Im November 2009 startete die niiu, eine individualisierte und personalisierte Tageszeitung, die den eigenen Lesern Inhalte mehrerer Zeitungen zur Auswahl stellt. Gedruckt wird im InkJet-Druck. Sechs Monate nach dem Start wollten die Geschäftsführer 5000 tägliche Leser erreichen und Zahlen nennen. Doch auch zwei Monate nach dem Stichtag hüllt man sich in Schweigen: Ist die niiu etwa ein Flop?

Zuerst ein paar Worte zur niiu, der individualisierten Tageszeitung, um die es geht: Die persönliche Tageszeitung wird bei RT Digitaldruck in Berlin auf einer Océ JetStream 2200 im InkJet von Rolle-zu-Rolle gedruckt – direkt auf zeitungsähnlichem Papier. Bis 6 Uhr am Morgen sollen die Zeitungen dann bei den Lesern im Briefkasten landen.
Zusammenstellen lässt sich die Zeitung jeden Tag bis ca. 14 Uhr selbst. Dabei wählt man in seinem persönlichen Online-Portal nach dem Einloggen Tageszeitungs- und Onlineinhalte aus, priorisiert diese und legt das Layout für seine Zeitung fest. Der Preis beläuft sich auf ca. 1,20 Euro je Ausgabe oder bis zu 1,80 Euro bei Einzelbezug. Es gibt kein Abo sondern ein Punktesystem, welches ungewöhnlich ist. Doch gerade Studenten, die Zielgruppe der Zeitung, haben damit die nötige Flexibilität, da man so nicht jeden Tag eine Zeitung beziehen muss und vom Punktekonto nur Punkte abgebucht werden, wenn die eigene Zeitung gedruckt wird.
Die Inhalte der niiu kommen dabei von mehreren Partner-Zeitungen. Diese stellen die Inhalte Nachts bereit, automatisch generiert das niiu-System im Hintergrund die Tageszeitungen und der Druck der Daten beginnt. Anschließend werden die Zeitungen über OHL (Ohl-Logistik) ausgeliefert. Eine Bestellung der niiu ist derzeit nur im Raum Berlin möglich.
Der Startschuss der niiu sollte nach anfänglicher Planung im April 2009 fallen, wurde aber immer weiter verschoben, sodass der Start erst am 16. November 2009 erfolgen konnte. Seitdem wurde das Projekt immer wieder in den Medien beworben und angesprochen, es gab viele Interviews der Gründer und Geschäftsführung. Zuletzt sprach niiu-Gründer Wanja Sören Oberhof in einem am 22. Juni 2010 veröffentlichten Interview über den Stand bei niiu.

Was sich in den Recherchen immer wieder herausgestellt hat, ist die Zahl 5000. 5000 Leser haben sich die niiu-Macher als Ziel nach den ersten sechs Monaten gesetzt. Dabei wollte man nicht die Leser bis dahin zusammenzählen, sondern nach diesem Zeitraum im Schnitt täglich 5000 Leser haben. Dies wurde auch im Mai wieder bekräftigt.
Der Mai verging jedoch ohne weitere Stellungnahme zu dieser Zahl. Auch heute, zwei Monate nach diesem Stichtag gibt es keine offiziellen Zahlen. Natürlich hat Beyond-Print versucht, an die Zahlen zu gelangen, woraufhin am 17. Mai niiu-Gründer Wanja S. Oberhof im Interview mit Chefredakteur Daniel Schürmann schriftlich erklärte: „Wir werden Anfang Juni eine offizielle Bekanntgabe der exakten Zahlen vornehmen, deswegen bitte ich um Verständnis, dass Ihnen im Vorfeld noch keine detaillierten Zahlen bereitgestellte werden können.“
Doch auch der Termin Anfang Juni verstrich ohne eine Bekanntgabe der Zahlen. Weder im Blog, noch auf der Webseite der niiu selber, auf Twitter oder Facebook werden konkrete Zahlen angesprochen. Stattdessen tut sich seit über einem im Twitter-Kanal nichts mehr und in der Facebook-Gruppe liest man immer wieder von Problemen bei der Logistik (nicht zugestellte Zeitungen trotz Bestellung), fehlerhafte Software (Inhalte werden nicht korrekt in die Zeitung übertragen) oder schlichtweg sogar Ausfälle der Druckmaschine.
Zu den Leserzahlen jedoch gibt es keine Angaben außer, dass täglich „mehrere tausend“ Exemplare gedruckt werden, so Wanja S. Oberhof in Interviews. Bei Twitter zählt die auf Studenten ausgerichtete Zeitung 206 Follower, bei Facebook hat man 1651 Fans. Wenn jeder davon die niiu bestellt, kommt man nicht mal auf 2000 bezahlte Ausgaben am Tag.

Auf der Océ JetStream 2200, die zum Druck der niiu verwendet wird, können rund 8000 Zeitungen in der Nacht drucken. Auslastungswerte wurden uns jedoch nicht mitgeteilt. Ein Problem für die niiu könnte hingegen werden, dass nach Branchengerüchten RT Digitaldruck vor dem Ende steht. Würde der Druckpartner der niiu Pleite gehen, müsste man sich einen neuen Partner suchen, um die Zeitungen zu drucken.
Als wir weiter nachhakten, rief Geschäftsführer Wanja S. Oberhof an, und teilte den Grund für die Verzögerung für die Nennung der Leserzahlen und Auflage mit: Man habe eine Vereinbarung mit einem Magazin getroffen, welches in der 30. Kalenderwoche exklusiv die Zahlen in einem ausführlichen Artikel bekannt geben wird. Auf Nachfrage, ob man mittlerweile mehr als 5000 tägliche Leser zu verzeichnen habe, antwortete der Geschäftsführer mit einem „Nein“ und ergänzte „Es sind aber nicht viel weniger“. Man hat das Ziel also wohl knapp verfehlt. Wir bleiben natürlich am Ball. Mehr zur niiu gibt es auf der Webseite: www.niiu.de. (Daniel Schürmann)
DiscussionEin Kommentar
Sag i doch:
Niiu ist eine Übergangsidee, die mit hohem Aufwand ein kleines Problem für wenige Leser löst.
Und das auch nur in der Zeit des Übergangs auf digitales Publishing, das mit dem iPad (und Konsorten) einen Boom erleben wird, den viele immer noch nicht antizipieren. Daher ist das Zeitfenster für eine solche Idee wie Niuu verdammt klein. Wie ich schon lange vermute, zu klein, um ein tragfähiges Geschäftsmodell auf die Beine stellen zu können …
Es prallen also ein vermutlich sehr kleiner Markt auf ein Zeitfenster, das noch kleiner ist, als ich vor 9 Monaten geschätzt hätte. Und jetzt kommen noch technische Probleme hinzu? Sieht nicht gut aus (ist aber auch nicht schade …)
Das habe ich übrigens auch schon vor 9 Monaten gesagt …
http://www.basicthinking.de/blog/2009/10/16/niiu-naht-die-rettung-der-printmedien/#comment-881421