragswert geringer werden. Einen Endkunden, der 100 Visitenkarten bestellt, schreckt aber beides ab: vermeintlich günstiger Standardversand oder ein fester Aufschlag für den Versand.

Zu guter Letzt führe ich noch einen Punkt an, den nicht nur Onlinedrucker manches Mal unterschätzen: die Anzahl der angebundenen Versanddienstleister bzw. Logistikpartner. Ohne hier einen Versender namentlich zu erwähnen – kennt jeder Leser Fälle von Verzögerungen, Beschädigungen und derlei Dinge, die auf dem Weg zum Kunden so geschehen. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn ein Drucker mit der Produktion einen guten Job macht und der Versender seines Vertrauens die Kundenbindung quasi auflöst. Dem Kunden schon bei der Bestellung die Wahlmöglichkeit des Versandunternehmens zu geben, kann da Abhilfe schaffen.

Quelle: zipcon

Was also die Anzahl an wählbaren Versendern angeht, finde ich, dass die betrachteten Onlinedrucker ganz passabel aufgestellt sind. Und ich bin mir sicher, dass die fast 50 %, die nur auf die Leistung eines Versanddienstleisters vertrauen, in Zukunft weitere Partner hinzunehmen werden. Denn die Zahl der verschickten Pakete nimmt jährlich deutlich zu, da nicht nur die Onlinedruck-Branche wächst, sondern der gesamte E-Commerce die Paketdienste immer stärker aus- und teilweise ­– wie in der Weihnachtszeit – überlastet. Verlässt sich das Unternehmen – und natürlich auch der Kunde –also nur auf eine Option, wird die Kalkulation der „versprochenen“ Lieferzeiten potenziell schwieriger.

My Take: Mir ging es bei diesem Thema hauptsächlich darum, mal einen Überblick über die Wahlmöglichkeiten in Bezug auf den Versand im Onlinedruck zu geben. Ohne jeden Wert in den Diagrammen und den jeweiligen Drucker explizit zu nennen, sollte sich jeder Onlinedrucker aus der D/A/CH-Region in dieser Übersicht selbst verorten können. Und ja, ich weiß, dass ich explizit von deutschen Onlinedruckern gesprochen habe – aber in Österreich und der Schweiz ticken die Kunden nicht anders als in Deutschland, der Anspruch an transparent dargestellte Produktions- und Lieferzeiten ist der Gleiche. Zusätzlich erschwert die Berücksichtigung weiterer Lieferwege ins Ausland die Gegenüberstellung. Und natürlich ist die Versanddauer ein wesentlicher Punkt bei der Lieferung, aber auch die Zuverlässigkeit der angegebenen Zeiten ist wesentlich. Wird vom Kunden eine Produktions- bzw. Versandoption gewählt, die sich preislich vom Standard abhebt, muss diese auch den erwarteten Nutzen – schnellerer Empfang der Drucksachen – erbringen. Nicht mal ein zu hoher Preis ist im Nachhinein so ärgerlich wie eine verspätete Sendung. Und wer als Onlinedrucker hier eine klare Kommunikation pflegt, der kann sich zufriedener Kunden sicher sein. Dazu braucht es nicht unbedingt massig Auswahlmöglichkeiten bei Produktionszeit und Versanddauer. Ob die angegebenen Lieferzeiten auch immer eingehalten werden, das werde ich in einem weiteren Artikel beleuchten.

Gründer und CEO von zipcon consulting GmbH, einem der führenden Beratungsunternehmen für die Druck- und Medienindustrie in Mitteleuropa. In den unterschiedlichsten Kundenprojekten begleiten der Technologie- und Strategieberater und sein Team aktiv die praktische Umsetzung. Er entwickelt Visionen, Konzepte und Strategien für die im Printerstellungsprozess beteiligten Akteure der unterschiedlichsten Branchen. Seine Fachgebiete sind u.a. Online-Print, Mass Customization, Strategie- und Technologie Assessment für Print, sowie die Entwicklung neuer Strategien im Print- und Mediaumfeld. Bernd Zipper ist Initiator und Vorsitzender der Initiative Online Print e.V. und neben seiner Beratertätigkeit Autor, Dozent sowie gefragter Referent, Redner und Moderator. Seine visionären Vorträge gelten weltweit als richtungsweisende Managementempfehlungen für die Druck- und Medienindustrie. (Profile auch bei Xing, LinkedIn).

DiscussionEin Kommentar

  1. Du siehst mich Lächeln 😉 Ich hatte einen Druckauftrag bei drei Onlinedruckereien mit dem 24-Stunden-Service platziert – was natürlich auch mehr kostet. Keine konnte pünktlich liefern – der „Spitzenreiter“ hat 3 Wochen benötigt. Meine Empfindung ist, dass die Onlinedruckereien nur nach außen „flexibel“ sind.

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