(17. November 2008 – ds) Vergangene Woche berichteten wir, dass das VistaPrint Patent EP 0 852 359 81 vom Bundespatentgericht für nichtig erklärt wurde. Nun haben wir ausführliche Details zu den Vorgängen erhalten.
So fand am Donnerstag die mündliche Verhandlung vor dem 2. Nichtigkeitssenat des Bundespatentgerichts statt. Vor diesem hatte die unitedprint.com SE, vertreten von den Patentanwälten Klaus Bungartz und Dr. Kehrwald, eine Nichtigkeitsklage für das sogenannte Petzold-Patent erhoben. Während der Verhandlung ging es auch um die Frage, ob ein Verfahren, dass über Software umgesetzt wurde, überhaupt patentfähig ist. Denn, wie bekannt ist, ist ein nicht-technisches Verfahren (zum Beispiel reine Software), generell nicht patentfähig – ganz egal ob es neu oder erfinderisch ist.
In diesem Falle jedoch war klar, dass das „Petzoldverfahren“ auch technische Bestandteile enthält, so wird zum Beispiel die Datenkommunikation eingesetzt. Es ist also klar, dass das Gesamtverfahren technischer Natur ist aber Softwaremerkmale enthält. Da es sich um einen komplexen Fall handelt, musste der Senat also nachprüfen, ob das beanspruchte Verfahren ausschließlich über die Verwendung von Software möglich ist. Es wurde jedoch klar, dass das Verfahren über die Verwendung von nichtschutzfähiger Software hinausgeht. Jedoch ist damit nicht gleich gesagt, dass die Erfindung patentfähig ist. Daher musste ebenso geprüft werden, ob die Erfindung dem aktuellen Stand der Technik etwas technisch Neues hinzufügt und sich diese Merkmale von dem Stand der Technik abheben oder eben nicht. Diese Prüfung hat sich laut Angaben von Bungartz „das Gericht keineswegs leicht gemacht.“
Der technische Beitrag war in diesem Falle die Übermittlung einer Parameterdatei, welche die Gestaltungsfreiheit am Clientrechner in einer Web-to-Print Umgebung einschränkt und somit einige Arbeitsergebnisse nicht mehr übertragen werden müssen. Der Senat hat diesen Beitrag mit dem Stand der Technik verglichen und dabei folgendes festgestellt: Es gab solche Techniken bereits vor den Anmeldung des Patentes, nämlich JAVA-Programme die im Internet fast überall Einsatz finden. Somit ist das patentgeschützte Verfahren nicht patentfähig, da es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit basiert.
Daher wurde das Patent erstinstanzlich vollständig widerrufen. Jedoch ist das Ergebnis noch nicht rechtskräftig. Eine ausführliche schriftliche Begründung des Senats steht noch aus und es wird nach aktuellen Einschätzungen ca. 3 Monate dauern, bis diese schriftliche Entscheidung eingeht. Danach besteht in der Frist von einem Monat die Möglichkeit Berufung am Bundesgerichtshof einzulegen, da dieser als Tatsacheninstanz fungiert und alle Teilentscheidungen überprüfen kann.
Somit kann erst im nächsten Jahr, spätestens zur Jahresmitte, genaueres über die Gründe für diese Entscheidung wie auch die Rechtskräftigkeit gesagt werden.
Im Klartext: Noch keine endgültige Endwarnung – es muss abgewartet werden ob Vista Print in die Revision geht. localhost/beyondprint-single wird regelmäßig über den Fortschritt des Verfahrens berichten.